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carls zukunft der woche (Michael Carl)

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01 Jun 2023#157 Barbara Blaha – Die Folge für die Reichen und Schönen00:40:07

Sprechen wir doch endlich einmal über Geld. Genauer: Über das Geld, das die einen im Überfluss haben und die anderen eben nicht. Es gibt in Mitteleuropa einen einfachen Weg, sehr reich zu werden, und das ist: Erben. Und diejenigen, die so den Reichtum kaum oder unversteuert in der Familie halten, haben zugleich die Regel erfunden, dass man über Geld nicht sprechen soll. Sehr praktisch. Wir wissen nicht einmal, wer im Land wie reich ist. Nur bei den Armen, da suchen wir genau und werden schon bei einer zweiten Zahnbürste im Bad misstrauisch. Barbara Blaha, Kopf des Wiener Think Tanks Momentum, beschäftigt sich seit Jahren mit der Schere zwischen Arm und Reich. Sie sagt: Die ungleiche Verteilung von Wohlstand in der Gesellschaft ist inzwischen ein Problem für die Demokratie.

Die veröffentlichte Meinung ist stark geprägt von wenigen sehr reichen Familien, die im Besitz der traditionellen Medienhäuser und Zeitungsverlage sind. Eine Untersuchung des Momentum Instituts hat gezeigt: Während sich die Bevölkerung Österreichs über Jahre deutlich für eine Vermögenssteuer ausgesprochen hat, argumentiert im selben Zeitraum die große Mehrheit der Meinungsstücke in Zeitungen dagegen. Zufall?

Zugleich sind wir nicht besonders gut darin, uns wirklich große Vermögen vorzustellen. Ein kleines Gedankenexperiment: Wer täglich (!) eine Million geschenkt bekommt und behalten kann, der hat erst nach knapp 30 Jahren (!) ein Vermögen von zehn Milliarden aufgebaut. Mit eigener Arbeit geht das nicht. Entsprechend sind wir auch nicht gut darin, die eigenen finanziellen Verhältnisse einzuschätzen. Arme schätzen sich reicher als sie sind; Reiche genau umgekehrt. Ein idealer Nährboden, um breite Angst vor Vermögens- und Erbschaftssteuer zu schaffen. Barbara sagt: Wir brauchen das dringend. Und niemand muss um Omas kleines Häuschen oder seine erste Million fürchten.

Was Barbara schlaflose Nächte bereitet, ist der kaum verhohlene Versuch, konservativer Politiker, die westlichen Demokratien zu illiberalen Demokratien umzubauen. In Österreich ist Sebastian Kurz nur durch Zufall daran gescheitert. in Deutschland sieht sie vergleichbare Bestrebungen. Und es sind gerade die Parteien in der Mitte des Spektrums, die ihr hier Angst machen. Dass die Rechten kein Interesse an demokratischer Tradition haben, kann nicht überraschen. Aber wenn der Diskurs aus der Mitte der Gesellschaft heraus, nach rechts verschoben wird, dann muss uns das Sorgen bereiten, sagt Barbara. Dann verteidigt eine privilegierte Gruppe ihre komfortable Situation auf Kosten der Demokratie.

Dennoch schaut Barbara positiv nach vorn. Wie auch anders? Wir sind zum Optimismus verdammt. Also lassen wir die Hemdsärmel oben und machen uns an die Arbeit.

Zu Gast: Barbara Blaha, Leiterin des Momentum Institut und des Momentum Kongress, Universitätsrätin der Universität Wien und Mitgründerin des Wiener Balls der Wissenschaften

25 Jan 2024#191 Michael Carl: Solo gegen Rechts!00:18:00

All ihr Rechtsextremen mit AfD- oder sonstigem Parteibuch: Verschwindet einfach.

Wir wollen mit euch nichts zu tun haben. Aber auch rein gar nichts. Ihr verstopft unsere Aufmerksamkeit mit eurem menschenverachtenden und widersinnigen Gerede. Wir werden es hier nicht wiedergeben, schon das wäre verschwendete Zeit und würde unterschwellig doch die Botschaft verbreiten, an eurem braunen Geschwafel wäre irgendetwas diskutabel. Das ist es nicht. Ihr stellt euch außerhalb von Grundgesetz und Zivilisation. Fein, eure Entscheidung. Bleibt halt dort und verrottet mit euresgleichen. Staatsanwälte haben gute Gründe, mit euch zu sprechen. Wir nicht.

Dies ist ein freies Land mit einem stabilen demokratischen Fundament. Und wir haben genug zu tun. Wir haben die Klimakatastrophe einzudämmen und uns zugleich vor deren Folgen schützen. Wir haben Wirtschaft und Gesellschaft angesichts von Technologie, Demographie und einer grundlegend veränderten Arbeitswelt zu transformieren. Wir haben Diktatoren in ihre Schranken zu weisen. Es geht uns um eine Zukunft mit Entwicklung, Wohlstand und Frieden. Für den hundertsten Aufguss eurer völkischen und nationalistischen Wahnvorstellungen haben wir nicht auch noch Zeit. Wobei ihr gewiss sein könnt, dass wir uns stets die nötige Zeit nehmen werden, unsere Freiheit gegen euch zu verteidigen. Das nennt sich wehrhafte Demokratie.

Wir wollen euch nicht unter unseren Kunden. Wir wollen euch nichts als Partner. Wir wollen euch nicht in unserem Leben. Verschwindet einfach.

Erwähnungen:

#162 Sebastian Klein – Die wachsende Ungleichheit ist kollektiver Selbstmord

#133 Wolfgang Cramer – Nur globale Gerechtigkeit sichert unser Überleben

#168 Marcel Fratzscher - Wohlstand statt Wachstum

#138 Chris Pyak – Deutschland fehlt der Immigrant Spirit

Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) und Professor für Theoretische Physik an der Universität Potsdam

Verfassungsblog: AfD-Verbotsverfahren als demokratische Pflicht, Prof. Dr. Andreas Fischer-Lescano

24 Jul 2021#15 Zukunft der Gastronomie00:31:04

Diese Woche in der Zukunft:

Passend zum Start in das neue Jahr starten wir auch die Zukunftsstaffel neu. Axel Kahl, Liquiditätsbringer für Start-ups und leidenschaftlicher Trekkie, fragt mit Blick auf die Zukunft, wann er endlich einen Wochenendausflug zum Mond unternehmen kann. Da Axel Kahl diese Frage maximal ernst meint, sind wir selbst gespannt auf die Antwort dazu. Wie ist eigentlich die Inzidenz im All?

Ein vielfach unterschätztes, allerdings hoch spannendes Themenfeld: Die Zukunft von Ernährung. Heute präziser: Die Zukunft von Gastronomie. Dazu spricht Michael Carl diese Woche mit Jan-Patrick Timmer, Initiator von Green-Chefs und Veranstalter des Unternehmer-Kongresses „Zukunft Gastronomie“. Wie nachhaltig wird die Corona-Pandemie Restaurants, Kantinen und Bars verändern? Was bedeutet es für unsere Ernährung, wenn dezentrales Arbeiten im Homeoffice immer stärker genutzt wird? Warum ist das eine Chance für die Gastronomie – und werden wir in Zukunft besser essen? Jan-Patrick Timmer sagt: Ja!

Zukunft von Führung 2021 and beyond: Dass dezentrales Arbeiten neue Führungsstrategien erfordert, haben wir 2020 zu Genüge diskutiert. Geschenkt. Aber was lernen wir nun ganz konkret daraus? Wir im carl institute for human future haben die Erfahrungen von vielen Unternehmen unterschiedlicher Branchen aus unserem Netzwerk ausgewertet. Aus diesen Gesprächen heraus haben wir sechs Kernmerkmale für Führung 2021 identifiziert und als praktische Infografik aufbereitet. Die Grafik können Sie sich selbstverständlich herunterladen und frei verwenden. Wir sind sehr auf Ihr Feedback über Twitter und LinkedIn gespannt!

Die Grafik finden sie hier.

Die Gäste dieser Woche:

Jan-Patrick Timmer, Gastronom, Initiator von Green-Chefs, Inhaber der Kommunikationsagentur High Foods und Veranstalter des Unternehmer-Kongress Zukunft Gastronomie.

Axel Kahl, Vertriebsdirektor der CB Bank, Liquiditätsbringer mit Vitamin N, Start-up-Mentor im Ehrenamt.

21 Jul 2021#6 Autonomes Fahren aus Deutschland?00:36:32

Diese Woche in der Zukunft:

Mercedes-Benz zieht sich aus der Entwicklung von autonom fahrenden Fahrzeugen zurück und gibt damit das Rennen um die Zukunft der Branche auf. Über die Bedeutung dieser Entscheidung für die Zukunft der deutschen Automobilindustrie und über die aktuellen Entwicklungen des autonomen Fahrens im Silicon Valley spricht Michael Carl mit Mobilitätsexperte Mario Herger.

Diese Woche in der Zukunftsstaffel: Angela Krug gibt als Expertin für nachhaltige Entwicklung die Antwort auf die Frage von Zukunftsforscher Kai Gondlach nach dem Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Sie wiederum fragt die Zukunft nach der Gleichberechtigung aller Geschlechter – die Antwort darauf hören Sie nächste Woche.

Das aktuelle Streitgespräch im Handelsblatt zwischen den Chefs von DocMorris und Novarti über die Zukunft von Apotheken illustriert anschaulich die Unterschiede zwischen Menschen, die Zukunft geschehen lassen, und Menschen, die Zukunft gestalten. Eine anekdotische Analyse.

Die Gäste dieser Woche:

Mario Herger, Silicon Valley Experte, Technologie-Trendforscher, Ehemaliger Entwicklungsleiter und Innovationsstratege bei SAP, Autor und Redner

Angela Krug, Bereichsleiterin bei Engagement Global gGmbH

Kai Gondlach, Zukunftsforscher, Strategieberater, Mitgründer des Alumnivereins der deutschsprachigen Zukunftsforschung, Dozent an der aim – Akademie für Innovative Bildung und Management und Mitglied der World Futures Studies Federation

16 Jan 2025#242 Philipp Höllermann - Warum unsere Bildung im Mittelalter stecken geblieben ist00:49:28

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Auf der einen Seite die Anforderungen an Bildung und Lernen, auf der anderen Seite unsere Gewohnheiten und Strukturen. Michael diskutiert mit dem Bildungsenthusiasten Philipp Höllermann darüber, wie wir Menschen dazu bringen können, lebenslang und mit Begeisterung zu lernen.

Philipp beschreibt, wie aus der Zeit gefallen die heutigen Bildungsstrukturen sind. Im Mittelalter waren Bücher das knappe Gut der Bildung. Also zogen die Lehrenden von einer Stadt zur nächsten und lasen aus ihren Büchern vor. Bücher sind inzwischen nicht mehr das Problem, Vorlesungen sind geblieben. Später brauchte es brave Bürger und fähige Soldaten, die an der Front verheizt werden konnten. Disziplin, Wohlverhalten, abrufbares Wissen waren gefragt - und genau dafür wurden Schulen entwickelt. Form und Struktur sind geblieben.

Der Alltag: 28 Kinder sitzen in einem engen Raum. Philipp sagt: Das Einzige, was man damit erreicht, ist eine hervorragende Petrischale, aber nicht für Bildung, sondern für Ablenkung, Lärm und im Zweifelsfall irgendwelche Viren und Läuse. Kompetenzen müssen in den Vordergrund rücken, nicht das Wissen, so Philipp. Das Wissen ist im Zweifel flüchtig, überflüssig oder nicht mehr up to date. Wer aber Kompetenzen fordert, wird mit den üblichen Lehrplänen oder gar Bewertungsmaßstäben nicht weit kommen.

Also: Individuelle Lernpläne, Abgleich mit dem eigenen Fortschritt und Tempo, Lernen an eigenen themenübergreifenden Projekten. Letztlich müssen wir eins lernen: Wie entwickele ich das Curriculum meines eigenen Lebens und setze es um?

Zu Gast: Philipp Höllermann, Bildungsenthusiast und CTO der Deutschen Weiterbildungsgesellschaft.

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28 Nov 2024#235 Lia Carlucci - Essen wir unser Leben länger00:42:27

Alle reden über das Essen. Die Wissenschaft hat nachgezählt: Wir treffen 200 ernährungsbezogene Entscheidungen am Tag. Aber sprechen wir über das Richtige? Allzuoft reden wir über Diäten und die aktuellen Angebote im Discounter nebenan oder streiten uns darüber, wer heute Abend etwas liefert. Stattdessen könnten wir auch über Gesundheit im Großen wie im Kleinen, über Kriege um Wasser und die Biodiversitätskrise reden. Auch das: Ernährungsthemen. Sagt Lia Carlucci, Geschäftsführerin des Food Campus Berlin. 

Eines wird im Gespräch mit Lia schnell klar: Wir müssen unsere Ernährung „neu kalibrieren“, wie Lia es nennt. Aber mehr noch: Wir müssen die ganze Kette anfassen, von der Landwirtschaft bis hin zur heimischen Küche. Ein paar Eckdaten: 

  • Unsere Böden geben bald auf. Lia zitiert eine Studie, die sagt: Wir haben noch 60 Ernten. Dann ist Schluss. 
  • Wir müssen unsere Fleischkonsum reduzieren, von derzeit einem Kilo pro Woche auf 300 Gramm hinunter. 
  • Ernährung ist auch viel zu teuer: Für jeden €, den unser Ernährungssystem erwirtschaftet, fallen 1,50 € externalisierte Kosten an, vor allem in den Bereichen Gesundheit und Ökologie. Wir können uns diese Ernährung auf Dauer gar nicht leisten. 

Deshalb brauchen wir eine Ernährungswende, nicht nur Energiewende und Verkehrswende, auch Ernährung. Dafür brauchen wir auf Seiten der Erzeugung Kollaboration zwischen den Akteuren und Skalierung guter neuer Modelle. Von der Politik fordert Lia, die Rahmenbedingungen zu justieren: Solange auf das Pflanzenschnitzel eine höhere Mehrwertsteuer erhoben wird, als auf das traditionelle Steak, hemmen wir die Entwicklung.  Und wir, die wir einfach essen wollen? Wir brauchen positive Zukunftsbilder einer anderen Ernährung. Wer den Teller von der Haxe her denkt und alles andere nur für Sättigungsbeilage hält, trägt vielleicht noch ein paar Bilder von früher im Kopf. Neu kalibrieren. 

Unser Stoffwechsel ist so individuell wie unser Fingerabdruck. Das macht auch das Thema Personalisierte Ernährung zu einem Zukunftsthema. Lia schätzt, dass 2040 3D-Drucker in der heimischen Küche stehen werden, zumindest bei denjenigen, die es wollen. Mein Schnitzel wird zur aktiven Gesundheitsvorsorge. Vielleicht ist das auch der Motivation für Ernährungswende? Eine veränderte Ernährung ist nicht nur gut fürs Klima; wir können bis zu zehn gute Lebensjahre zusätzlich gewinnen. Interessiert? 

Zu Gast: Lia Carlucci, Geschäftsführerin des Food Campus Berlin. Alles über den Food Campus: https://www.foodcampus.berlin

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25 Nov 2021#62 Über die Transformation einer ehrwürdigen Sparkasse00:38:06

Diese Woche in der Zukunft: 

Eine Erkenntnis steht am Anfang: Wenn wir so weiterarbeiten wie noch vor drei Jahren, wird es in fünf bis zehn Jahren keine Existenzberechtigung mehr für uns geben. Also müssen wir entscheidendes anders machen. Andere Arbeit, andere Geschäftsmodelle, andere Organisation. So die Sparkasse Bremen. Vorstand Pranjal Kothari ist hier im Gespräch mit Michael Carl. 

Wollen wir die Zukunft der Sparkasse sichern, müssen wir genauso schnell sein wie Startups, nur so werden wir das Vertrauen der Kunden erhalten und ausbauen können. Nur so auch eine Nische neben den großen Tech-Unternehmen finden und halten können. Survival is an option, nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. 

Der einfache Teil der Transformation war der Neubau. Das klassische Bankgebäude mit Marmorhalle hat die Sparkasse verkauft und durch einen Neubau in der Nähe der Uni ersetzt. Im Großraum hat niemand einen festen Platz, auch der Vorstand nicht. Auch ist der Platz künstlich verknappt, maximal die Hälfte der Belegschaft kann im Teambereich arbeiten – das System ist auf mobile Arbeit angelegt. 

Tiefer geht die Veränderung von Organisation und Kultur: Hierarchiestufen gibt es keine mehr, außer dem Vorstand, den es aus rechtlichen Gründen geben muss. Jede:r in der Bank kann entscheiden. Und soll entscheiden. Grundlage sind im Kern drei Regeln: Keine Entscheidungen zum Nachteil von Sparkasse und Kunden. Keine Entscheidungen zu Lasten Dritter. Offene Fehlerkultur. 

Pranjal schildert im Podcast auch die Details der Transformation: Wie funktioniert dann noch Karriere? Wie hat die Sparkasse das Organisationsmodell von Spotify für sich adaptiert? Wer im Team verdient wieviel Geld? Welche Rolle spielen die regionale Verankerung und das Immobiliengeschäft? Und warum sind Kundenvertrauen und Kundennutzen die beiden zentrale Assets? 

Eine Reise, von der keiner der Beteiligten jetzt schon weiß, wohin genau sie führt und wann sie beendet sein wird. Mutmaßlich nie. 

Der Gast in dieser Woche:

Pranjal Kothari, Vorstand Sparkasse Bremen

22 Jul 2021#9 Zukunft der Marke: Brand activism00:41:39

Diese Woche in der Zukunft:

Er ist eine der interessantesten Figuren der deutschen Kommunikationsszene: Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, bei BCW derzeit als Head of Creativity Europe and Africa unterwegs, entzaubert im Gespräch mit Michael Carl den Mythos Purpose und stellt dafür die Bedeutung von Brand Activism für Unternehmen in den Vordergrund. Warum es nicht mehr reicht, einfach nur zu betonen, wofür man steht – wobei das ja schon erstaunlich vielen doch nicht ganz leichtfällt. Ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, mit seinen alltäglich Kaufentscheidungen Einfluss auf die Entwicklung der Welt zu nehmen.

Dazu ein Griff ins Archiv, da wir dieser Tage ohnehin, wenn nicht über Covid 19, dann über US-amerikanische Präsidenten sprechen. Der Mitschnitt der originalen Rede von JFK vom 12. September 1961 ist bis heute die Blaupause für Innovation und Motivation. Sein „why the moon? … not because it’s easy, but because it’s hard” ist bis heute die Vorlage für nahezu jede:n, der oder die die eigene Organisation positiv herausfordern und zu echter Innovation anregen will. Note to myself: Mindestens einmal im Jahr das ganze Audio der Rede anhören. Gänsehaut.

Zu Gast in dieser Woche:

Wolfgang Lünenbürger-Reidenbach, Head of Creativity Europe & Africa bei BCW (Burson Cohn & Wolfe GmbH)

19 Sep 2024#225 Stephan Anpalagan - Wir geben nichts verloren. Auch nicht an rechts.00:48:00

Die AfD ist destruktiv und sie bietet keine Lösungen. Sie saugt unsere Aufmerksamkeit auf, verlockt andere Parteien dazu, sich fast nur noch mit den Lieblingsthemen der AfD zu befassen - und wirklich wichtiges bleibt derweil ungelöst. Es sieht nicht gut aus, aber kein Grund, ganze Landstriche verloren zu geben. Das sagt der Autor und Journalist Stephan Anpalagan im Podcast bei Michael. Indem die AfD die Unzufriedenheit verstärkt, zieht sie weiterhin Wähler an, was zu einem Teufelskreis führt, in dem es immer schlimmer wird.

Stephan sagt: Migration ist eben nicht das zentrale gesellschaftliche Problem unserer Zeit, obwohl es oft so dargestellt wird. Er kritisiert scharf die Darstellung von Migration als „Mutter aller Probleme“, wie sie von einigen politischen Akteuren propagiert wird. Für ihn ist diese Fokussierung auf Migration als das zentrale Problem ein populistischer und falscher Diskurs, der von den eigentlichen gesellschaftlichen Herausforderungen ablenkt.

Stephan argumentiert, dass es weitaus dringendere Probleme gibt, wie etwa den Klimawandel, die wirtschaftliche Ungleichheit, den Zustand der Infrastruktur oder die Qualität der Bildung und des Gesundheitssystems. Diese Themen erfordern komplexe und nachhaltige Lösungen, die jedoch oft durch den einfachen, aber irreführenden politischen Diskurs über Migration in den Hintergrund gedrängt werden. Er sieht die Fixierung auf Migration als eine bequeme Ausrede für Politiker, die keine echten Lösungen für die tieferliegenden gesellschaftlichen Probleme anbieten wollen.

Stephan kritisiert im Gespräch die politische Debatte rund um Abschiebungen. Die Forderung nach Abschiebungen ist zwar populär, Politiker müssen sich aber nie an den tatsächlichen Ergebnissen messen lassen. Dies liegt daran, dass viele der großen Fragen im Bereich Migration und Asyl auf europäischer Ebene verhandelt werden müssen. Politiker können daher Abschiebungen als einfache Lösung für komplexe Probleme präsentieren, ohne dass sie tatsächlich etwas Konkretes liefern müssen.

Stephan hebt hervor, dass Abschiebungen oft diejenigen Menschen treffen, die gut integriert sind, während es schwierig ist, kriminelle oder gefährliche Personen abzuschieben. Die Forderung nach massenhaften Abschiebungen wirkt daher oft populistisch und kurzfristig gedacht. Sie führt nicht zu echten Lösungen, sondern zielt lediglich darauf ab, politischen Gewinn durch Härte zu erzielen, ohne dabei die langfristigen Folgen oder realistische Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Stephan folgert aus seiner Analyse, dass es immer Hoffnung auf eine Zeit nach „rechts“ gibt. Er ist der Ansicht, dass demokratische Gesellschaften, auch wenn sie von extremen rechten Kräften bedroht werden, durch die Stärke ihrer Institutionen und das Engagement ihrer Bürger letztlich in der Lage sind, diese Tendenzen zu überwinden. Er verweist auf Beispiele wie die USA nach Donald Trump oder Polen unter der Führung von Donald Tusk, wo es gelungen ist, nach einer Phase des Erstarkens rechter Kräfte eine Rückkehr zu demokratischen und rechtsstaatlichen Werten zu erreichen.

Stephan betont, dass es zwar Phasen geben kann, in denen rechte oder radikale Parteien an Einfluss gewinnen, doch diese Kräfte in stabilen Demokratien nicht zwangsläufig die Oberhand behalten. Es gibt immer Raum für positive Entwicklungen, wenn Menschen und Institutionen sich aktiv für demokratische Werte einsetzen. Diese Perspektive zeigt, dass er trotz der gegenwärtigen Herausforderungen optimistisch ist, dass es eine Zeit nach der aktuellen rechtsextremen Bewegung geben kann. Insofern: Wir müssen nichts verloren geben.

Zu Gast: Stephan Anpalagan, Manager, Berater, Theologe, Journalist und Autor. Sein aktuelles Buch heißt

17 Nov 2022#129 Sebastian Seiffert, Maren Urner, Daniel Baldy - Es ist ein Klimanotstand, Baby!00:49:25

Diese Woche in der Zukunft: 

Was muss eigentlich geschehen, damit endlich etwas geschieht? Eine Folge über die Suche nach Kompromissen und die Härte von Naturgesetzen. Zwei Wissenschaftler:innen und ein Politiker im Gespräch über den Klimanotstand und unsere Schwierigkeit, eine angemessene Antwort zu finden. Maren Urner ist Professorin für Medienpsychologie und Neurowissenschaftlerin, Sebastian Seiffert ist Professor für physikalische Chemie und bei Scientists for Future engagiert, Daniel Baldy sitzt für die SPD im Deutschen Bundestag. 

Erste Frage: Wissen wir eigentlich genug über das Klimaproblem? Jedenfalls wohl nicht das Richtige. Was klingt wie die Einleitung zu einer Querdenkerbroschüre, fußt auf der Neurowissenschaft. Wir Menschen müssen Wissen be-greifen. Wir müssen etwas Fühlen, damit es bei uns ankommt. Die nächste Publikation der Klimaforschung ist es eben noch nicht. Wir brauchen Nähe: Räumliche Nähe, zeitliche Nähe, soziale Nähe. Unser Hirn ist nicht gut darin, langfristige Entwicklungen zu erkennen, wohl aber sehr gut bei kurzfristigen. Das Problem der Klimakrise: Wenn wir wirklich spüren, wie sie wirkt, ist es wohl zu spät, um noch gegensteuern zu können. 

Überhaupt: Klimakrise. Klimawandel. Die Begriffe an sich leiten noch nicht zum Handeln an. Maren schlägt vor, konsequent von der Klimanotlage zu sprechen. Sebastian unterstützt das aus naturwissenschaftlicher Sicht: Wenn wir auch nur eine Chance haben wollen, die Welt im Rahmen der Pariser Verträge zu halten, dann müssen wir in einen Notfallmodus wechseln. Er sieht die Wissenschaft in der Pflicht, stimmgewichtiger zu werden, der Politik deutlicher zu vermitteln, worin der Unterschied zwischen menschlichen Gesetzen (Darfst du nicht!) und Naturgesetzen (Kannst Du nicht!) zu vermitteln. Eine objektive Schwierigkeit für die Politik, deren Wesen es ist, Kompromisse auszuhandeln und Mehrheiten zu finden. Die Wirkmechanismen der Natur verhandeln eben nicht. 

Wir leben gesellschaftlich in einer Art Realitätsverweigerung und Normalitätssimulation. Die gute Nachricht ist: Wenn wir beginnen, Strukturen zu ändern, klimagerechtes Verhalten auch so zu belohnen, dass Menschen sich aus rein praktischen Gründen für angemessenes Verhalten entscheiden, und langfristiges Denken zu etablieren, dann geht es uns objektiv besser. Unser Hirn liebt das. Entscheidung auf das Wohlergehen von nach-nachfolgenden Generationen auszurichten, macht unser Denken glücklich. Neben allem anderen. 

Zu Gast in dieser Woche:

Sebastian Seiffert, Chemiker, Physikalische Chemie der Polymere, Professor der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Maren Urner, Neurowissenschaftlerin, Professorin für Medienpsychologie, Autorin & Mitgründerin von Perspective Daily

Daniel Baldy, Bundestagsabgeordneter für Mainz und Mainz-Bingen

02 Sep 2021#49 Heute schon gekündigt?00:32:46

Diese Woche in der Zukunft: 

“Thank God, it’s Monday“ statt TGIF. Wer einen Beruf hat, der einem mehr Energie gibt als er nimmt, wird das Wochenende genießen – und sich dennoch auf Montagmorgen freuen. Jannike Stöhr sagt: Niemand sollte einen Job haben, der diesem Maßstab nicht genügt. Und fügt hinzu: Wahrscheinlich können nahezu alle, die heute in ihrem Job nicht intrinsisch motiviert und glücklich sind, deutliche Schritte in genau diese Richtung gehen. Jannike Stöhr arbeitet von Berlin aus als Coach für erfüllte Karrieren, unterstützt Menschen dabei, für sich zu reflektieren, welche Berufswege zu einem passen. 

Jannikes Beobachtung: Frauen scheinen bei der Frage nach guter Arbeit einen echten Schritt weiter zu sein. Zwar verknüpfen wir immer noch viele schlechter bezahlte Tätigkeiten mit geringeren Aufstiegschancen eher mit Frauen und die klassischen Karrierepositionen mit Männern. Aber die Frage, welche Tätigkeit zu mir passt und mich ausfüllt, stellen zumindest in Jannikes Kursen eher die Frauen als die Männer. Zudem: Externe Anreizsysteme destabilisieren die intrinsische Motivation. Jannikes Bild von der Arbeit der Zukunft: Wenn wir erfüllter arbeiten, werden wir uns ohne Anordnung selbst neue Skills verschaffen, uns entwickeln, uns Räume schaffen. 

Mit Michael Carl springt Jannike über die Kraft von Kündigungen und setzt auf die Eigenverantwortung der Menschen. Mittelbar erzeugt das natürlich auch Druck auf Unternehmen: Je mehr Menschen gute Arbeit und gute Arbeitsbedingungen einfordern und andernfalls mit den Füßen abstimmen, desto stärker müssen Unternehmen hier nachziehen und auf die individuellen Bedürfnisse und Stärken von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Rücksicht nehmen. Spoiler: Der Kickertisch ist es nicht. Obst zur Mittagszeit auch nicht. Jannike sagt: Der Druck auf Unternehmen ist noch nicht hoch genug. Die Schilderungen, mit denen Menschen zu ihr in die Kurse kommen, zeigen: Es braucht noch mehr, um gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. 

Die klare Aufforderung steht am Ende der Episode: Du kannst heute anfangen. Auch wenn jeder und jede selbst verantwortlich ist, du kannst dich heute in Bewegung setzen, Stück für Stück reflektieren, was deine Bedürfnisse sind. Du kannst heute klären, ob Dein Umfeld bereit ist, deine Bedürfnisse zu berücksichtigen. Und wenn nicht, dann mach dich auf den Weg. Jannike sagt: Wenn ich mein Leben erst einmal auf meine eigenen Entscheidungen aufbaue, dann gibt es die Frage nicht mehr, ob ich morgen Lust habe zu arbeiten oder nicht. Wenn ich keine Lust habe, dann ändere ich es halt.

Zu Gast in dieser Woche:

Jannike Stöhr

07 Dec 2023#184 Fredrik Harkort – Was ist deine Superkraft?00:43:31

Meine Superkraft? Kenne ich sie? Und kann ich sie ausleben, in meinem Beruf und in meinem Alltag nutzen, sie entwickeln und mich daran freuen? Michael und Fredrik führen ein gar nicht so typisches Gespräch über Bildung, Lernen, Schule - und die Superkraft. Fredrik Harkort ist Gründer und Kopf von Cleverly. Das Startup unterstützt Kinder und Jugendliche beim Lernen, mit Inhalten und mit Persönlichkeitsentwicklung. Das erste ist bekannter, das zweite wichtiger, sagt Fredrik.

Fredriks These: Jedes Kind hat eine Superkraft und da muss Lernen ansetzen. Dieser Gedanke ist, gemessen am heutigen Bildungssystem, geradezu revolutionär. Wir setzen auf Standards, auf feste Lehrpläne und abstrakt definierte Kompetenzen, die möglichst alle erwerben sollen - und zwar möglichst gleich. Das Gegenmodell: Du kannst etwas, lerne es kennen und mache etwas draus. Was fast nach den Schreiereien der üblichen Motivationsredner klingt, meint hier: Unterstütze dein Kind bei dem, was ohnehin als Talent in ihm liegt. Nicht der Dienstwagen, die ungewollte Führungsposition, die Karriere, die die Eltern nie hatten, macht auf Dauer glücklich. Jedenfalls nicht jede:n.

Das wäre dann übrigens auch eine kluge Antwort auf vermeintlich übermächtige Gesellschaftsmodelle wie das chinesische: Massenhaft individuell geförderte Persönlichkeiten.

Übrigens: Alles, was Fredrik und Michael über Schule und Lernen von Kindern und Jugendlichen besprochen haben, gilt uneingeschränkt auch für Erwachsene, zu jeder Phase ihres Lebens. Daher hier die Hausaufgabe für alle, die diesen Podcast hören (und für alle anderen auch, es sei denn, sie haben eine Entschuldigung von den Eltern): Finde deine Superkraft. Lerne, darüber zu sprechen: Ich kann .... besonders gut und es bereitet mir Freude. Bonusaufgabe für die Zusatzpunkte: Passt dein Beruf, dein wesentlicher Lebensinhalt dazu?

Zu Gast: Fredrik Harkort, Gründer von cleverly

03 Apr 2025#253 Björn Beck – Digitale Souveränität Europas00:44:41

Datensouveränität ist ein Wort, das oft mit einem Achselzucken quittiert wird. Zu abstrakt, zu technisch, zu weit entfernt vom Alltag. Doch Björn Beck, Leiter des Innovationslabors der baden-württembergischen Landesregierung, entfaltet in seinem Gespräch mit Michael eine beklemmende Vision: Unsere digitale Infrastruktur gleicht einem Wolkenkratzer auf fremdem Grund. Wir mieten Rechenleistung, vertrauen auf außerhalb Europas kontrollierte Künstliche Intelligenz, speichern kritische Daten in US-amerikanischen Clouds. Und was, wenn der Eigentümer plötzlich die Miete verdoppelt oder uns die Schlüssel abnimmt?

Die Metapher vom Gas verdeutlicht es: Die Abhängigkeit von russischem Gas war sichtbar. Aber was ist mit der Abhängigkeit von nicht-europäischen Digitalstrukturen? Wenn ein außerhalb Europas ansässiger Cloud-Anbieter beschließt, seine Dienste einzustellen, könnten ganze Verwaltungen handlungsunfähig werden. Eine digitale Souveränität, die nur auf dem Papier existiert, ist keine. Und doch: Alternativen zu nutzen, erfordert Mühe, ökonomische Anreize fehlen, europäische Lösungen sind oft komplizierter. Nutzerfreundlichkeit als politisches Ziel? Ein ungewohnter Gedanke.

Die Antwort könnte in einem langfristigen Masterplan liegen. Ein europäisches Innovationsökosystem, das nicht Silicon Valley kopiert, sondern aus den eigenen Stärken heraus wächst. Statt uns in kleinteiligen Regulierungen zu verlieren, braucht es eine Strategie, die europäische Alternativen aktiv fördert. Die Zukunft der digitalen Souveränität entscheidet sich nicht am Reissbrett, sondern im Willen zu handeln.

Mehr Informationen zu Jennifer Pahlkas Buch "Recording America", das Björn erwähnt, sind hier abrufbar: https://www.recodingamerica.us/

Zu Gast:

Björn Beck, Leiter des Innovationslabors der baden-württembergischen Landesregierung.

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31 Jul 2021#35 Sex der Zukunft00:33:54

Diese Woche in der Zukunft:

Ein Special über die Sexualität der Zukunft mit den Leipziger Paar- und Sexualberater:innen Theresa Langlotz und Oliver Wolf. Was wird die Sexualität der Zukunft prägen? Wolf und Langlotz zeichnen ein positives Bild von Toleranz und Vielfalt, erwarten deutlich mehr Respekt gegenüber unterschiedlichsten Formen der Sexualität und ebenso gegenüber den eigenen Bedürfnissen. Ihr Argument: Wir sprechen heute deutlich anders über Sex mit Kindern, zuhause, in der Kita und in der Schule – und es geht um deutlich mehr als nur die technische Funktionsweise: Wie entsteht ein Kind und wie benutze ich ein Kondom? Sind diese Kinder einmal erwachsen, haben wir ein Fundament für mehr Respekt.

Das Bild der Sexualität wird immer individueller, die eigene Familie, die Herkunft aus Stadt oder Land, die eigenen Erfahrungen, die Werte – am Ende ist Sexualität immer individuell und wandelt sich darüber hinaus im Laufe des Lebens.

Oliver Wolf und Theresa Langlotz berichten von einem wachsenden Leistungsdruck, unter dem Menschen sexuell leiden – oder in ihrem Leben leiden und sich dann wundern, warum sie sexuell nicht zu der Performance fähig sind, die sie von sich erwarten. Das reicht von dem Wunsch nach mechanischen Lösungen bis hin zu eigentlich intakten Beziehungen, die in der Beratung beendet werden in der Annahme: Da muss doch noch etwas Besseres kommen.

Aus dieser Erfahrung beurteilen sie die wachsenden digitalen Möglichkeiten ambivalent. Was immer unterstützt, die eigene Sexualität zu finden, hilft – aber das smarte Kondom, das letztlich nur die Frequenz der Stöße zählen kann, unterstützt eher den Leistungsdruck. Was den einen heiß macht, lässt den anderen unter Druck und schlaff zurück.

Eine große Unbekannte ist der Sex der Alten – und das, obwohl wir immer älter werden und sich die Bedürfnisse nach Sex zwar im Laufe des Lebens verändern, aber bis zum Tod bestehen. Theresa Langlotz und Oliver Wolf vermissen hier noch Forschungsarbeit und praktische Handhabung für Beratung und Bildung.

Der praktische Tipp für die eigene sexuelle Zukunft: Reden. So einfach.

Die Gäste dieser Woche:

Theresa Langlotz, Paar- und Sexualtherapeutin, calaidoskop, Leipzig

Oliver Wolf, Paar- und Sexualtherapeut, calaidoskop, Leipzig

22 Dec 2022#134 Micha Fritz – Viva con Agua: Strukturelles simples sexy soziales Engagement01:02:31

Diese Woche in der Zukunft: 

Der Baum ist geschmückt, die jahreszeitlich passenden Melodien erklingen, das ebenfalls jahreszeitlich passende leichte Übergewicht kündigt sich in der Leibesmitte an. Hoffnungslos unterbezahlte, aber dafür ebenso hoffnungslos überlastete Paketboten tragen alles, was der Konsum so hergibt, durch die Gegend. Kurzum: Es weihnachtet. 

Micha und Micha diskutieren in dieser Folge, wie es um die Welt steht. Wieviel heile Welt bleibt übrig, wenn wir genau hinschauen? Micha Fritz ist einer der Köpfe von Viva con Agua. Er engagiert sich dafür, dass Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Vor 16 Jahren gab es weltweit noch 1,2 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser. Heute sind es immer noch 560 Millionen. Es passiert einiges, aber es ist eben noch lange nicht genug. 

Viva con Agua hat von Anfang an auf positiven Aktivismus gesetzt. Statt das Leid zu inszenieren und mit Bildern von Unterernährung, Armut und HIV alte Konstrukte zu bedienen, setzt Micha auf die Attraktivität eienr positiven Bewegung. Die erste Veranstaltung von Viva con Agua war eine Lesung: „Penisverletzungen durch Masturbation mit Staubsaugern“, gelesen von Heinz Strunk und Tim Mälzer.

Micha sagt: Was Viva con Agua wirklich ausmacht, ist strukturelles simples sexy soziales Engagement. Das Angebot geht über Pfandbecher, das eigene Wasser, ein Kunstfestival im Stadion des FC St.Pauli, eigenes Klopapier, ein Musiklabel und das zukünftige Villa Viva Hotel Projekt. Vor Corona sammelten sie über eine Million Pfandbecher auf allen großen Festivals und ließen sich dabei von etlichen Promis unterstützen. Wir alle kennen das Bild von Clueso der sich auf der Bühne mit Pfandbechern abwerfen ließ. Wasser für Wasser, Klopapier für Toiletten, einfach und simple zu verstehen. 

Wer vorhat, Viva con Agua zu imitieren: Nur zu. Micha sagt: Fang einfach an, es gibt kein Richtig, es gibt kein Falsch. So etwas wie einen Masterplan gibt es nicht. Dein Plan kann der beste Plan aller Zeiten sein, er wird ohnehin nicht eintreffen. Sei leidenschaftlich und umarme die Menschen, die dir sagen: Das geht nicht. Nimm dich nicht so wichtig und bau das System so Open Source und so divers wie möglich. Hauptsache, du bist nicht die Schnittstelle für alles. Sei transparent, bau dir ein geiles Team und beteilige es. Aber vor allem: Leg los. 

Dann wird auch Weihnachten.

Zu Gast in dieser Woche:

Micha Fritz, Conceptual activist for a better tomorrow, Co-Founder of Viva con Agua, Millerntor Gallery, Goldeimer, Villa Viva, Social Entrepeneur

26 Aug 2021#48 Der schöne Schmerz für Unternehmen00:35:15

Diese Woche in der Zukunft: 

Es ist ein Missverhältnis zu Lasten der Jungen. Diejenigen, die rechnerisch die meiste Zukunft vor sich haben, sind am wenigsten gefragt, wenn es um die Gestaltung eben dieser Zukunft geht. Und wenn sie gefragt sind, zum Beispiel als Fach- und Arbeitskräfte für morgen in Unternehmen, dann sind sie vor allem eines: Ein Störfaktor. Die Klischees füllen Bände: Die Generation Z will sich nicht anpassen, fragt vor der ersten Überstunde nach ihrer Work-Life-Balance und verlangt im Gegenzug ein fürstliches Gehalt. 

Einer, der sich für die Kommunikation zwischen Generation Z und Unternehmen engagiert, ist Roger Zimmerman. Der Deutsch-Franko-Amerikaner hat die Organisation Next Entrepreneurs gegründet. Heute leitet er die Next Entrepreneurs gemeinsam mit Joana-Marie Stolz und beide sind hier im Gespräch mit Michael Carl. Die Next Entrepreneurs veranstalten Workshops mit Schüler:innen, Student:innen und Unternehmen, um beide Seiten miteinander in Kontakt zu bringen. Parallel bauen sie eine Akademie auf, um Jugendliche frühzeitig mit der Startup-Welt, ihren Methoden, Arbeitsweisen und Haltungen vertraut zu machen. Ihre erstaunliche Erfahrung: Wie stark sich Jugendliche motivieren können, wenn sie in einem solche Setting kreativ sein können. Aber vielleicht ist das auch nur aus einer klassischen Corporate-Sicht erstaunlich. 

Stichwort Corporate-Sicht: Wer annimmt, der Konflikt zwischen klassischer Krawattenhierarchie in Unternehmen und nachwachsenden Generationen sei bereits da, könnte ein unangenehmes Erwachen erleben. Die Next Entrepreneurs arbeiten bereits mit der übernächsten Generation und ihre Einschätzung ist: Das Thema fängt gerade erst an. Die Verfügbarkeit von Wissen, das ständige Lernen, ebenso wie Mindfulness, andere Führung, häufiger Wechsel von Aufgaben und Unternehmen prägen eine andere Welt für und in Unternehmen. Insofern sind die Themen der NEO Academy eben nicht nur die Themen der heute 17-jährigen, sondern ebenso die Themen der heute 40-jährigen. Schließlich habe auch letztere noch mehrere Jahrzehnte im Beruf vor sich. 

Ist unsere Gesellschaft überhaupt reif für junge Menschen? Roger Zimmerman ist sich sicher: Das ist gar keine Frage. Die jungen Menschen, mit denen er zusammenarbeitet, fragen hier nicht. Sie machen einfach. Und damit heißt es, Abschied zu nehmen von vertrauten Verhältnissen, von dem gewohnten Umfeld und den Selbstverständlichkeiten, in die heute aktive Generationen hineingewachsen sind, in denen sie Karriere gemacht haben – und von denen sie heute feststellen müssen, dass sie eben nicht mehr selbstverständlich sind. Ein Schmerz. Oder, wie Joana-Marie Stolz sagt: Ein schöner Schmerz. 

Der Gast in dieser Woche:

Roger Zimmerman, Joana-Marie Stolz

04 Jan 2024#188 Lisa Weise-Hoff: Die Zukunft des Bauens ist schon da.00:44:39

Die Baubranche ist es. Sie ist die eine mit Abstand größte Quelle für CO2-Ausstoß. 40% des Mülls, der in Deutschland anfällt, stammt aus dem Bau. Lisa Weise-Hoff und ihr Startup Hejmo Homes sind angetreten zu zeigen, dass es auch anders geht. Sie fertigen Häuser aus Modulen. Michael und Lisa sprechen darüber, warum auch darin die Zukunft von Bauen und Gebäuden liegt.

Die Baubranche ist es. Sie ist reif für Transformation. Die Technologie ist da. Die Prozesse sind da, die Materialien auch. Lisa sagt: Der Wandel in der Baubranche ist kein Hexenwerk und kein Flug zum Mond. Es geht ums Tun. Und um den Mut, mit bisherigen Gewohnheiten zu brechen.

Beispiel Material: Gebäude der Zukunft sind rückbaubar, Materialien wieder voneinander zu trennen. Damit wird von ganz alleine Kreislaufwirtschaft möglich. Ja, Beton scheidet damit aus.

Beispiel Prozesse: Für jedes neue Haus eine gesonderte Produktionsstätte aufbauen und hinterher wieder abräumen? In keiner anderen Industrie kämen wir auf diese Idee. Das Bauen der Zukunft setzt auch deshalb auf Module, weil man sie an zentraler Stelle fertigen kann, in der Ausbaustufe sogar automatisiert. Vor Ort werden die Teile nur noch verschraubt. Lisa sagt: Eine Woche nach Baubeginn kann man einziehen.

Lisa berichtet auch von ihrer Erfahrung mit den ach so gesuchten Fachkräften. Wenn die Baustelle nicht jedes Mal woanders und der Arbeitsplatz bei Regen, Sturm und Hitze draußen ist, sondern die Produktion in einer warmen Fabrikhalle stattfindet, ist die Suche nach Fachkräften auf einmal ganz leicht.

Wie werden unsere Städte in Zukunft aussehen? Eines scheint sicher: Das Modell mit den unterschiedlichen Städten zum Wohnen, Arbeiten und Versorgen hat ausgedient. Und damit auch die nächste austauschbare Siedlung mit den ewig gleichen Eigenheimen. Wenn wir tatsächlich klimatisch verantwortlich und sinnvoll bauen wollen, führt an mehr Mehrfamilienhäusern kein Weg vorbei. Und in den Städten damit an Sanierung. Das ist der Elefant im Raum, das eigentlich große Thema, an das die Branche herangehen müsste. Nein, sagt Lisa: Herangehen wird.

Zu Gast: Lisa Weise-Hoff, Co-Founder & GF von Hejmo Homes

13 Feb 2025#246 Christoph Schönfelder - Führung as a Service00:46:03

Die weitgehend risikolose Prognose: Unternehmen werden schon in wenigen Jahren ganz anders aussehen als wir sie heute kennen. Ebenso risikolos: Das wird mit KI zu tun haben. Oder? Nur 7% der Führungskräfte können sich heute vorstellen, Führungsaufgaben ganz oder teilweise an KI abzugeben. Christoph und Michael diskutieren: Sind das die 7%, die in Zukunft extrem weit vorne sein werden? Jedenfalls ist heute noch Gelegenheit, zumindest zu den Top 8% zu gehören. Christoph Schönfelder ist Professor für Personal- und Organisationsentwicklung und ist Mit-Gründer des HR-Tech-StartUps Monday Rocks.

Traditionelle Hierarchien wanken längst. Wenn es stimmt, dass unsere Organisationen tief in Transformationsprozessen stecken (stimmt), dass das direkte Auswirkungen auf Führung hat (offensichtlich) und dass die Anforderungen an Führung in diesen Veränderungen hoch variabel sind (wie auch anders?): Wie können wir ernsthaft annehmen, die Gleichung "Ein Team, eine Führungskraft" würde noch aufgehen? An deren Stelle tritt "Führung as a Service". Michael und Christoph tauchen tief ein in die Führung der Zukunft. Führung soll dienen und ermöglichen - wie können künstliche Intelligenzen aufzeigen, welches Team gerade welche Führung braucht? Welche Führungsaufgaben kann gleich selbst übernehmen. Oder sind hier Teamleitungen anwesend, die es für ihren Selbstwert brauchen, den Streit um Urlaubspläne selbst auszufechten?

Starre Strukturen behindern die Anpassungsfähigkeit. Christoph fordert ein radikales Umdenken: Führung muss agiler, teamorientierter und technologiegestützt sein. Die klassische Hierarchie verliert an Bedeutung, während eine adaptive Führung in den Fokus rückt. KI kann Teams analysieren, Herausforderungen erkennen und gezielt Lösungen vorschlagen. Christophs These: Führung als flexibler Service gedacht ermöglicht effizientere Teams, mehr Menschlichkeit und eine nachhaltigere Arbeitskultur.

Die Botschaft ist klar: Führung braucht mehr als kleine Anpassungen – sie muss neu definiert werden. Unternehmen, die an veralteten Strukturen festhalten, riskieren den Anschluss. Die Zukunft gehört denen, die Führung als dynamischen Prozess verstehen.

Carls Zukunft hat gerade ein Whitepaper zu "Führung as a Service" veröffentlicht. Es steht hier zum Download.

Zu Gast: Christoph Schönfelder, Soziologe und Mitgründer von Monday Rocks.

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18 Apr 2024#203 Caroline Weimann: JoinPolitics00:44:17

Haben wir einen Fachkräftemangel in der Politik? Jedenfalls brauchen wir Nachwuchs. Und es scheint, die nächste Generation in der Politik muss mehr können, als die Ochsentour einer klassischen Parteikarriere zu absolvieren. Wer nicht ein paar Jahre Schatzmeister im Kreisverband war, schafft es nie auf einen aussichtsreichen Platz auf der Landesliste … Caroline Weimann lässt das keine Ruhe. Sie hat „JoinPolitics“ gegründet, um andere Talente in den Bundestag zu bringen. Oder in einen Landtag. Jedenfalls in Verantwortung. Wie das gehen kann, erklärt sie im Podcast.

Caroline sagt: Politische Herausforderungen werden in den kommenden Jahren genau das, nämlich: herausfordernder. Was wäre, wenn wir nicht Parteisoldaten daran setzen würden, sondern Menschen, die eine Vision umtreibt - und die dann auch noch über die Fähigkeit verfügen, Menschen zu gewinnen, die Ärmel hochzukrempeln und ins Tun zu kommen?

Ein Lackmus-Test: Sind Parteiabende so spannend und attraktiv, dass man seine Freunde einladen würde - und sie sogar mitkämen? Andersherum gefragt: Welche Typus Akteur spuckt das heutige politische System einfach direkt wieder aus? Und was müssen wir ändern, damit es die Macher:innen von morgen gerade anzieht?

Michael und Caroline sprechen über die Zukunft von Politik - und über die Zukunft in der Politik. Caroline wünscht sich mehr der großen Themen wirklich auf der Agenda. Rente, Biodiversität, Teilhabe. Der Weg dahin führt über ein Zukunftsbild. Was ist die ebenso mögliche wie attraktive Zukunft? Von dort aus wird es uns leichter gelingen, rückwärts zu denken und abzuleiten, was wir heute dafür tun müssen. Leichter, oder vielleicht überhaupt erst.

Zu Gast: Caroline Weimann, Gründerin von JoinPolitics

19 Apr 2022Akademie Nachhaltigkeit: #4 Tourismus mit Hubertus Wichmann00:39:44

Die carls zukunft Akademie Nachhaltigkeit. Dein Crashkurs zum Thema in acht Folgen Podcast. Rund um Nachhaltigkeit und die Erkenntnis, dass Nachhaltigkeit der Schlüssel zu erfolgreichem unternehmerischem Handeln in der Zukunft ist. 

In dieser vierten Folge machen wir den Praxischeck im Tourismus. Du lernst in dieser Folge, wie Du Kunden und Kundinnen in die Entwicklung nachhaltiger Geschäftsmodelle einbeziehst. Hubertus Wichmann ist Destinationsentwickler. Er erlebt, wie gerade durch das Unfertige, durch den gemeinsamen Lernprozess zwischen Mitarbeiter:innen, Gästen und dem Umfeld des Urlaubsortes eine Verbindung wächst, die tragfähiger ist als jedes Last-Minute-Schnäppchen.

Zu Gast in dieser Woche:

Hubertus Wichmann, Destinationsentwickler, Hotelbetreiber, Koch. www.bionaturresort.com

30 Mar 2023#148 Timm Duffner - Radikal soziales Müsli00:45:57

Wer gibt Menschen mit Suchtgeschichte, Ex-Knackis, Alleinerziehenden und Menschen mit Migrationshintergrund schon eine Chance auf Arbeit? Die hässliche Wahrheit ist: Wer mehr als ein solches „Vermittlungshemmnis“ hat, bleibt in aller Regel überall draußen. Überall? Nein! In Lüneburg steht eine Müslirösterei, die extra gegründet ist, um Menschen eine Chance zu geben. Timm Duffner ist einer der Gründer von HEYHO. Er sagt: Wir stellen keine Menschen ein, um Hafer zu rösten, wir rösten Hafer, um Menschen einzustellen.  

Timm hat eine Karriere im Lebensmittelmarkt hinter sich, war Deutschlandchef von Ben & Jerry’s. Hier liegt eine Wurzel von HEYHO. Über das Eis kannte er die Greyston Bäckerei, die Ben & Jerry’s mit Brownies beliefert. Die Bäckerei ist berühmt für ihre Open Hiring-Policy: Jede Person, die einen Job will, bekommt eine Chance zu arbeiten. Es gibt weder Hintergrunds- noch Vorabprüfungen. Wenn eine Stelle frei wird, bekommt sie die nächste Person auf der Warteliste, ohne dass Fragen gestellt werden. Die drei Gründer von HEYHO hatten – unabhängig voneinander – genau diese Geschichte im Kopf. Einmal diese Gemeinsamkeit realisiert, haben sie drei Tage später ihr Unternehmen gegründet. Mit dabei die Selbstverpflichtung: Mindestens ein Drittel der Belegschaft hat „multiple Vermittlungshemmnisse“. Inzwischen ist die Quote längst höher.  

HEYHO ist ambitioniert. Nicht nur sollen sie die Integration vollbringen, an der fast alle sozialen und öffentlichen Angebote scheitern: Menschen wieder echte Teilhabe zu ermöglichen. Timm will mit HEYHO darüber hinaus einen Arbeitsplatz schaffen, der allen guttut. Für Menschen, die über Jahre lautstarke Standpauken als einzige Form des Feedbackgesprächs kennengelernt haben. Für Menschen, die zusehen mussten, wie der frisch unterzeichnete Arbeitsvertrag vor ihren Augen zerrissen wurde. Für Menschen, denen wir als Gesellschaft über Jahre und teils Jahrzehnte nachdrücklich vermittelt haben, dass sie nicht dazu gehören. Und wenn wir schon dabei sind, für alle anderen im Unternehmen auch.  

Timm berichtet: Einzelne Mitarbeiter stehen täglich schon eine halbe Stunde vor Toresöffnung vor der Firma, weil sie sich auf ihre Arbeit freuen. Welches Unternehmen kann das bitte von sich behaupten? Bewerber kommen auch ohne langwierige Suche in Zeiten des Arbeitskräftemangels. Profitabel ist HEYHO ohnehin. Ist HEYHO damit ein Lernprojekt für funktionierende Teilhabe und auch Modell für eine zukunftsfähige Arbeit? Diskutieren wir es.  

Gutes Müsli können sie jedenfalls auch.  

Zu Gast: Timm Duffner, Gründer der sozialen Müslirösterei HEYHO

16 May 2024#207 Julian Zuber @GermanZero: Ein Paket Klimagesetze gefällig?00:40:21

Am Ende ist es doch überall so: Schaut man genauer hin, wird es komplex. Jedenfalls beim Klima ist es so, präziser: Beim Klimaschutz, den wir schon lange besser "Zivilisationsschutz" nennen sollten, denn dem Klima ... nun ja, ist es ja eher egal. Nur uns nicht. Julian Zuber hat daher GermanZero mit auf den Weg gebracht. GermanZero schreibt Gesetze für Klimaschutz und organisiert die passende Graswurzelbewegung dazu.

Tun wir genug? Sind wir schnell genug? Halten wir 1,5 Grad? Nein, nein und nochmals nein. Aber sind Demonstrationen und Klimastreiks deshalb ohne Wirkung? Auch nein. Druck wirkt. Klimaklagen wirken, zuallererst natürlich die von Roda Verheyen, ausführlich hier im Podcast diskutiert. Germanzero arbeitet mit Kommunen, der Zivilgesellschaft und der Politik zusammen, um realistische, aber ambitionierte Pfade zu einer klimaneutralen Zukunft zu gestalten. Von „Local Zero“ Netzwerken, die lokal agieren, bis hin zu politischen Forderungen, die auf nationaler Ebene Druck machen

Wann haben wir eigentlich angefangen, Klimaschutz als "links-grünes" Projekt zu verstehen? Aus im Grunde jeder demokratischen Perspektive heraus müsste Klimaschutz ein attraktives Ziel ergeben. Freiheit für die Liberalen, Bewahrung für die Konservativen, Respekt vor der Schöpfung für die Religiösen. Julian schaut auf die europäische Diskussion und stellt fest, dass Klima dort kein linkes Projekt ist, sondern das ist ein mehrheitliches Projekt, "auch gerade von den Konservativen, wo also wirklich mehrheitlich die Demokraten an Bord sind und das unterstützen, dass wir hier sehr, sehr schnell klimaneutral werden."

Was hilft im Dialog mit der Politik? Verstehen der menschlichen Situation der Politiker:innen und Kompetenz in Sachen Komplexität. Die Klimaschutz-geleitete Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft ist komplex, da braucht auch der professionelle politische Betrieb Unterstützung.

Zu Gast: Julian Zuber, Gründer und Geschäftsführer von GermanZero

06 Jun 2024#210 Holger Schüttrumpf & Jörn Birkmann – Viel zu nah am Wasser gebaut00:46:41

Schon wieder Hochwasser. Ein Jahrhundertereignis, ebenfalls: Schon wieder. Oben auf der Welle schwimmt die Zukunftsfrage: Können wir uns eigentlich an ein neues Klima anpassen? Im Gespräch sind gleich zwei Experten für Hochwasser und Katastrophenmanagement. Holger Schüttrumpf leitet das Institut für Wasserbau an der RWTH Aachen, Jörn Birkmann das Institut für Raumordnung an der Universität Stuttgart. Beide gemeinsam begleiten im Projekt KAHR den Wiederaufbau an der Ahr. KAHR steht für Klima-Anpassung, Hochwasser-Resilienz. Und genau darum dreht sich dieser Podcast: Können wir aus Katastrophen lernen und uns anpassen? Und wenn ja, was bedeutet das?

Holger und Jörn betonen: Wir brauchen differenzierte Sicherheit. Krankenhäuser und Feuerwehren müssen auch unter extremen Bedingungen möglichst lange funktionieren. Weg von der Hafenkante damit, oder gleich auf Stelzen. Und muss man das Umspannwerk unbedingt dorthin bauen, wo es zufällig gerade flach ist, also ins Flusstal? Die beiden sind sehr deutlich: Wir werden nicht jedes Eigenheim genauso schützen können. Zumal Sicherheit zu einem beweglichen Ziel wird. Wo ist denn nun HQ100 - also das Gebiet in dem wir statistisch einmal pro hundert Jahre mit Überschwemmung rechnen? Schätzen wir das in zehn Jahren anders ein? Und wo dokumentieren wir das eigentlich? Wir bräuchten so etwas wie einen Hochwasser-Pass. Jörn beklagt, dass wir zwar groß darin sind, Faltblätter zu erstellen, um Informationen breit zu streuen. Aber wenn es an die Baugenehmigung geht, dann spielen Katastrophenthemen keine Rolle mehr.

Es ist trügerisch zu glauben, dass die Erfahrungen aus der Vergangenheit auch die Lösungen für die Zukunft bieten. Wir wissen im Grunde, wie resilient bauen geht. Wir tun es nur nicht. Dabei würden schon kleine Maßnahmen helfen. Keller einen Meter höher, ein paar Stufen oder eine Rampe zur Tür. Den Strom nicht in den Keller. Und die Ölheizung? Die ist insgesamt ein Problem: Schwimmt der Tank auf, wird das Haus zum Sondermüll, das Nachbarhaus meist auch und die Natur drum herum …

Insgesamt sind wir langsam. Vor zehn Jahren wurde das Nationale Hochwasserschutzprogramm aufgelegt. 168 Maßnahmen. Davon sind genau neun umgesetzt und abgerechnet. Neun. Dabei lohnt sich Prävention, gerade finanziell. Anpassung war lange ein Thema, um das die Klimadiskussion einen Bogen gemacht hat. Niemand wollte den Eindruck erwecken, wir könnten uns weniger um Klimaschutz bemühen, weil wir uns ja anpassen könnten. Außerdem ginge die Anpassung doch vor allem kleine Inselstaaten in der Südsee etwas an. Inzwischen wissen wir: Wir brauchen beides: Klimaschutz und Anpassung. Das gilt gerade beim Wasser: Wir brauchen es und müssen uns zu gleich davor schützen.

Beide sind sich im Fazit einig: An die großen Trends können wir uns anpassen. Also zum Beispiel die zunehmend ungleiche Verteilung der Niederschläge übers Jahr ausgleichen. Bei den Extremen geht das nicht, jedenfalls nicht zu 100%. Wir wissen nämlich nicht: Wie extrem kann ein Extrem werden? Wir haben technische Grenzwerte, die aber nichts darüber aussagen, ob dieser Grenzwert überschritten wird und wie oft. Wir müssen lernen, das zu akzeptieren: Wir können nicht alle Extreme abpudern. Wir können Todesopfer weitgehend vermeiden, aber Schäden? Nein. Dafür haben wir viel zu dicht und viel zu nah am Wasser gebaut.

Zu Gast:

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Holger Schüttrumpf, Lehrstuhl und Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft (IWW) RWTH Aachen University

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jörn Birkmann, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung (IREUS)...

16 Sep 2021#51 Wie wir die Welt mit Technologie retten00:44:51

Diese Woche in der Zukunft:

Technologie wird uns ermöglichen, die Welt wieder in Balance zu bringen. Das sagt Rafael Laguna de la Vera. Er ist qua Amt für die wirklich radikalen Neuerungen in Deutschland zuständig. Er leitet die Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig: SPRIND. Und er hat gerade ein Buch zum Thema veröffentlich: „Sprunginnovation. Wie wir mit Wissenschaft und Technik die Welt wieder in Balance bekommen“.

Rafael macht sich für einen sehr optimistischen Ansatz stark. Unsere heutige Technologie ist schon gut: Sie hat dazu geführt, dass wir alle erheblich besser leben, dass wir länger leben, dass wir immer mehr werden. Aber unsere Technologie ist nicht gut genug. Sie ist noch nicht in der Lage die Probleme zu lösen, die wir mit der bisherigen Technologie und ihren im Grunde positiven Folgen erst aufgeworfen haben. Was ist die Antwort: Eine Abkehr von Technologie wäre möglich, würde aber nicht das gute Leben der gesamten Menschheit sichern. Also: Innovation. Und damit ist hier nicht die allmähliche Verbesserung der bisher bekannten Prozesse und Lösungen gemeint, sondern der Sprung, das radikal Neue, das die Bahnen des bisherigen Denkens verlässt. In diesem Sinne gilt: Technologie wird die Probleme von Technologie lösen.

Wir leben in innovationsarmen Zeiten. Seit dem Krieg ist in Deutschland keine echte Innovation erdacht und erfolgreich wirtschaftlich umgesetzt worden. Erstaunlicherweise gilt das fast global. Auch in den USA ruht man sich noch auf den Lorbeeren aus den 50ern und 60ern aus. Rafael listet in seinem Buch die wichtigsten Sprunginnovationen der menschlichen Zivilisation auf; das jüngste ist die Entwicklung des Personal Computers Mitte der 70er Jahre. 

Dabei haben die USA das Muster vorgegeben, wie Kreativität und Innovation systematisch gefördert werden. Nach dem „Hallo Wach“-Moment des Sputnik-Schocks wurde die DARPA gegründet. Eine Agentur, die früh aufgezeigt hat, was es braucht, um im Auftrag von Staat und Gesellschaft wirklich Neues zu erzeugen: Public-Private-Partnerships, Abnahmegarantien für Produkte, die es (fast) noch nicht gibt und vor allem eine Brücke zwischen der Forschung an Universitäten und der wirtschaftlichen Nutzung von Ideen in der Wirtschaft. Dazwischen können im Zweifel auch zehn Jahre liegen – ohne Gewissheit auf Erfolg im Einzelfall. In den USA ist so das Silicon Valley gewachsen und nebenbei sind Kleinigkeiten wie Mikroprozessoren und das Internet entstanden. 

Rafael sagt: Wenn wir kein Risiko eingehen, sind wir schon gescheitert. Pessimismus ist Zeitverschwendung. Angst vor der Zukunft ebenso. Was wir tun müssen, ist, diese Angst in Tatkraft umzuwandeln. Rafael versucht einen Narrativ zu erzeugen, der Optimismus verbreitet. Ein gutes Zeichen ist, wie viele Menschen sich mit Ideen an SPRIND wenden und wie viele sich an den Challenges der Agentur beteiligen. Für die einzelne Innovation gibt es keine Garantie. Aber, so Rafael Laguna, solange wir genug versuchen und lange genug durchhalten, ist der innovative und wirtschaftliche Erfolg kaum zu vermeiden. 

Der Gast in dieser Woche:

Rafael Laguna de la Vera, Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovation (SPRIND), @rafbuff, @SPRIND, www.sprind.org 

01 Aug 2021#38 Liebe ist das Marketing der Zukunft00:34:42

Diese Woche in der Zukunft:

Gibt es eine Branche, die stärker auf Zahlen und Analysen fixiert ist als Marketing? Theoretisch möglich, faktisch nicht bekannt. Erfolg, Beliebtheit, Klickraten, Kundenwerte, Aufmerksamkeitsspannen, alles ist bekannt – und doch wissen wir nichts. Sagt Hannah S. Fricke. Sie ist Marketingexpertin, oder genauer: Sie kann machen, dass Menschen Dinge lieben. Das ist Marketing der Zukunft: Liebe wecken.

Hannah gehört zu den Autor:innen von „Creating the better Normal“, unserem Debattenbuch zu den Chancen einer Normalität nach der akuten Phase der Pandemie. Sie macht sich für den Gedanken stark, dass wir nach der Pandemie in der Kommunikation mehr Raum für tatsächliche menschliche Gefühle haben werden, wie eben Liebe. Doch der Reihe nach.

Der erste Gedanke: Wir sind nicht die Spieler, wir sind der Ball. Ein lauter Appell an die Demut in Marketing und Kommunikation. Der Mensch, jedenfalls in Gestalt der erfolgreichen Unternehmer:in, neigt dazu, sich selbst für eine:n Akteur:in zu halten. Schließlich muss der eigene Erfolg ja einen Grund haben, und der wird wohl in der eigenen Kompetenz, im tollen Produkt, in der persönlichen Ausstrahlung liegen. Wo denn auch sonst? Hannah hält dagegen: Was am Ende wirklich entscheidend ist für einen Kauf, wissen wir oft nicht genau. Vielfach wird genau der Kunde, der nach Monaten kauft, bis dahin als Misserfolg gemessen. Bannerwerbung nicht geklickt, Kampagnen nicht zu Ende geschaut, etc. Demut ist die Haltung, die zum Erfolg führt (ist dieser Begriff 2021 schon mit Marketing in Verbindung gebracht worden? Es ist unklar …).

Hannah macht sich für einen Dialog stark, der im Kern ein Lernprozess ist. Zuhören, reagieren, interagieren. Kein perfekter Kundendialog aus dem Prozesshandbuch, sondern ein lebendiger Austausch. Wer dem mit den klassischen Instrumenten der Werbemessung beikommen will, misst am Ende nur, wie beliebt ein Motiv ist – dabei wollen wir keine beliebten Motive, sondern Umsatz und verkaufte Produkte. Was wir glauben messen zu können, ist am Ende nicht das Wichtige.

Hinzu kommt: Wer die digitalen Instrumente richtig zu bespielen weiß – und das ist fraglos notwendig -, kommt am Ende zwar ins Blickfeld des potenziellen Kunden. Aber die Argumente und Instrumente, die ein Produkt auf Seite 1 der Google-Ergebnisse bringen, sind am Ende wertlos, wenn es um die Aufmerksamkeit des Kunden, der Kundin geht. Eine vertrackte Verkettung.

Natürlich: Wer Milch an vernetzte Kühlschränke verkaufen will, der soll den nächstbesten Algorithmus nutzen. Aber gerade mit Blick auf eine Welt nach der akuten Phase der Pandemie sieht Hannah viel Raum für unmittelbare, emotionale Beziehungen. Wir haben gemerkt, was fehlt.

Der Gast dieser Woche:

Hannah S. FrickeMarketingexpertin, Professorin University of Westminster und IED Barcelona, die macht, dass Menschen Dinge lieben.

30 Jul 2021#31 Systembiologie00:33:41

Diese Woche in der Zukunft:

Eine Kombination aus Biologie, Physik und Mathematik, angereichert mit Hochleistungs-IT: Der Begriff Systembiologie ist noch weithin unbekannt. Unter dem Radar wird hier Schritt für Schritt das eingelöst, was die Verfechter einer individualisierten Medizin seit Jahren fordern und in Aussicht stellen: Wir erheben größte Menge unterschiedlichster Daten quer durch alle Aspekte des persönlichen Lebens, bilden Modelle, um Verlauf und Entwicklung simulieren und prognostizieren zu können und schaffen damit ein hoch potentes Instrument: Der einzelne Mensch erfährt seine Perspektive – welche Krankheiten wahrscheinlich sind, wie sich Umweltfaktoren auswirken, etc. – und kann damit steuern: Wenn ich hundert gute Jahre erleben will, wie wirkt sich dann das Glas Rotwein am Abend konkret aus, wie die schräge Ehe, wie die Bäume im Garten und vor allem: Was kann ich tun?

Der Wissenschaftsautor Peter Spork hat gerade ein Buch über die Systembiologie veröffentlicht: „Die Vermessung des Lebens“. Er erwartet, dass wir in den kommenden zehn Jahren den Punkt erreichen, an dem tatsächlich jeder und jede einzelne konkret das eigene Wohlbefinden steuern kann. Das bedeutet dann zugleich auch das Ende der Medizin, wie wir sie kennen.

Falls sich jemand fragt: Ja, das bedeutet, dass wir das gesamte Gesundheitswesen umbauen müssen, zu völlig anderen Formen der Datenerhebung und -verarbeitung, der Zusammenarbeit und der Finanzierung kommen müssen. Allerdings: Das müssen wir ohnehin, insofern hilft es, eine konstruktive Richtung zu erkennen.

Dazu eine Lesung vorab aus unserem neuen Buch „Creating the better normal“. Jan Wokittel, Head of digital Products bei Roche, reflektiert über Digitales Arbeiten nach Corona. Aus seiner Sicht wirkt die Pandemie wie ein Brandbeschleuniger, hin zu einer vernetzten, digitalen Arbeitswelt, die auch grundlegend andere Strukturen hervorbringen wird. Das tradierte Führungsmodell hat endgültig ausgedient, gute Entscheidungen werden möglichst nah an der Basis getroffen, ohne Zutun von Führungskräften.

Der Gast dieser Woche:

Peter Spork, Wissenschaftsautor, zuletzt von „Die Vermessung des Lebens“, DVA 2021

15 Jun 2023#159 Lea Dohm – Wut, Mut und Nähe: 3 Schlüssel zur Klimakrise00:34:39

Es könnte alles so einfach sein. Wir können wissen, was die Klima-Stunde geschlagen hat, wir könnten schnell die wichtigsten Maßnahmen ergreifen und glücklich und gesund leben. Allein: Das Wissen könnten wir eben nur theoretisch haben. Und Wissen allein überzeugt auch nicht. So sind wir nicht gestrickt, sagt Lea Dohm. Sie ist psychologische Psychotherapeutin und Mitbegründerin von Psychologists4Future. 

Schritt 1: Das Wissen fehlt vielerorts, in der breiten Menge, aber auch bei Entscheidern. Natürlich, es gibt eine Klimakrise, aber was bedeutet das genau? Da können die Zusammenfassungen der Forschungsberichte selbst in einfacher Sprache verfasst sein, der MdB muss es halt lesen… Lea sagt: Gute Klimakommunikation ist mehr als Fakten. Von Fakten allein lassen wir uns nicht einfach im Gespräch überzeugen. Das sind eher länger Prozesse und Auseinandersetzungen. Lea erläutert, wie zentral es ist, eine Beziehung aufzubauen. Und dafür ist jedes noch so anstrengende Gespräch wichtig, eine mentale Operation.

Lea schließt an die Folge 149 mit Tadzio Müller an. Er hatte den Begriff Verdrängungsgesellschaft in den Mittelpunkt gestellt. Solange wir verdrängen, dass wir uns verändern müssen, werden wir auf jeden Impuls, jeden Protest, jedes Stück Information mit Ablehnung reagieren. Lea bestätigt: Wir brauchen gesellschaftliche Symbole für die Transformation. Wir brauchen Lieder und Orte. Wir brauchen Kunst und Kultur. Wir brauchen einen Ausdruck für den Abschied von der früheren Normalität.

Kunst und Kultur haben das Potenzial, die Verbindung unter uns zu schaffen, die wir brauchen. Lea sagt: Hören wir auf, immer auf den Klimakanzler und den untätigen Verkehrsminister zu starren. Der Wandel wird von der Zivilgesellschaft ausgehen. Promis sind dabei hilfreich. Es müssen aber nicht immer die herausgehobenen Figuren sein. Die Transformation bedeutet auch eine stärkere Zuwendung, ein sich gegenseitig Halten. Da entstehen Verbindungen, die gut sind. Das ist mutmachend - zumal wir wissen, dass viele Menschen sich einsam fühlen. Insofern braucht es dreierlei im Einsatz gegen die Klimakrise: Wut und Protest auf der politischen Ebene, Angst und Mut auf der menschlichen Ebene - und Nähe zwischen uns. 

Dass wir uns voneinander berühren lassen, ein intensiveres und inklusiveres Miteinander zulassen: In je mehr Nischen das entsteht, desto besser. Wir brauchen das auch, um die Katastrophen, vor denen wir stehen, besser auffangen zu können. Wir wissen, dass Menschen, die gut eingebunden sind, das eher können. Und der Klimakrise angemessen verhalten wir uns dann quasi automatisch.

Zu Gast: Lea Dohm, Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei KLUG, Mitbegründerin und Kopf von Psychologists4Future. Twitter: @LeaDohm

03 Oct 2024#227 Jens-Christian Wagner – Die Verheißung der Ungleichheit00:46:23

Die Zukunft – was für ein Begriff! Sie scheint weit weg, ungewiss, vielleicht sogar bedrohlich. Doch was wäre, wenn wir begreifen, dass es nicht die eine Zukunft gibt, sondern viele? Zukünfte existieren im Plural. Wir haben die Wahl, welche wir anstreben, welche wir gestalten – und welche wir verhindern wollen.

Doch diese Wahl ist hart umkämpft. Jens-Christian Wagner, Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, sieht in unserer Gesellschaft einen erbitterten Streit um die Frage, wie unsere Zukunft aussehen soll. Zwei Modelle prallen aufeinander: ein demokratisches, rechtsstaatliches und ein autoritäres, völkisches. Insbesondere in Thüringen und Sachsen, wo die AfD bei den letzten Landtagswahlen starke Ergebnisse erzielte, ist dieser Konflikt greifbar. "Es stehen tatsächlich verschiedene Modelle der Zukunft zur Wahl", sagt Jens-Christian – und erinnert daran, dass das autoritäre Modell auf historischen Vorbildern fußt, die wir nie wieder erleben wollen.

Jens-Christian, der seit Jahrzehnten in der Gedenkstättenarbeit tätig ist, spricht eindringlich über die Bedeutung der Erinnerungskultur. Für ihn reicht es nicht, nur über die Opfer des Nationalsozialismus zu trauern. Wir müssen auch über die Täter, Mittäter und Profiteure sprechen. Wer waren sie? Warum haben sie mitgemacht? Und was können wir daraus für die Gegenwart und Zukunft lernen? Diese Fragen sind zentral, wenn wir begreifen wollen, wie Gesellschaften in den Abgrund geraten und wie wir verhindern, dass sich Geschichte wiederholt.

Aber wie vermittelt man solch komplexe Themen? Die Gedenkstätten in Buchenwald und anderswo haben ihre Bildungsarbeit umgestellt. Statt kurzer Führungen, die oft wenig Nachhall haben, setzen sie auf intensive Projekte, die tiefes Nachdenken und Reflexion ermöglichen. Das Ziel: Die Besucher sollen nicht nur über die Vergangenheit urteilen, sondern auch über die Gegenwart und Zukunft. Jens-Christian bringt es auf den Punkt: "Geschichte begreifen, für die Zukunft handeln."

Ein Blick in die politische Landschaft zeigt jedoch, dass Wissen allein nicht ausreicht. Rechte Parteien, allen voran die AfD, nutzen Emotionen wie Angst und Wut, um Wähler zu mobilisieren. Fake News und Desinformation spielen dabei eine zentrale Rolle – oft erfolgreicher, als man zugeben möchte. Jens-Christian sieht darin eine gefährliche Entwicklung, die es zu bekämpfen gilt. "Wir dürfen den Populisten und Verschwörungstheoretikern nicht das Feld überlassen", mahnt er. Doch bloße Fakten genügen nicht. Jens-Christian und Michael sind sich einig: Es braucht positive Emotionen, Optimismus und eine klare Vision einer besseren Zukunft, um die Menschen für eine demokratische Gesellschaft zu gewinnen.

Denn am Ende, so Jens-Christian, geht es darum, welche Zukunft wir uns vorstellen und welche wir gestalten wollen. Eine Zukunft, in der die Würde jedes Menschen geachtet wird. Eine Zukunft, die demokratisch, friedlich und menschlich ist. Oder, wie Jens-Christian es formuliert: „Zukunft ist nichts, was man fürchten muss. Sie ist etwas, auf das wir uns freuen können, weil wir sie selbst in der Hand haben.“

Zu Gast: Prof. Dr. Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora und Professor für Geschichte in Medien und Öffentlichkeit an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

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16 Feb 2023#142 Marianne Kuhlmann – Der Witz an der Kreislaufwirtschaft00:41:31

Müssen wir unsere Wirtschaft auf Kreislaufwirtschaft umstellen? Wahrscheinlich schon, allein um irgendeine Aussicht zu haben, unseren Wohlstand zu erhalten und gleichzeitig zumindest annähernd im Rahmen unserer planetaren Grenzen zu bleiben. Das ist aber nicht der Witz der Kreislaufwirtschaft. 

Können wir den Schritt zu einer Kreislaufwirtschaft nutzen, um nahezu alle Bälle von Produkten und industriellen Prozessen neu in die Luft zu werfen und neu zu entwickeln? Gewissermaßen als unverhoffte zweite Chance? Das ist der Witz der Kreislaufwirtschaft. Sagt Marianne Kuhlmann. Sie hat die Plattform „Circularity“ ins Leben gerufen, auf der Unternehmen unterschiedlichster Größe und Branche zusammenkommen, um gemeinsam zu lernen und neue Weisen des Wirtschaftens zu entwickeln. Viele Lösungen im Sinne einer Kreislaufwirtschaft können von einzelnen Unternehmen mangels Größe gar nicht realisiert werden. Viele Stakeholder haben zugleich ein enormes Silowissen. In einer linearen Wirtschaft war das wunderbar; in der zirkulären Wirtschaft müssen wir Kooperation neu lernen. 

Der Begriff „Kreislaufwirtschaft“ bleibt dabei unscharf. Zu sehr ist er, zumindest im Geltungsbereich des Grünen Punkts, mit Recycling verknüpft und wird darauf reduziert. Dass der Schritt zu einer Circularity Economy tatsächlich eine grundlegende Transformation von Organisation, Wertschöpfung, Kooperation und Produktion bedeutet, wird viel zu wenig mitgedacht, sagt Marianne. Wie das funktioniert, ist Gegenstand ihrer Forschung an der ETH Zürich.

Ein wichtiger Schritt hin zu Kreisläufen: Denke bei jedem Produkt mit, wie es wieder in seine Bestandteile zerlegt werden kann. Und was sich nicht wieder trennen lässt, wird gar nicht erst verbunden. Das führt zum Beispiel im Bau zu völlig neuen Materialien und Bauweisen. Ideal wäre, so Marianne, wenn jeder Stakeholder Verantwortung für seine Materialien hätte, solange bis sie in einen neuen Kreislauf überführt sind. Dann würden wir Ressourcen nutzen und nicht verbrauchen. Dann würden wir nicht mehr von Müll sprechen - weil es keinen mehr gäbe. 

Zu Gast: Marianne Kuhlmann, Gründerin der Plattform "Circularity e.V."

13 Jan 2022#78 Gertrud R. Traud - Gehen wir schaffen, statt zu arbeiten!00:35:00

Diese Woche in der Zukunft: 

Eins vorweg: Hier sprechen zwei Optimisten miteinander über Arbeit. Vor uns liegt erheblicher Gestaltungsspielraum. Die Arbeitswelt wird sich grundlegend verändern, vorrangig getrieben von demografischen Faktoren. Dahinter scheint ein neues Bild von sinnvoller Arbeit auf, bei der wir etwas schaffen. So sagt es Getrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen, im Gespräch mit Michael Carl. 

Aus Gertruds Sicht ist die Demografie ein dramatisch unterschätzter Faktor. Oder hat hier irgendjemand Debatten über die Rente im jüngsten Bundestagswahlkampf wahrgenommen? Gertrud sieht deutlichen Handlungsbedarf: Wir müssen jetzt anfangen, einen neuen Generationenvertrag zu entwerfen. Ein paar Justierungen an den üblichen Stellschrauben (etwas weniger Rente, etwas höherer Beitrag, etwas länger arbeiten) wird es nicht mehr tun. 

Gertrud sagt: Es ist Zeit für vermeintlich unangenehme Wahrheiten: Natürlich werden wir alle länger arbeiten. Natürlich wird niemand mit 65+ als Dachdecker auf dem First oder als Bergmann unter Tage arbeiten. Also werden wir lernen, mehrere, ganz unterschiedliche Berufe im Laufe unseres Lebens auszuüben. 

Die Konsequenzen werden wir auf allen Ebenen der Arbeitswelt spüren: Wer sich heute schon schwertut, neue Mitarbeiter:innen zu finden – es wird nicht leichter werden. Was eigentlich bringt die 28jährige Ausbilderin dem nächsten Azubi bei – der mit 50 anfängt? Und, ganz schlicht: Es gibt Berufe, die einfach keiner machen will. Dafür wird dann auch schlicht niemand bereitstehen. Wir unterschätzen immer noch, zu welchen Umwälzungen das zwischen Unternehmen und Mitarbeiter:innen führen wird. Wer gibt hier eigentlich Arbeit und wer nimmt sie? Unsere üblichen Begriffe wie Arbeitgeber und Arbeitnehmer:in suggerieren immer noch, das Unternehmen wäre in der mächtigeren Position …

Eine Konsequenz: Die Wertigkeit vieler Berufe wird sich verändern. Pflege ist nur das augenfälligste Beispiel. Handwerk insgesamt wird wertvoller – und damit erheblich teurer. Wir werden lernen, das gut zu finden. Automatisierung wird hier zusätzlich helfen. Und: Fachkräfte werden beginnen, die Unternehmen, für die sie künftig tätig sein wollen, selbst zu casten. 

Zu Gast in dieser Woche:

Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen-Thüringen

01 Aug 2024#218 Arne Semsrott – Die Freiheit, das Strafrecht und die AfD00:43:24

Unser Diskurs über Freiheit ist ein Armutszeugnis; wir machen die Freiheit kleiner als sie eigentlich ist. In unseren Debatten, in denen wir ständig Verbote wittern und darüber vergessen, dass genau dies eine ganz zentrale Aufgabe von Politik ist: Auszuloten und zu bestimmen, bis wohin wir ein gutes Leben haben wollen - und wo die Grenze dessen erreicht ist. Unspektakulärer geht es kaum. Stattdessen schreien wir vor Aufregung über Bagatellen wie ein Tempolimit und nehmen gleichzeitig Menschen für noch kleinere Kleinigkeiten die Freiheit. Wenige Male Schwarzfahren reicht.

Arne Semsrott ist - neben vielen anderen Projekten - Gründer des Freiheitsfonds. Der Fonds kauft Menschen aus dem Gefängnis frei, teils einen Monat schon für 50€. Seit der Nazizeit ist Schwarzfahren in Deutschland strafbar. Wer mehrfach erwischt wird und den folgenden Strafbefehl nicht zahlen kann, erlebt die deutsche Besonderheit „Ersatzfreiheitsstrafe“. Damit gehen genau die ins Gefängnis, die es gar nicht sollen. Pro Jahr 10.000 Menschen in Deutschland. Inzwischen sind es die Gefängnisse, die beim Freiheitsfonds anrufen und darum bitten, Menschen freizukaufen. Damit ist die Absurdität auf die Spitze getrieben: Der Staat sorgt dafür, dass die falschen Menschen in Haft kommen - und anschließend bittet der Staat private Organisationen, sie dort wieder herauszuholen.

Das Thema ist ein Türöffner, sagt Arne, denn wir haben ein Thema mit der Elendskriminalität. Arme Menschen werden systemisch benachteiligt. Schwarzfahren, Ladendiebstahl, die Liste ist lang. Das Bundesjustizministerium hat ein Gesetz zur Entkriminalisierung angekündigt, so weit hat der öffentliche Druck schon geholfen. Allein: Der Entwurf für das Gesetz kommt nicht. Und er muss bald kommen, sonst vergeht diese Legislatur. Wer also ein paar Minuten hat und das Projekt unterstützen will: Ein Brief an Minister Marco Buschmann oder seien Staatssekretär Benjamin Strasser hilft.

Die Freiheit ist auch aktuell politisch bedroht. Arne hat gerade ein Buch veröffentlicht, das eine Anleitung zum Widerstand bieten soll. Kurz gesagt: Was tun, wenn die AfD und andere antidemokratische Parteien bei den ersten Wahlen tatsächliche Mehrheiten erringen? Die Demokratie wird nicht in einem Knall enden. Die AfD will sie beenden, keine Frage, aber eher in vielen kleinen Schritten. Mehr Menschen in Präventivhaft, Strafanzeigen gegen Journalisten, etc. Die Anknüpfungspunkte sind alle da. Arne sagt: Wir müssen laut sein, es verhindern, aber wirkungsvoll. Und das heißt nicht, den heutigen AfD-Wählern nach dem Mund zu reden und in vorauseilendem Gehorsam erst ihre Talking Points und dann die Positionen zu übernehmen, sondern sich vorzubereiten.

Arne nennt drei konkrete Schritte:

  • Stellen wir uns auf den Wahlabend ein. Wie wird er aussehen, wie sich möglicherweise anfühlen? Wen rufen wir an, um zu sagen: ich bin da?
  • Wie sichern wir die Zivilgesellschaft? Die AfD wird schnellstmöglich den Geldhahn zudrehen wollen, wie können wir Institutionen davon stärker unabhängig machen?
  • Und ein Schritt für alle, die in Behörden arbeiten: Was geschieht, wenn die AfD für mein Amt zuständig wird? Was muss ich umsetzen, welche Informationen kann ich leaken, wie die Prozesse verlangsamen? Arne hat ein ganzes Kapitel seines Buches den Beamten gewidmet, denn ihnen kommt am Ende die Rolle zu, aus AfD-Positionen praktisches Handeln zu machen.

Nicht gesprochen haben Michael und Arne über Fragdenstaat.de. Auch das macht Arne. Nächstes Mal.

Zu Gast: Arne Semsrott, Politikwissenschaftler und Aktivist, leitet das Recherche- und Transparenzportal

10 Apr 2025#254 Alexandra Perl – Als ob jeder zuhören könnte00:38:22

Wer führen will, muss zuerst zuhören können. Doch Zuhören ist keine bloße Technik, kein rhetorisches Manöver. Es ist ein radikaler Akt – ein Innehalten in einer Welt, die vom Senden besessen ist. Alexandra von der Balancing Business Alliance zeigt, dass echtes Zuhören mehr ist als zustimmendes Nicken oder ein geübter Blickkontakt. Es ist ein kognitiver Vorgang, der durch Verhalten sichtbar wird – und durch Haltung wirksam.

In einer Kultur, in der Reden mit Macht gleichgesetzt wird, entpuppt sich das Zuhören als stille Revolution. Wer wirklich hört, gibt dem anderen Raum zur Klärung, zur Erkenntnis, zum Wachsen. Zuhören als Machtverzicht? Vielleicht. Aber vor allem als Machtgewinn – für das Gemeinsame, das entstehen kann, wenn wir uns nicht gegenseitig übertönen, sondern aussprechen lassen.

Zuhören bedeutet, andere Realitäten anzuerkennen, das eigene Ego für einen Moment zu parken und neugierig zu sein auf das, was noch kommt. Es bedeutet, Pausen zuzulassen, nicht nur im Gespräch, sondern auch in der Bewertung. Wer fragt „Was noch?“, öffnet Türen. Wer zuhört, stiftet Resonanz.

In einer Welt aus Templates, PowerPoints und Meeting-Marathons ist echtes Zuhören subversiv. Es unterläuft Hierarchien, entwaffnet Routinen – und kann sogar Konzerne verändern. Nicht mit Checklisten, sondern mit Haltung. Nicht mit Absichtslosigkeit, aber mit Offenheit. Und vielleicht beginnt es ganz leise. Mit einer Bank auf der Straße. Und jemandem, der sagt: „Ich höre dir zu.“

Zu Gast:

Alexandra Perl, Expertin für Zuhörkultur und Gründerin von Balancing Business.

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23 Feb 2023#143 Sara Weber – "Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?"00:47:05

Diese Art von Arbeit wollen wir nicht mehr. Wir haben gemerkt, dass es uns nicht gut geht mit dem alten Typ von Arbeit. Mehr noch: Die Zeit der industriell geprägten Arbeit ist im Grunde schon vorbei. Es wird Zeit, dass die Maschinen uns diese Arbeit abnehmen, endlich abnehmen. Wir haben Besseres zu tun.

Sara Weber ist Autorin, befasst sich mit der Veränderung von Arbeit. Ihr Buch heißt: "Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten?" Sie sagt: Es gibt aktuell keine wirklich gute Antwort auf die Frage, warum ich mich hier eigentlich kaputt arbeiten soll. Warum mache ich das alles? „Für die Miete“ reicht als Antwort nicht mehr. Was aber dann? Mit ihren Thesen spricht Sara vieles an, was auch unter der Überschrift „New Work“ diskutiert wird. New Work ist alles andere als neu, die Grundideen stammen aus den 70er Jahren - es ist aber immer ein Nischenthema geblieben. Und das hat die Pandemie verändert: Unfreiwillig hat die Pandemie dafür gesorgt, dass wir alle gleichzeitig gelernt haben: Es geht anders. 

Der Wandel der Arbeit ist eine Frage der kritischen Masse, sagt Sara. Sobald ausreichend Druck entsteht, wird das System nachgeben. Und der Druck wächst. Sehr viele Menschen würden gerne weniger arbeiten. 75% wollen die 4-Tage-Woche, 50% Teilzeit. Nicht nur junge Menschen, nicht nur Frauen. Das Bedürfnis zieht sich durch alle demographischen Gruppen. Was wir schaffen müssen, betont Sara, ist, von den individuellen Lösungen wegzukommen. Wie in der Klimakrise: Wer den Hebel immer nur beim einzelnen sucht, wird nichts verändern. Wer über ein „Du bist schuld, wenn du deine Arbeit nicht schaffst“ und „Wenn du überlastet bist, dann musst du dich besser organisieren“ und „Du hast dir diesen Job ausgesucht, dann darfst du dich nicht beschweren“ nicht hinauskommt, schreibt die alte Normalität der Arbeit immer weiter fort. Yoga und Resilienztraining helfen nicht, wenn es eigentlich große politische und wirtschaftliche Veränderungen braucht. 

Verraten wir mit dem Abschied vom alten Typus der Arbeit auch alte Werte? Sara kontert: Wir kennen alle diese Erwartungen: Nur wer mit Leidenschaft arbeitet, ist gut. Nur wenn du deinen Job liebst, dann bist du etwas wert. Und um das zu beweisen musst du die ganze Zeit arbeiten - und dabei lächeln. Dies sind doch keine alten Werte. Wir haben einen Wert unabhängig von unserer Produktivität - in Unternehmen, in Gesellschaft.  

Wenn wir doch aber diese Form von Arbeit nicht mehr wollen: Warum hauen wir nicht auf den Tisch? Sara schätzt, dass wir dafür einfach zu müde und erschöpft sind. Dann sollen wir noch die Energie aufbringen, für etwas zu kämpfen, von dem wir nicht wissen, ob es Wirklichkeit wird? Zu viele Menschen haben gerade nicht die Energie, sich um einen Aufstand zu kümmern. Noch ist keine Bewegung gewachsen, die für eine andere Arbeit streitet, der man sich einfach anschließen könnte. Saras Erwartung ist: In drei bis fünf Jahren werden zwar noch nicht alle Menschen anders arbeiten. Die Debatte um andere Arbeit wird aber überall angekommen sein und wir werden zahlreiche neue Lösungen im Raum sehen. Eine Konsequenz: Wer sich als Personaler:in heute noch nicht konkret mit dem Wandel der Arbeit befasst hat: Jetzt wäre der Zeitpunkt. 

Zu Gast: Sara Weber, Autorin von Die Welt geht unter, und ich muss trotzdem arbeiten? 

09 Nov 2023#180 Roda Verheyen – Last Exit Klima-Klage00:41:32

Was hilft, wenn sonst gar nichts mehr hilft? Wenn Konzerne weiter Geschäfte mit Öl machen, keine klimaverträglichen Lösungen entwickelt werden - und sogar Recht und Gesetz nicht ausreichen? Dann muss man eben den Staat verklagen. Einige Jahre Ausdauer später könnte der 24. März 2021 kommen. Der Tag, an dem das Bundesverfassungsgericht seinen Klimabeschluss gefasst hat. Ein Paukenschlag, so nennt es die Anwältin, die den Beschluss erstritten hat: Roda Verheyen aus Hamburg.

Was macht den Beschluss zum "Paukenschlag"? Es sind die "Intertemporalen Freiheitsrechte". Kurz gesagt: Wenn unser heutiges Verhalten die Freiheit künftiger Generationen zu sehr einschränkt, müssen wir es heute anders machen. Und da wir das nicht freiwillig tun, muss der Gesetzgeber eben dafür sorgen. Das Klimaschutzgesetz von 2021 war damit Makulatur und wurde in der Folge auch erheblich nachgebessert. Zahlreiche Prozesse bauen inzwischen auf dieser Logik auf, national wie international.

Und ist jetzt alles gut? Natürlich nicht. Insofern mündet der Paukenschlag auch in eine gewisse Ernüchterung. Die Emissionen steigen, Sektoren wie zum Beispiel der Verkehr reißen alle Ziele und der verantwortliche Minister wird dafür belohnt, indem er künftig gar keine Sektorenziele mehr erfüllen muss. Roda sagt: Aufgeben ist keine Option, das wäre ja noch schöner.

Zu den Prozessen gegen unzureichende Gesetze kommen die Prozesse gegen Konzerne. Aktuell treibt Roda die Klage gegen VW voran. Wäre sie erfolgreich, müsste VW bereits 2030 aufhören, neue Autos mit Verbrennungsmotor zu verkaufen. Weltweit. In den ersten Instanzen ist die Klage gescheitert, dann eben Berufung. Immer weiter machen. Konzerne sind auch deshalb wichtig, weil sie weit jenseits der Gesetze einzelner Länder handeln können. Aber auch hier gilt: Last Exit Klima-Klage. Der Weg über Prozesse ist lang, er ist riskant, aber er ist demokratisch - und etwas besseres haben wir nicht. Also ran an den nächsten Schriftsatz.

Die Aufarbeitung des abenteuerlichen Streits um das Gebäude-Energie-Gesetz, über das Roda und Michael gesprochen haben, findet sich hier beim Volksverpetzer. Bei dieser Gelegenheit: Unterstützt den Volksverpetzer, er leistet Großartiges.

Zu Gast: Dr. Roda Verheyen, Rechtsanwältin und Mitglied des Hamburgischen Verfassungsgerichts.

24 Apr 2025#256 Timo Daum – Wem gehört eigentlich die KI?00:40:02

Timo Daum bringt einen gedanklichen Präzisionsschlag ins Spiel: Künstliche Intelligenz ist keine neutrale Zukunftstechnologie, sondern ein Vehikel kapitalistischer Verwertungslogik. Wer über KI spricht, darf nicht bei ethischen Extremszenarien verweilen, sondern muss sich mit den Machtverhältnissen ihrer Entwicklung auseinandersetzen. Google, Meta, Baidu – sie bestimmen, was möglich ist, weil sie über Daten, Kapital und globale Infrastrukturen verfügen. Europa hingegen erscheint als digitaler Kolonialraum: techniknutzend, aber nicht technikprägend.

Der Vergleich zur chemischen oder automobilen Basistechnologie ist treffend. KI wird unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Rückgrat formen – aber wer bestimmt die Richtung dieser Wirbelsäule? Daum plädiert nicht für kulturpessimistisches Lamentieren, sondern für einen aufgeklärten industriepolitischen Impuls: Europa soll gestalten, nicht nur reagieren. Ein europäischer „Digital-Airbus“, gemeinsam getragen, regulatorisch eingebettet und gesellschaftlich ausgerichtet, wäre mehr als Symbolpolitik – er wäre eine Notwendigkeit.

Und doch schwingt auch eine Bewunderung für die entfesselten Produktivkräfte mit – ganz im Sinne von Karl Marx. Die Dynamik, mit der Technologien wie ChatGPT global durchstarten, ist faszinierend. Millionen Menschen testen, trainieren, treiben voran. Die Frage ist nur: Wer profitiert? Wenn wir keine Entscheidung treffen, werden andere sie für uns treffen – im Silicon Valley oder in Shenzhen. Es geht um Selbstermächtigung im digitalen Zeitalter.

Zu Gast:

Timo Daum, Autor und Gastwissenschaftler am Wissenschaftszentrum Berlin

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15 Sep 2022#120 Markus Stelzmann – Die erfolgreiche Organisation der Zukunft00:44:05

Diese Woche in der Zukunft:

Meinen wir Transformation und Wandel in Unternehmen ernst? Also wirklich? Und wieviel "New Work" bleibt doch an der Oberfläche, im Arbeitskreis, wird nie wirksam? Tele Haase, hoch spezialisierter Steuergerätehersteller in Wien, nennt es nicht New Work, sondern sinnvolle Arbeit, hat aber schon vor zehn Jahren den Schritt hin zu einem demokratischen Unternehmen gemacht - und ist heute wirtschaftlich erfolgreicher denn je. Markus Stelzmann ist selbst aus der Rolle des Geschäftsführers herausgetreten; nicht nominell, aber faktisch. Im Gespräch mit Michael beschreibt er die Lernreise seines Unternehmens.

Die Teams entscheiden über Produkte, Preise, Vertrieb. Nicht leichtfertig, aber umso sachkundiger. Jede:r bei Tele soll den Mut haben, die eigene Aufgabe überflüssig machen zu wollen, und das Vertrauen, dass sich eine neue Aufgabe bei Tele finden wird.

Wer das ernsthaft will, der muss Kompetenzen schaffen. Bei Tele können alle Mitarbeiter zumindest die Grundlagen der Bilanz lesen. Transparent und zugänglich sind die Zahlen ohnehin. Also lernen alle Stück für Stück, unternehmerisch zu denken. Und wer sich ausgründen will, wie schon mehrfach geschehen, wird zum B2B-Partner von Tele - alle profitieren.

Stichwort "ernsthaft": Wer sich den Tele-Kosmos als Bällebad mit viel Tagesfreizeit vorstellt, muss sich wahrscheinlich selbst vom Gegenteil überzeugen. Die Mitarbeiter:innen selbst regulieren die Kultur - und trennen sich durchaus auch von denen, die nicht passen.

Für die erfolgreiche Organisation gibt es keine Blaupausen mehr, keine Schablonen, die wir nur auf die eigene Organisation übertragen müssten. Tele übersetzt das: Experimentieren, lernen, machen, ändern - und wieder von vorn.

Tele ist inzwischen ein Lernort geworden. Hier lernt die Organisation. Hierher kommen Menschen und Teams und probieren sich aus. So viele, dass Markus inzwischen einen Spielplatz dafür eingerichtet hat, den "Organisation Playground".

Diese Woche zu Gast:

Markus Stelzmann, Gesellschafter und Geschäftsführer von Tele Haase und Organisation Playground

23 Jul 2021#12 Digitale Infrastruktur in Deutschland00:36:31

Diese Woche in der Zukunft:

Wie ein Automobilhersteller das autonome Fahren erst verpasst und dann dennoch wieder anschlussfähig wird: Hyundai hat sich mit 80% Mehrheitsanteil an Boston Dynamics, einer der nach allgemeiner Einschätzung weltweit führenden Entwickler mobiler Robotik, das Know-how für autonomes Fahren gesichert. Damit möchte das südkoreanische Unternehmen nicht nur im Automobilbereich wieder zukunftsfähig sein, sondern auch gleich im Geschäft mit Flugdrohnen und Smart Factory mitreden. Wer nicht forschen will, muss einkaufen. Ein Beispiel auch für die deutsche Automobilbranche?

Garantiert ein gutes Beispiel für Gestaltung und Organisation von Zusammenarbeit: Teil zwei unserer Learnings vom Web Summit 2020. Michael Carl berichtet von unseren Erfahrungen im carl institut mit dem Tool Workplace Brandprint. Wenn Sie möchten, laden Sie es herunter, probieren es aus und geben uns Feedback!

Wie ist das eigentlich, wenn man zeitgleich verantwortlicher Minister für Infrastruktur und Digitalisierung ist? Kann man sich dann bei sich selbst beschweren, wenn der Internetausbau zu lange dauert? Christian Pegel, Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, gibt im Gespräch mit Michael Carl Einblicke in seine Arbeit und seine Zukunftsperspektiven. Kleiner Spoiler: Für ihn ist autonomes Fahren in zehn Jahren Alltag – und 5G an jeder Milchkanne eine Selbstverständlichkeit.

Die Gäste dieser Woche:

Christian Pegel, seit 2016 Minister für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (SPD) – (vorher Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung seit 2014) und SPD-Landtagsabgeordneter für die Universitäts- und Hansestadt Greifswald.

01 Sep 2022#118 Bob Blume – Normale Schule ist radikal anders!00:46:16

Diese Woche in der Zukunft: 

Bob Blume ist Lehrer und Blogger, Autor und Bildungsinfluencer, kurzum: Er ist Lehrer mit Leidenschaft und streitet für eine gute Schule. Bob sagt: Gute Schule ist ganz leicht. Wir brauchen Personal, Raum, Zeit und Ressourcen. Mehr nicht. Im Sinne einer verbindlichen Flexibilität können Schulen sich damit zu einem Bildungsort entwickeln. Denn drunter geht es nicht: Schule muss attraktiv sein, ein Ort, an den alle gerne kommen wollen, Schüler:innen, Lehrkräfte und zahlreiche weitere Experten. Das ist das einzige „normal“, das wir an der Schule noch akzeptieren wollen. 

So sieht eine Schule für heute und morgen aus: Konzentration auf grundlegende Kompetenzen in den ersten fünf Jahren: Lesen, Schreiben, Rechnen, Reden, Coden. Gleitzeit für alle. Die Lehrer:innen werden Mentor:innen; ihre Aufgabe ist es, Lernprozesse zu begleiten und zu unterstützen. Noten gibt es keine, nur die Stufen: nicht bestanden, bestanden, mit Auszeichnung. Statt Abiturzeugnis schickt die Schule Empfehlungsschreiben an ausgewählte Universitäten. Und weil Schule mehr ist als angewandte Berufsvorbereitung, bereitet die Schule auch auf alles das vor, was Menschen nach Feierabend mit Leidenschaft tun. 

Das, da sind Bob und Michael sich schnell einig, wollen wir von jetzt an eine „normale Schule“ nennen. Die Entwicklung und in Teilen radikale Veränderung, das muss das Normale sein. Der Rest, der sich nicht bewegt, darf in unseren Augen nicht die Norm sein; nennen wir es rückständig, verstaubt, eingeschlafen, ganz nach Belieben. 

Eine solche neue normale Schule sollte auch kaum Schwierigkeiten haben, ausreichend Lehrkräfte anzuziehen und auf Dauer für die wunderbare Aufgabe von Schule zu begeistern: Kinder bei der Entwicklung zu unterstützen und in ihnen das Gefühl wachsen zu sehen: Mir steht die Welt offen. Wovon wir uns guten Gewissens verabschieden können, ist das Bild des allwissenden Lehrers, der möglichst viel Wissen in möglichst knapper Zeit in die Schülerhirne bringt. Herr Lehrer, muss ich mir das aufschreiben oder kommt das in der Klausur gar nicht dran? 

In der Folge kommen Bob und Michael auch auf Micha Pallesche zu sprechen, den Leiter der Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe. Er war in Folge 75 „Digitale Bildung ist möglich“ hier im Podcast zu Gast. 

Zu Gast in dieser Woche:

Bob Blume, Lehrer, Bestseller-Autor, Blogger und Bildungsinfluencer, @blume_bob

Buch: “10Dinge, die ich an der Schule hasse” 

18 Jul 2024#216 Jutta Rump – Zwischen Freizeithunger und Arbeitsunlust00:44:59

Kurzfassung: Das mit der Arbeit wird gerade wirklich komplex. Für Unternehmen bedeutet das: Sie müssen den Umgang mit den Menschen erheblich professionalisieren. Sonst ziehen sie auf dem Jobmarkt bald nicht mal mehr den Kürzeren und gefährden ihre Existenz. So einfach. Das sagt Jutta Rump. Sie ist Professorin an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen und leitet das Institut für Beschäftigung und Employability.

Etwas längere Fassung: Wir sehen einen Trend zu mehr Selbstbestimmung im Beruf. Und gleichzeitig den Gegentrend zu mehr Fremdbestimmung. Einerseits partizipative Führung, mobiles Arbeiten, Führen über Aufgaben, etc. Der Gegentrend ist besonders dort sichtbar, wo Automatisierung im Spiel ist. Exakt definierte Prozesse, ohne die Möglichkeit, heute mal abzuweichen. KI verstärkt das noch und ist da im Moment gerade wenig kooperativ. Welcher Trend wird sich durchsetzen? Jutta sagt: Beide. Wir haben es mit einer Polarisierung zu tun und die Extreme verstärken sich.

Worüber wir nachzudenken haben, ist der Begriff der Zeit. Warum heißt es Frei-Zeit? Ist diese Zeit frei, also verfügbar, nur weil sie nicht bezahlt wird? Man frage kurz alle Alleinerziehenden. Oder die Menschen, die Angehörige pflegen. Oder oder oder. Freizeit ist meist pure Fiktion. Insofern hilft es auch nicht, wenn Unternehmen über den angeblichen „Freizeithunger“ der Menschen lamentieren. Denn zugleich: Was ist mit der Arbeitszeit? Wem kommt es eigentlich zu Gute, wenn eine Aufgabe dank KI in der halben Zeit zu erledigen ist? Hier entsteht Zeitwohlstand. Gehört der dem Unternehmen, das weitere Aufgaben verteilen kann? Oder den Mitarbeiter:innen, die früher Schluss haben? Oder müssen wir über diese Fragen verhandeln? Ja absolut, sagt Jutta. Und da, wo wir dazu noch nicht die Fähigkeiten und die Kultur in Unternehmen haben, da brauchen wir eben: mehr Professionalität.

Jutta nennt es den Klebe-Effekt. Menschen sollen im Bewerbungsprozess am Unternehmen kleben bleiben. Und später auch. Und dafür braucht es nicht das Jobrad, sondern: Professionelles Lernen, Führung, Teamkultur, Gesundheit, Balance. Natürlich ist das kein Wunschkonzert; es geht darum, gemeinsam zu erarbeiten, was passt und was nicht geht.

Für Jutta läuft es letztlich auf eine Frage hinaus: Wie gibst du Menschen Sicherheit, in einer Welt, in der es keine Sicherheit mehr gibt? Transparente Kommunikation und professioneller Umgang miteinander sind nötig. Diese Notwendigkeit besteht heute schon - und sie wird noch wachsen, dank der Demografie. Wer hier nicht mithalten kann, wird seine Stellen nicht besetzen können. Dann landet die Arbeit auf den Schultern derer, die noch da sind - bis die dann auch gehen. Ende.

Der Artikel aus der FAZ, über den Jutta und Michael sprechen, ist hier abrufbar: https://archive.is/CfVKD

Zu Gast: Prof. Dr. Jutta Rump, Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Internationales Personalmanagement und Organisationsentwicklung an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen. Darüber hinaus ist sie Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen (IBE) 

27 Mar 2025#252 Dirk Neubauer – Mehr Wut in der Demokratie!00:47:31

Wut kann eine transformative Kraft sein – wenn sie sich nicht in ohnmächtiger Empörung erschöpft, sondern zur Tat drängt. Dirk Neubauer ist wütend, und er wünscht sich, dass mehr Menschen es wären. Nicht über Streiks an Flughäfen oder den nächsten kleinen Ärger des Alltags, sondern über das große Versagen: das politische, mediale und gesellschaftliche Unvermögen, sich den Herausforderungen der Gegenwart ehrlich zu stellen.

Dirk sieht den Grundfehler in einer Politik, die den Menschen nicht mehr zumutet, was notwendig ist, sondern ihnen erzählt, was sie hören wollen. Die Wahrheit wurde geopfert, um Wahlen zu gewinnen, um Stimmungen zu bedienen. Das Ergebnis: eine verunsicherte Gesellschaft, die sich in einfachen Antworten flüchtet und populistischen Heilsversprechen verfällt. Doch die eigentliche Krise liegt tiefer – in einem System, das sich selbst gelähmt hat.

Seine Lösung ist radikal und pragmatisch zugleich: eine Erneuerung von unten. Politik muss wieder bei den Menschen ansetzen, sie befähigen, ihre Lebensrealität mitzugestalten. Die lokale Ebene ist die Herzkammer der Demokratie – dort entscheidet sich, ob sie lebt oder kollabiert. Weniger bürokratische Gängelung, mehr Selbstwirksamkeit. Ein Dorf, das über seinen Sportplatz entscheiden kann, erfährt Demokratie direkter als durch ferne Versprechungen aus Berlin.

Dirks Vision ist keine Utopie, sondern eine Rückbesinnung auf das, was Demokratie stark macht: Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und den Mut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Wer nicht mehr glaubt, dass Veränderung möglich ist, hat schon verloren. Seine Botschaft: Macht euch wieder selbst wirksam – bevor es zu spät ist.

Zu Gast:

Dirk Neubauer, Autor und ehemaliger Landrat Mittelsachsens.

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03 Nov 2022#127 Jess Koch – HR der Zukunft macht sich überflüssig00:42:32

Diese Woche in der Zukunft: 

Wofür brauchen wir HR in der Zukunft? Verträge? Nein. Gehälter? Nein. Alle technischen Vorgänge lassen sich perfekt automatisieren, mindestens auslagern. Coaching für das ganze Unternehmen läuft vielfach ins Leere, die Verantwortung für die persönliche und fachliche Entwicklung der Mitarbeiter:innen gehört in die Hände eben dieser Mitarbeiter:innen. Bleibt die Recherche nach guten Kursen und Trainer:innen. Aber sich dafür eine ganze Abteilung leisten? Jess Koch, Agile Coach und eine der inspirierendsten und leidenschaftlichsten Streiter für gutes HR beschreibt „die HR“ der Zukunft als weißes Blatt Papier. Die gute Personalabteilung arbeitet hart daran, sich selbst überflüssig zu machen.  

Auf dem Weg dahin liegt eine ganz handfeste Verschiebung von Macht, weg von der Hierarchie oder Zentralabteilungen hin zum:r einzelnen Mitarbeiter:in. Warum sollte es jemals eine gute Idee gewesen sein, dass diejenigen, die selbst am besten wissen, was sie für ihre Arbeit und die eigene Entwicklung brauchen, andere fragen müssen, ob sie das auch dürfen. Andere, die sich logischerweise weniger gut mit den individuellen Bedürfnissen auskennen. Die latent patriarchale Haltung einer zentralen HR – „Wir wissen schon, was gut für euch ist. Und für unser Budget.“ – hat ebenso ausgedient wie pyramidale starre Strukturen. 

Jess schildert: Fragt er 10 Personaler:innen, wer ihre Kunden sind, so werden mindestens 9 von 10 antworten: Meine Kunden sitzen im Unternehmen, die wichtigsten in der Geschäftsleitung, dazu Betriebsrat, Führungskräfte, vielleicht noch die Mitarbeiter:innen. Am Ende sind zehn unterschiedliche Gruppen genannt. Die einzige Gruppe, die allerdings regelmäßig fehlt, sind die Kunden des Unternehmens. Das ist vielfach das Kernproblem von HR: In der alten, vorhersehbaren Welt waren die Prozesse so angelegt, dass Sie nur für HR intern funktionierten. Beliebig zu optimieren und in der Effizienz zu steigern – und werden doch mit der Komplexität der Gegenwart nicht fertig. Und schon gar mit der Komplexität der Zukunft.

Unser Fazit: Wir sollten alle dafür sorgen, uns überflüssig und transparent zu machen, dann können wir entspannt in den Urlaub fahren und müssen unsere Kollegen und Vorgesetzte auch nicht mehr damit erpressen, Wissen zurück zu halten und uns damit unkündbar zu machen.

Zu Gast in dieser Woche:

Jess Koch, Agile Trainer, Coach und Berater bei HR Pioneers

21 Jul 2022#112 Matthias Dersch – Die Zukunft des Fußballs00:38:12

Diese Woche in der Zukunft: 

Der Zuschauer reibt sich verwundert die Augen. Die Zuschauerin auch. Die EM der Frauen zeigt einen Fußball, der einen erheblichen Qualitätssprung gemacht hat. Matthias Dersch, Reporter beim kicker, sagt: Einer der Gründe für diese Verwunderung ist: Es schaut normalerweise keiner hin. Die Entwicklung läuft längst. Wenn es eine Zielgruppe für attraktiven, schnellen und hochwertigen Fußball gibt, die gleichzeitig weder Ronaldos Millionengage noch eine WM in Katar wollen: Frauenfußball hat das Potenzial, in diese Lücke zu stoßen und damit ein Stück Zukunft zu werden. 

Bei aller fundierten Kritik: Die Blase Fußball wird nicht platzen. Die Stadien der WM in Katar werden voll sein, auch mit deutschen Fans. Die Spieler werden weiterhin auf ihre Profile bei FIFA achten, weil sie wissen, dass daran die Anzahl der verkauften Trikots mit dem eigenen Namen hängt. Allerdings hat sich der Fußball längst in mehrere, ganz unterschiedliche Welten aufgespalten. Der jüngste Versuch, eine kleine, teure europäische Liga aufziehen, ist zwar noch krachend gescheitert. Allerdings fragt Matthias, ob es nicht ehrlich wäre, die ohnehin bestehende Spaltung auch anzuerkennen. Bayern München und Greuther Fürth haben gerade in einer Liga gespielt – und eben doch nicht. 

Der Fußball der Zukunft wird nicht mehr schneller werden, er wird sich vor allem professionalisieren. Nachwuchsstars, die ihr Leben tatsächlich 24/7 der Profi-Disziplin unterordnen. Vereine, die die letzte Million nicht für einen weiteren mittelmäßigen Stürmer ausgeben, sondern für Physio, Koch und Mentaltrainer. Und dann noch einen Data Scientist einstellen und einen Experten für die Kommunikation der komplexen Erkenntnisse aus den Daten an jeden einzelnen Spieler. 

Geht die Schere im Fußball in den kommenden Jahren weiter auseinander? Matthias hofft: nein. Und erwartet: ja. 

Zu Gast in dieser Woche:

Matthias Dersch, Reporter kicker mit den Schwerpunktthemen BVB Dortmund und Nationalmannschaft

#Timecodes zur Folge:

• Begrüßung

• 01:50 EM der Frauen

• 10:00 Wann platzt die Blase?

• 17:01 / 28:09 Technologie

• 20:10 Finanzen

24 Nov 2022#130 Marco Scheel – Wir können nicht alle mit dem MacBook in Kreuzberg im Café sitzen00:35:30

Diese Woche in der Zukunft: 

Ein YouTube-Held der anderer Art. Marcos Schimpftiraden über die Schwierigkeiten, seinen alten Gutshof bei Wismar ausbauen zu dürfen, sind längst viral gegangen. „Nordwolle“ platzt aus allen Nähten; ein alter Stall soll zur Produktionshalle für Wolljacken werden. Ein konsequent nachhaltiges Unternehmen in der mecklenburgischen Provinz, lokale Wertschöpfung, ökologischer Mehrwert, Arbeitsplätze. 

Marco setzt auf Wolle von Schafen, die vor kurzem noch als Dünger auf dem Acker untergepflügt wurde. Keiner wollte sie haben oder gar verarbeiten. Schon gar nicht tragen. Stattdessen gehen Funktionsjacken aus Kunstfasern über den Ladentisch. Marco sagt: „Die Leute sehen mit ihrer Ausrüstung aus, als könnten sie gerade den K2 besteigen, schieben aber einen Kinderwagen durch Kreuzberg. Da denken wir: Es muss jetzt nicht unbedingt die faserverstärkte Mülltüte sein. Wolle kann das auch supergut leisten und in den meisten Anwendungsgebieten sogar besser.“

Nachhaltigkeit ist für ihn selbstverständlich – aber eben nicht genug. Wenn wir nur künftig keinen Schaden anrichten wollen, was wird dann aus den Schäden, die wir dem Planeten bereits zugefügt haben? Marco schaut hier vor allem auf die Schafe: Richtig gehalten, geben sie der Welt einen ökologischen Mehrwert, heilen das Ökosystem, in dem sie leben. 

Marco hat Nordwolle ohne jede Anschubfinanzierung aufgebaut; schon Jacke #1 musste Geld verdienen, um die nächste herstellen zu können. Inzwischen, nach knapp zehn Jahren, hat er 30 Mitarbeiter:innen und macht mehrere Mio € Umsatz pro Jahr. Das Wachstum wird auch noch weitergehen, allerdings nicht mehr lange. 

Seine These: Vernünftig wirtschaften kann man nur bis zu einer bestimmten Unternehmensgröße. Noch ist alles transparent. Noch kann Marco genau sagen, woher die Wolle kommt, wie die Schafe gehalten werden, wer die Jacke genäht hat und was alles drin ist. Die Großen der Branche können das nicht. Sie verlassen sich auf Zertifikate. Aber Zertifikate sollen nur den Mangel intransparenter Märkte ausgleichen. Marco will die intransparenten Märkte abschaffen. 

Das ist, neben einigem anderen, vor allem: Arbeit. „Wenn wir unseren Planeten so heilen wollen, wie ich das hier schildere, dann geht das nur mit extrem viel Arbeit - und wir brauchen jede Hand, die wir kriegen können.“ Auch das ist Zukunft von Arbeit, nicht nur der Chai Latte am MacBook in Berlin-Mitte.

Zu Gast in dieser Woche:

Marco Scheel, Gründer von Nordwolle Rügen 

28 Jul 2021#27 Exponentielles Wachstum00:38:55

Diese Woche in der Zukunft:

Halten wir fest: Wir Menschen sind kognitiv schlecht dafür ausgerüstet, mit exponentiellem Wachstum umzugehen. Dennoch sind wir davon umgeben: Sei es die Ansteckungsrate mit SARS-CoV-2, unser Beitrag zur CO2-Menge in der Atmosphäre, die Papierproduktion, der weltweite Tourismus etc. Umso dringlicher müssen wir lernen, mit diesem Mechanismus umzugehen. Christian StöckerSpiegel-Kolumnist und Kognitionspsychologe, beschreibt in seinem Buch „Das Experiment sind wir“ anschaulich, was exponentielles Wachstum für unsere Lebens- und Arbeitswelten bedeutet. Im Gespräch mit Michael Carl erklärt er, was exponentielles Wachstum mit unserem Jahrhundert der Krisen zu tun hat und zeigt dabei hoffnungsvoll mögliche Lösungswege auf. Kleiner Spoiler: Mehr Bildung für alle!

Seit fast einem halben Jahr sind die neuen Gaming-Konsolen von Sony und Microsoft auf dem Markt und wegen der Pandemie sollte man ohnehin nicht vor die Tür. Eine ideale Situation für Gamer also. Oder nicht? Der stationäre Handel hat weitestgehend geschlossen und online sind die neuen Konsolen – dank trickreichen und von Bot-Armeen unterstützten Resellern – kaum zu bekommen. Ein Teufelskreis an first world problems. Werfen wir also einen Blick auf das rein digitale Cloud Gaming. Ist das die Zukunft des Gamings? Zudem: Über viele Jahre war die Hardware der Treiber von Innovation im Gaming – wird die Branche ihre Innovationskraft erhalten können? Tech-Experte Nils Bote übernehmen Sie!

Letzte Woche haben wir bereits unser Projekt zum re:start nach der akuten Phase der Pandemie vorgestellt: „Creating the better normal“. Jetzt wird es konkret: Wir suchen Autor:innen, die sich mit ihrer Perspektive auf ein „better normal“ in die Debatte einbringen möchten. Genau jetzt ist es Zeit, sich aktiv auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten, das künftige Normal zu entwerfen, zu diskutieren und zu gestalten: Wie wollen wir arbeiten und zusammenarbeiten? Wie wollen wir kommunizieren, wie integrieren, wie entscheiden und wie leben?

Wir werden im Mai einen Sammelband veröffentlichen, der genau diese Diskussion antreibt und abbildet: „Creating the better normal: re:start 2021“. Wir wünschen uns 20 unterschiedliche Beiträge zu je rund 10.000 Zeichen bis Ende April. Gerne zugespitzt, persönlich, mutig und neugierig. Wir machen ein Buch draus und veröffentlichen noch im Mai.

Kontaktiert Michael Carl einfach per Mail an michael@future-carl.institute oder kommentiert gerne bzw. markiert jemanden in seinem LinkedIn-Artikel, der unbedingt dabei sein sollte.

Die Gäste dieser Woche:

Christian Stöcker, Kognitionspsychologe, Professor für Digitale Kommunikation an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), BuchautorSpiegel-Kolumnist und Nerd

Nils Bote, Technologie-Experte, Early Adopter, Digital-Enthusiast

14 Dec 2023#185 Martin Bethke – Das kann sogar ein CEO verstehen00:40:39

Wahrscheinlich muss man es einfach herunterbrechen: Wir haben nur einen Planeten und mit dem müssen wir auskommen. Mit dem Planeten und dem, was darauf ist. Das kann sogar ein CEO verstehen, wenn er im Geschäft bleiben möchte. Nur je später wir anfangen, desto schwieriger wird es. Also wäre es doch ganz gut, heute anzufangen, sagt Martin Bethke, Autor, Berater und Speaker rund um das Thema Nachhaltigkeit. 

Die Frage der Nachhaltigkeit ist im Grund ganz schlicht: Kann ich das, was ich da draußen tue, eigentlich vor mir selber verantworten? Und wenn nein, warum handele ich dann nicht jetzt schon? Das Problem sind aber oft die Denkmuster dahinter. Was sichert unseren Wohlstand? Was ist Wachstum? Letztlich auch: Was ist wirklich wichtig, was wollen wir erreichen? Unsere üblichen Denkmuster stehen uns schon gehörig im Weg, wenn wir über Nachhaltigkeit reflektieren. Tenor: Kann ja sein, dass die Möglichkeiten begrenzt sind; ich möchte trotzdem viel, sollen die anderen halt weniger nehmen - und übrigens bin ich so ein toller CEO, weil ich genau das kann: Auf Kosten anderer leben.

Was treibt die Nachhaltigkeit? Martin setzt auf einen Dreiklang aus Wissen (Stichwort: Earth Overshoot Day), erwünschter Langlebigkeit (Was wollen wir der nächsten Generation hinterlassen?) und Regulatorik. Letzter wirkt wahrscheinlich am stärksten. Dennoch ist, wer immer sich für Nachhaltigkeit einsetzt, oft ein eher ungewollter Akteur. Letztlich halten wir uns mit der Forderung nach mehr Nachhaltigkeit ja auch den Spiegel vor: Gerade weil wir seit Beginn der Industrialisierung nicht nachhaltig gewirtschaftet und gelebt haben, müssen wir nun umso mehr die Transformation suchen. Es möchte eben nicht jeder daran erinnert werden, dass wir uns die Suppe selbst eingebrockt haben. 

Martin plädiert für einen pragmatischen Optimismus: Wir schaffen das, wir können in der Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft weit genug kommen und auch schnell genug sein. Wir haben das nötige Ambitionsniveau, wir haben die Erkenntnisse. Das Problem ist einzig die Umsetzung. Das aber, sagt Martin, ist auch eine gute Nachricht, denn wir haben es in der Hand. Wir müssen es nur tun. 

Die erwähnte Folge mit Marcel Fratzscher ist Folge 168 dieses Podcasts. 

Zu Gast: Martin Bethke, Autor, Berater und Speaker zur Nachhaltigkeit

04 Aug 2022#114 Carina Frei - Female Empowerment00:35:19

Diese Woche in der Zukunft:

“Boost your performance, not your boobs.” Carina Frei ist Autorin und Keynote-Speakerin, Female Empowerment ist ihr Thema. In Seminaren und Coachings unterstützt sie Frauen bei ihrer Entwicklung. Frauen wie Männer haben gelernt, Frauen mit dem male gaze, dem männlichen Blick zu betrachten und zu bewerten. Carinas Credo: Es liegt an den Frauen selbst, aktiv zu werden und an ihrer Lage etwas zu verändern. 

Für Carina wird der Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Karriere sichtbar – und änderbar. Während Männer Räuberleitern bilden und sich gegenseitig auf dem Weg nach oben unterstützen, greifen Frauen viel zu häufig auf anerzogene Muster von Neid und Konkurrenz zurück und ziehen sich auch noch gegenseitig herunter. Die einen kommen hoch – die anderen halten sich mit blabla auf. Hier ins Handeln zu kommen, da beginnt für Carina Female Empowerment. 

Der Unterschied zwischen Männern und Frauen beginnt schon in der Sprache. Männer sagen an, Frauen bitten um Entschuldigung. Man versuche einmal, für die eigene Tochter ein T-Shirt zu kaufen mit Superhelden statt Glitzer. Carina hängt jedes Mal beim Einkaufen die coolen NASA-Shirts aus der Jungsabteilung in die Mädchenabteilung um. Es ist das Thema der Bikini-Figur: Muss ich erst fragen, ob ich es mir erlauben kann? Oder hat nicht jede eine Bikini-Figur, die einfach im Bikini an den Strand geht? 

Carinas zunächst eher pessimistische Einschätzung: Wir befinden uns auf dem Weg zurück, was die gleichberechtigte Position von Frauen in Gesellschaft und Beruf betrifft. Der Abbau von Frauenrechten in den USA ist nur ein Beispiel, allerdings muss ja Europa gar nicht verlassen, um ganz ähnliche Entwicklungen festzustellen. Umso mehr, sagt Carina, dürfen Frauen sich nicht in unterschiedliche Gruppierungen und Feminismen aufsplitten lassen. Das nützt nur der alten Welt.

Zu Gast in dieser Woche: Carina Frei, Keynote Speaker und Autorin – #ALPHAWOMAN - www.carinafrei.com

26 Jul 2021#20 Zukunft der regionalen Wirtschaft00:37:01

Diese Woche in der Zukunft:

Ein kleiner Nachtrag zum Thema Longevity der letzten Folge: Mit welchen Konsequenzen sehen wir uns eigentlich im Alltag konfrontiert, wenn wir 150 Jahre oder länger bei bester Gesundheit leben können – in Bildung und Lernen, Arbeit und Karriere, Biografie und Partnerschaft? Wie flexibel müssen Immobilien gestaltet sein, wenn sich unsere Bedürfnisse alle zehn Jahre ändern? Und warum sind selbst Mediziner:innen aus der Gesundheitswirtschaft mit diesen Fragen überfordert?

Das Thema Digitale Transformation beschäftigt nicht nur Unternehmen unterschiedlicher Branchen, sondern geht weit über den Einsatz neuer Technologien hinaus. Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats Sachsen, spricht mit Michael Carl über digitale Vorbilder und darüber, was Unternehmen von der Kreativwirtschaft lernen können, um zukunftsfähig zu bleiben.

Ein kleiner Einblick in die Arbeit unseres Instituts: Wir beschäftigen uns aktuell intensiv in einem Kundenprojekt mit der Zukunft des Fußballs. Ein Thema, das dabei stark im Vordergrund steht, ist Big Data und die Rolle von KI. Michael Carl beschreibt anhand eines Bundesligaspiels, wie viele Daten pro Spiel erhoben werden, welche relevant sind und was wir dann davon haben.

Der Gast dieser Woche:

Martin Dulig, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats Sachsen, Vorsitzender der SPD Sachsen, Ostbeauftragter der SPD

22 Sep 2022#121 Globaler Klimastreik: Die große Zukunftsdebatte00:36:42

Diese Woche in der Zukunft: 

Wir haben die Hoffnung, eine neue Normalität zu entwerfen, eine bessere Normalität. Wir werden zurückschauen und uns wundern. Mit diesem Gedanken schließt Verena Kantrowitsch von Pschologists for Future die große Zukunftsdebatte im Podcast. 

Für den 23. September haben zahlreiche Organisationen erneut zum globalen Klimastreik aufgerufen. Ein großes Statement für eine andere Zukunft. Sicher offen, unbestimmt, im Einzelnen strittig, aber: Anders. Wir nehmen das Thema auf und diskutieren: Lohnt es sich, für das Kima zu streiken? Eine Analyse in fünf Schritten. 

  1. Ist es notwendig, für das Klima zu streiken? Oder haben wir längst alles, was wir brauchen, um der Klimaerwärmung Einhalt zu bieten? Technologisch ist sicher viel einsatzfähig, allein der Wille zur Umsetzung?
  2. Ist es angemessen, für das Klima zu streiken – oder ist das Mittel zu radikal?
  3. Ist es zielführend, für das Klima zu streiken? Oder ist der Streik ein unzureichendes Mittel, um die Klimakrise abzumildern? Brauchen wir andere, drastischere, wirkungsvollere Mittel?
  4. Stiftet der Klimastreik eine ganz neue Gemeinschaft und wirkt damit auf diese Weise über den eigentlichen Tag hinaus?
  5. Ist es erfolgversprechend, für das Klima zu streiken?

Entstanden ist eine große Zukunftsdebatte mit zahlreichen bemerkenswerten Stimmen und relevanten Aussagen. In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich zahlreiche namhafte Persönlichkeiten bei „carls zukunft der woche“ zum Komplex der Klimakrise geäußert. Ihre Gedanken, Thesen, Fragen und Forderungen sind Teil dieser Zukunftsdebatte bei „carls zukunft der woche“

Zu Gast in dieser Woche:

Verena Kantrowitsch, Psychologists4future, Psychologin: #109 Verena Kantrowitsch - Mut und Optimismus für die Klimakrise

Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, Botschafter für 100% Erneuerbare Energien, Mitglied des Deutschen Bundestages 1998-2013, Autor des Entwurfs des EEG 2000: #119 Hans-Josef Fell – Das Ende der fossilen Energiekonzerne

Özden Terli, Meteorologe und Wetter-Moderator im ZDF. @TerliWetter: #117 Özden Terli – Wenn der ZDF-Wettermann zum Klima spricht

Reinhard Steurer, Universität für Bodenkultur Wien, Professor für Klimapolitik. Auf Twitter: @ReiSteurer 05: Review 2021: Reinhard Steurer – Das Scheitern der Klimapolitik

Jule Darwig, Ärztin, Health for Future :

26 Dec 2021Review 2021: Katja Diehl – Mobilität mit #autokorrektur00:26:18

Diese Woche in der Zukunft:

Die Mobilität der Zukunft beginnt, wenn ich nicht mehr auf mein eigenes Auto angewiesen bin. Die Mobilitätsexpertin Katja Diehl („She drives mobility“) setzt sich für eine Mobilität ein, die flexibler, gerechter und nachhaltiger ist – und die zu lebenswerteren Städten führt. Mit Michael Carl spricht sie darüber, warum wir trotzdem an einer Mobilität festhalten, die auf private Autos setzt. Ein Grund ist die intransparente Verteilung der Kosten. Man vergleiche alleine die Kosten für einen Anwohnerparkausweis (30 € im Jahr zum Beispiel in Hamburg) mit der anteiligen Miete für das Kinderzimmer in der Wohnung. Deutlich mehr als Faktor 100. Hinzu kommen Dienstwagenprivileg, Dieselbesteuerung, das Ignorieren der Folgekosten der Mobilität. Allen Rufen nach einer neuen Mobilität zum Trotz rechnen wir uns die bisherigen Formen von Verkehr immer noch schön.

Katja Diehl ist eher skeptisch, wenn es um Hyperloop und Flugtaxi geht. eMobility hält sie im Wesentlichen für einen Wechsel der Antriebsart, der abgesehen von der lokalen Emission kein wesentliches Problem löst. Sie plädiert für adaptive Lösungen, die jeweils im konkreten Umfeld gefunden werden. Teils sind es auch Maßnahmen der Stadtentwicklung, die eine neue Form der Mobilität hervorbringen, wie die Rückkehr zu den Super-Blocks in Barcelona. Große Blocks im Viertel – und wer nicht drin wohnt, muss außen herum fahren. Ein System das längst Nachahmer findet.

Zu Gast dieser Woche:

Katja Diehl, Mobilitätsexpetin, Podcast

12 Jan 2023#137 Claus Sauter - Energie muss teurer werden00:41:38

Ein Podcast, aufgenommen noch vor den Auseinandersetzungen um #Lützerath - und doch wie ein aktuelles Hintergrundstück zur Energie. Claus Sauter ist Gründer und CEO von Verbio. Verbio macht die Energie in Biomasse nutzbar, heute meist als Biokraftstoff, perspektivisch in der chemischen Industrie. Claus sagt: Das Thema Energie haben wir nicht ernst genug genommen. Das war zu lapidar. Wir brauchen eine de-carbonisierte Welt und dafür geht es nicht mit einem „Weiter so!“. Wir brauchen mehr als den Ersatz fossiler Energien durch erneuerbare; wir müssen die Verschwendung beenden. Ein notwendiger Schritt: Energie muss teurer werden. 

Was fehlt? Der große Plan, der orientierende Rahmen aus der Politik. Und wir müssen unsere Bräsigkeit ablegen, Geschwindigkeit aufnehmen. Claus beschreibt unsere Situation als klares entweder-oder: Entweder wir können nicht auf jeden Rücksicht nehmen - oder wir werden gewaltige Wohlstandsverluste hinnehmen müssen. Als gebürtiger Bayer regt er sich heftig über das dort de facto bestehende Verbot auf, neue Windkraftanlagen zu errichten. Wir ersticken in selbst verursachter Bürokratie. Dabei hat die Politik den Auftrag zum Gestalten. Und wenn künftige Energieversorgung bedeutet, dass wir Teile der Landschaft verspargeln oder verspiegeln, dann muss die Politik hier die Auseinandersetzung und die Konfrontation mit der Bevölkerung suchen. Der Wandel weg von fossilen Energien ist möglich, er ist finanzierbar, er ist technisch gelöst. Wir müssen nur machen. Allerdings haben wir noch nicht einmal richtig angefangen. 

Der Blick nach vorn: Claus schätzt, dass wir es auch bis 2050 kaum schaffen werden, uns energetisch auf eine neue Grundlage zu stellen. Natürlich könnten wir den Schalter direkt umlegen und bis 2030 Fakten schaffen. Ob unsere Gesellschaft das allerdings aushält? Die Zeit, die wir gebraucht hätten, haben wir in den vergangenen 20 Jahren verschenkt. In dieser Zeit ist nichts geschehen. Die Dramatik der Situation, so Claus’ Einschätzung, ist weder in der Gesellschaft noch in der Politik schon angekommen. Wir nehmen jeden Tag 100 Millionen Fass Öl aus dem Boden plus Gas, plus Kohle - und den größten Teil davon verbrennen wir. Eine Tonne Kohle ergibt verbrannt drei Tonnen CO2. Das kann jede:r begreifen. Wer Kinder hat und das nicht ernsthaft in Frage stellt, handelt verantwortungslos, ist ein reiner Egoist. Solche Leute sind eigentlich verabscheuungswürdig. Sagt Claus. Michael stimmt zu. 

Diese Woche zu Gast in der Zukunft: Claus Sauter, Gründer und CEO von Verbio

28 Apr 2022#100 Thomas Klindt - Ist das Recht als internationale Ordnung abgeräumt?00:41:00

Diese Woche in der Zukunft:

Spoiler: Keine Party zur 100sten Folge. Uns ist nicht nach butschi-butschi-alles-rosa-Talk mit einem noch so originellen KI-Blockchain-Quanten-Enthusiasten. Der russische Krieg in der Ukraine sitzt in Gestalt einer Flüchtlingsfamilie auf dem Sofa. Und zugleich hat die russische Aggression eine ganze Reihe vermeintlich sicherer Grundlagen unserer gedanklichen Weltordnung abgeräumt, beginnend mit der Kraft des Völkerrechts und der Geltung längst geschlossener Verträge.

Zur Jubiläumsfolge ein Gespräch mit einem der Lieblingsgäste aus den ersten hundert Folgen: Thomas Klindt, Jurist und Rechtsanwalt. Michael und Tom diskutieren, ob das Völkerrecht nur ein Recht für sonnige Tage ist. Haben wir uns einlullen lassen von der Vorstellung, einen stabilen Rahmen etabliert zu haben, obwohl die russische Regierung schon lange und sehr sichtbar krass dagegen verstößt? Georgien, Tschetschenien, die Krim waren alle schon da.

Was aber sollen wir denn sonst tun, wenn nicht Verträge unterschreiben? Eine nochmalige reine vertragliche Zusicherung wird die Ukraine nicht brauchen. Alles nötige war in der NATO-Russland-Akte von 1997 schon festgehalten. Wir haben es allerdings mit einem Gegenüber zu tun, der uns wie Feinde behandelt.

Eine weitere Gewissheit entpuppt sich als Frage. Gilt das Völkerrecht als Grundlage friedlicher Zusammenarbeit global? Oder haben wir es vielmehr mit partikularen Interessen zu tun? Haben wir uns überhoben mit dem Anspruch darauf, dass diese Art zu Leben und zu Regieren die Allseligmachende ist? Auch wenn wir das für uns glauben, bleibt es doch unsere Perspektive. Sind die Menschenrechte, so unverhandelbar sie für uns sind, möglicherweise gar nicht weltweit in die kulturelle Genetik der Völker eingegangen. Auch wenn wir die Menschenrechte nur universell denken können, müssen wir hinnehmen, dass das Konzept der Menschenrechte nicht so universell anerkannt ist. Andere wollen anderes - hart, aber hinzunehmen.

Eine Folge der großen Fragen. Gemeinsames Nachdenken von Tom Klindt und Michael Carl.

Zu Gast in dieser Woche: Dr. Thomas Klindt, Jurist und Rechtsanwalt, Partner bei Noerr, Professor an der Universität Bayreuth

22 Jul 2021#8 KI: Der Charme der zweitbesten Lösung00:36:25

Diese Woche in der Zukunft:

In der dieswöchigen Zukunftsstaffel stehen die Rechte von Tieren im Fokus. „Wann werden wir Tierrechte kodifiziert haben?“, hat Rechtsanwalt Thomas Klindt letzte Woche gefragt. Christian Arleth, Rechtsanwalt bei PETA, gibt seine Antwort darauf und stellt anschließend seine Frage an die Zukunft.

Jörg Kopecz, Spezialist für digitale Transformation, plädiert für ein neues System der zweitbesten Lösung, je mehr Systeme künstlicher Intelligenz uns bei der Arbeit unterstützen. Wie gerade das zum letztendlichen Optimum führt, erläutert er im Interview. Ein Gespräch mit Michael Carl über notwendige menschliche Kompetenzen und sinnvolles Scheitern.

Algorithmisch basierte Diskriminierung: Die britische Journalistin Caroline Criado-Perez schlüsselt in ihrem Buch „Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert“ konsequent auf, wie fehlende Daten dazu führen, dass Algorithmen Frauen diskriminieren und sogar ihre Leben gefährden. Warum das Werk so aktuell und relevant ist, beschreibt Michael Carl anhand des jüngsten Beispiels der Biontech Medizinerin Özlem Türeci – sie wurde einfach mal durch den Algorithmus von Google zur Ehefrau degradiert.

Die Gäste dieser Woche:

Thomas Klindt, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Noerr LLP, Experte für Haftungsfragen rund um Digitalisierung, KI und Connectivity, Herausgeber von juristischen Fachmagazinen und Dozent für europäisches Produkt- und Technikrecht an der Universität Bayreuth.

Christian Arleth, Rechtsanwalt bei PETA Deutschland e.V.

Jörg Kopecz, Geschäftsführer bei iTM – Institut für Transformationsmanagement, Professor für Unternehmensführung und digitales Transformationsmanagement an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management in Essen/Mannheim.

25 Dec 2021Review 2021: Rafael Laguna – Wie wir die Welt mit Technologie retten00:44:52

Diese Woche in der Zukunft: 

Technologie wird uns ermöglichen, die Welt wieder in Balance zu bringen. Das sagt Rafael Laguna de la Vera. Er ist qua Amt für die wirklich radikalen Neuerungen in Deutschland zuständig. Er leitet die Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig: SPRIND. Und er hat gerade ein Buch zum Thema veröffentlich: „Sprunginnovation. Wie wir mit Wissenschaft und Technik die Welt wieder in Balance bekommen“.

Rafael macht sich für einen sehr optimistischen Ansatz stark. Unsere heutige Technologie ist schon gut: Sie hat dazu geführt, dass wir alle erheblich besser leben, dass wir länger leben, dass wir immer mehr werden. Aber unsere Technologie ist nicht gut genug. Sie ist noch nicht in der Lage die Probleme zu lösen, die wir mit der bisherigen Technologie und ihren im Grunde positiven Folgen erst aufgeworfen haben. Was ist die Antwort: Eine Abkehr von Technologie wäre möglich, würde aber nicht das gute Leben der gesamten Menschheit sichern. Also: Innovation. Und damit ist hier nicht die allmähliche Verbesserung der bisher bekannten Prozesse und Lösungen gemeint, sondern der Sprung, das radikal Neue, das die Bahnen des bisherigen Denkens verlässt. In diesem Sinne gilt: Technologie wird die Probleme von Technologie lösen.

Wir leben in innovationsarmen Zeiten. Seit dem Krieg ist in Deutschland keine echte Innovation erdacht und erfolgreich wirtschaftlich umgesetzt worden. Erstaunlicherweise gilt das fast global. Auch in den USA ruht man sich noch auf den Lorbeeren aus den 50ern und 60ern aus. Rafael listet in seinem Buch die wichtigsten Sprunginnovationen der menschlichen Zivilisation auf; das jüngste ist die Entwicklung des Personal Computers Mitte der 70er Jahre. 

Dabei haben die USA das Muster vorgegeben, wie Kreativität und Innovation systematisch gefördert werden. Nach dem „Hallo Wach“-Moment des Sputnik-Schocks wurde die DARPA gegründet. Eine Agentur, die früh aufgezeigt hat, was es braucht, um im Auftrag von Staat und Gesellschaft wirklich Neues zu erzeugen: Public-Private-Partnerships, Abnahmegarantien für Produkte, die es (fast) noch nicht gibt und vor allem eine Brücke zwischen der Forschung an Universitäten und der wirtschaftlichen Nutzung von Ideen in der Wirtschaft. Dazwischen können im Zweifel auch zehn Jahre liegen – ohne Gewissheit auf Erfolg im Einzelfall. In den USA ist so das Silicon Valley gewachsen und nebenbei sind Kleinigkeiten wie Mikroprozessoren und das Internet entstanden. 

Rafael sagt: Wenn wir kein Risiko eingehen, sind wir schon gescheitert. Pessimismus ist Zeitverschwendung. Angst vor der Zukunft ebenso. Was wir tun müssen, ist, diese Angst in Tatkraft umzuwandeln. Rafael versucht einen Narrativ zu erzeugen, der Optimismus verbreitet. Ein gutes Zeichen ist, wie viele Menschen sich mit Ideen an SPRIND wenden und wie viele sich an den Challenges der Agentur beteiligen. Für die einzelne Innovation gibt es keine Garantie. Aber, so Rafael Laguna, solange wir genug versuchen und lange genug durchhalten, ist der innovative und wirtschaftliche Erfolg kaum zu vermeiden. 

Zu Gast in dieser Woche:

Rafael Laguna de la Vera, Gründungsdirektor der Bundesagentur für Sprunginnovation (SPRIND), @rafbuff@SPRIND

11 Apr 2024#202 Ruth von Heusinger: Verschmutzungsrechte stilllegen.00:40:16

Jede:r einzelne kann einen Unterschied im Kampf gegen die Klimakrise machen. Davon ist Ruth von Heusinger zutiefst überzeugt. Das hat allerdings einen Preis. Aber es lohnt sich. Der Gewinn sind bessere Lebensbedingungen. Der Preis kann persönlicher Einsatz für das Klima sein, die Umstellung des eigenen Lebensstils oder eben der Erwerb von Verschmutzungsrechten.

Ruth hat dafür „ForTomorrow“ gegründet. Sie sammelt Spendengelder und erwirbt dafür bei der EU Verschmutzungsrechte. Tonne für Tonne CO2 und weitere Treibhausgase. Unternehmen in immer mehr Branchen müssen diese Rechte kaufen, um bei der Produktion Treibhausgase ausstoßen zu dürfen. Ruth kauft sie, um sie stillzulegen. Und da die Rechte endlich sind, ist jedes stillgelegte Verschmutzungsrecht eine Tonne CO2, die in Europa nicht ausgestoßen wird.

Mit den Verschmutzungsrechten bringt die EU die Kosten für das Anheizen des Klimawandels in die Bilanzen der Unternehmen. Gibt es noch zu viele davon? Ja. Immer noch zu günstig? Wohl auch ja. Immer noch zu wenige Branchen? Ja. Autoverkehr kommt erst 2027 dazu. Aber das Prinzip steht. Und es wirkt. Ruth betont die mehrfache Wirkung des investierten Geldes: Erst wird das Klima entlastet. Dann sind die Regierungen verpflichtet, die Einnahmen für Klimazwecke zu verwenden. Und wir sorgen handfest für Transformationsanreize in den Unternehmen. Sobald es günstiger ist, Verschmutzungsrechte nicht nutzen zu müssen, sie gar lieber zu verkaufen als selbst einzusetzen, treiben wir die Transformation von Produktion und Konsum voran.

Ruth hat bislang 18.000 Tonnen CO2 aus dem Spiel genommen. Ist das Viel oder wenig? Mehr als sie zu Anfang je gedacht hätte, sagt Ruth. Und doch nicht genug. Das gängigste Spendenmodell ist es, wenn Menschen ihre eigenen Fußabdruck eliminieren wollen. Für Menschen in Deutschland heißt das derzeit: 9 Tonnen pro Jahr.

Der zweite Arm von „ForTomorrow“ widmet sich dem Wald. Noch gibt es kein effizienteres Werkzeug als Bäume, um CO2 aus der Luft zu filtern. Ruth und ihr Team machen sich auch hier die Wirkungsweise von Ämtern und Gesetzen zu nutzen. Fläche, die einmal als Wald ausgewiesen ist, kann nie wieder etwas anderes werden, so steht es im Gesetz. Also sorgt Ruths Team dafür, dass Flächen zu Wäldern erklärt werden. Die ersten Bäume pflanzt „ForTomorrow“, den Rest macht das Amt für Forstwirtschaft. So geht Arbeit mit dem System.

Zu Gast: Ruth von Heusinger, Gründerin und Geschäftsführerin von ForTomorrow

29 Jul 2021#30 Supermarkt der Zukunft00:33:25

Diese Woche in der Zukunft:

Eine große Rolle aus Holz liegt in einem ungenutzten Zwischenraum der Stadt, begehbar, bunt angestrichen, begrüntes Dach. Drinnen ein Lebensmittelmarkt ohne Personal – und doch haben die Kundinnen und Kunden hoch emotionale Erlebnisse in TEO, so der Name des Markts. Ist das die Zukunft des Einzelhandels? Jedenfalls reagieren die Menschen, sorgen sich um ihren TEO, erläutern sich gegenseitig die Funktionsweise. Ein Traum für Marketeers. Technisch auf ersten Blick Konzepten wie Amazon GO vergleichbar und doch völlig anders in der Wirkung.

Wie ein solch emotionaler Ort entsteht, wie es gelingt, Kontakt zu den Menschen aufzunehmen, wie die Bindung zum urbanen Raum wächst und was genau daran Zukunft ist, darüber spricht Michael Carl mit Arne Schultchen, Gründer und Creative Head des Hamburger Design-Labors „design for human nature“. In seiner Werkstatt ist das Projekt ganz handfest gewachsen.

Dazu einige Überlegungen zur Zukunft des Handels. Während die Perspektiven des stationären Handels stark mit der Diskussion um die Stadt der Zukunft unter Corona-Bedingungen verknüpft sind, werden die Aussichten des Online-Handels eher von logistischen Entwicklungen bestimmt. Die Stadt der Zukunft wird weit stärker als heute geprägt sein von resilienten Quartieren. Faustregel: Je seltener ich mein Quartier im Alltag verlassen muss oder will, desto resilienter ist es, damit krisenfester, lebenswerter, stabiler. Die Stadt der Zukunft wird ebenfalls von einer veränderten Mobilität geprägt sein. Weniger Autos, jedenfalls weniger private Autos, weniger parkende Autos – und die Erfahrung zeigt: Gerade die Entwicklung einer anderen Mobilität hebt die Umsätze und Nutzungsfrequenz des stationären Handels.

Der Schlüssel zu einer zukunftsfähigen Aufstellung liegt ein einer intelligenten Kombination stationären und digitaler Angebote. Diese wird durch autonom fahrende Lieferroboter stark vorangetrieben, gerade für kleine und eigenständige Händler für die Logistik im Nahbereich. Die Entwicklung dieser Roboter beschleunigt sich aktuell erheblich. Dahinter liegt das Grundthema des Handels: Das Maß des Vertrauens, das Kund:innen in den Anbieter legen, bestimmt, in welchem Umfang sie mit ihm ihre persönlichen Daten teilen. Damit ermöglichen sie es dem Handel in Echtzeit zu lernen und vorauseilend zu handeln – die beiden Grundtugenden des Handels der Zukunft.

Der Gast dieser Woche:

Arne Schultchen, Founder + Creative Head, design for human nature, Hamburg

13 Mar 2025#250 Sebastian Sladek – Energiewende 2035, selfmade00:37:06

Wer die Energie kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Doch was passiert, wenn Bürgerinnen und Bürger sich ihre Netze zurückholen? Michael spricht mit Sebastian Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau EWS, über eine Bewegung, die sich nicht länger von Konzernen und politischer Trägheit ausbremsen lässt.

Die EWS sind aus Protest entstanden, ist ein Kind der Anti-Atombewegung der 80er Jahre – aber anstatt nur gegen Atomkraft zu demonstrieren, haben sie das System von innen aufgebrochen. Lange vor der Liberalisierung der Strommärkte haben sie gegen Widerstände das örtliche Stromnetz übernommen. Worauf sie sich damit letztlich eingelassen haben, war ihnen nicht ganz klar. Heute betreiben sie immer noch Netze & mehr und vermarkten bundesweit Ökostrom. Ihr Erfolg beweist: Die Energiewende scheitert nicht an Technik oder Machbarkeit.

Während andere Länder Tempo machen, blockieren in Deutschland große Konzerne jede ernsthafte Veränderung im Strommarkt. Sebastian erklärt, warum Bürgerinnen und Bürger selbst aktiv werden müssen, wenn sie eine nachhaltige Zukunft wollen. Politik verspricht den Fortschritt, hält aber am fossilen Denken fest.

Michael und Sebastian sprechen darüber, warum wir immer noch glauben, die Energieversorgung sei etwas für „die da oben“. Warum warten wir, statt selbst Lösungen zu schaffen? Und wie viel Macht könnten Kommunen gewinnen, wenn sie sich aus der Abhängigkeit befreien?

Zu Gast:

Sebastian Sladek, Geschäftsführer der Elektrizitätswerke Schönau

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25 Jul 2021#18 KI und Politik00:36:50

Diese Woche in der Zukunft:

Zweiter Teil unseres Schwerpunktes Künstliche Intelligenz. Michael Carl spricht diese Woche mit der Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe. Sie berichtet über ihre Arbeit als Vorsitzende der Enquete-Kommission des Bundestages zum Thema „Künstliche Intelligenz“ und schlüsselt zusammen mit Michael Carl die Bedeutung von KI für die Zukunft der deutschen Gesellschaft, Politik und Arbeit auf.

Welche Instrumente nutzt die Bundesregierung, um den Umgang mit Künstlicher Intelligenz zu regulieren? Wie können wir alle davon profitieren? Wie können wir durch KI sogar menschlicher werden? Und wie sieht die Zukunft von Politik mit KI aus?

Zur letzten Frage haben wir uns im carl institute for human future bereits vor gut zwei Jahren Gedanken gemacht und ein daraus ein Whitepaper zur Zukunft von Regierung und politischer Kommunikation im Jahr 2029 entworfen. Die Gedanken und Positionen, die wir in diesem Papier verschriftlicht haben, sind auch heute hochaktuell: Was bedeutet es für die Politik der Zukunft, wenn Fakt und Fiktion gleichwertig behandelt werden? Wie sieht der KI gestützte Wahlkampf der Zukunft aus? Und sind Parteien dann überhaupt noch relevant?

Das Whitepaper erhalten Sie hier.

Der Gast dieser Woche:

Daniela Kolbe, als SPD-Abgeordnete Mitglied des Deutschen Bundestages, Vorsitzende der Enquete-Kommission zum Thema „Künstliche Intelligenz“, Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales, stellvertretende Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung

24 Sep 2021#53 Klimastreik live00:49:52

Diese Woche in der Zukunft: 

Eine Zusatzfolge live vom Klimastreik. Wenn 15.000 Menschen allein in Leipzig auf die Straße gehen, um ihr Recht auf eine lebenswerte Zukunft einzufordern, mischen wir uns mitten drunter und sprechen mit Menschen. 

Als erste im Gespräch: Paula Piechotta, Ärztin und Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen. Sie erinnert sich daran, wie sie mit der Grünen Jugend noch vor zehn Jahren in Leipzig Kongresse zur Klimakrise veranstaltet hat – mit 20 Teilnehmer:innen. Nicht einmal ausgelacht seien sie geworden. Schlicht ignoriert. 

Szenenwechsel: Bernhard Stief ist Nikolaipfarrer, der direkte Nachfolger im Amt des Wendepfarrers Christian Führer. Spätestens seit 1989 ist die Nikolaikirche in Leipzig ein Symbol dafür, dass es sich lohnt, aufzustehen, loszugehen und sich Gehör zu verschaffen. Er sagt: Wir sollten erwachsen werden, uns auch unserer Schuld stellen und Verantwortung übernehmen. Das ist das Wachstum, das wir brauchen. 

Michael Carl hat Familien auf dem Klimastreik getroffen mit ihnen über Eis – für Eisbären wie anwesende Kinder -, Verantwortung und Optimismus gesprochen. 

Den Abschluss der Folge bildet ein Gespräch mit Johannes Quaas. Er ist Meteorologe, lehrt und forscht an der Uni Leipzig. Er war direkt beteiligt am aktuellen Bericht des IPCC. Er plädiert für den faktenbasierten Dialog – du die Fakten in Klimafragen sind im Wesentlichen eindeutig: Wir waren es. Wir müssen es ändern. Wir hätten das schon vor 30 Jahren machen sollen. Da wir das nicht gemacht haben, müssen wir jetzt umso mehr ran. 

Der Gast in dieser Woche:

Paula Piechotta, Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen @paulapiechotta

Bernhard Stief, Pfarrer der Evangelischen Nikolaikirche Leipzig

Prof. Johannes Quaas, Universitätsprofessor, Theoretische Meteorologie, Mitautor des aktuellen Report-IPCC

11 Nov 2021#60 Nachts um drei am Nordpol00:39:14

Diese Woche in der Zukunft: 

Wir gehen in die Arktis, ins ewige Eis. Wobei: Ist das überhaupt noch ewiges Eis? Antje Boetius sagt: Der Wandel des Klimas ist am Nordpol mit bloßem Auge zu erkennen. Das Eis ist nur noch halb so dick und Vielerorts stehen Süßwasser-Seen aus Tauwasser auf den Eisschollen. Antje Boetius ist Meeresbiologin, Professorin an der Universität Bremen und Direktorin des AWI. Das AWI ist das Alfred Wegner Institut, das Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung. Das Institut hat gerade die größte Nordpolexpedition aller Zeiten abgeschlossen: MOSAiC, die Expedition Arktis.

Antje Boetius hat sich von der Glagower Klimakonferenz zum Podcast dazugeschaltet. Hörbarer Trubel im Hintergrund, ständig eingehende Nachrichten, die Forscherin ist gefragt. MOSAiC ist eine Expedition der außergewöhnlichen Art. Besetzt mit zahllosen Forscher:innen nimmt die „Polarstern“ von Sibirien aus Kurs nach Norden. In einer geeigneten Eisscholle lässt die Crew das Schiff einfrieren, drum herum eine Forschungsstation aufs Eis gebaut – und dann heißt es abwarten. Mit der Drift treibt die Polarstern quer durch den Nordpol und kommt nach Monaten auf der anderen Seite in Grönland wieder heraus. Zwischendurch haben unterschiedlichste Forscher:innen das Eis, die Atmosphäre und das Meer kilometerweit unter dem Nordpol erforscht, kehren zurück mit Daten für Jahrzehnte der Forschungsarbeit.

Was Antje heute schon betont: Der Nordpol ist warm, in der Spitze rund zehn Grad wärmer als bei der vorigen Expedition vor 125 Jahren gemessen. Zum Vergleich: Politik und Wissenschaft ringen auf der COP26 in Glasgow um einzelne Zehntel-Grade zwischen 1,5 und 2 Grad Erwärmung der Erdatmosphäre gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter. Der Nordpol ist heute schon zehn Grad wärmer. Antje sagt: Wir wissen furchtbar viel noch nicht. Die Vielfalt des Lebens im Meer haben wir bislang wohl erst zu 10% kennengelernt, die Welt der Mikroorganismen im Meer erst zu 1% - aber wissen genug, um sofort zu handeln und eine weitere Erderwärmung weitest möglich auszuschließen. 

Wissen wird entscheidend sein. Wir brauchen Forschung, Wissen, Erkenntnis – sowohl um eine weitere Erdwärmung zu verlangsamen, als auch um uns anzupassen. Anzupassen an grundlegend veränderte Lebensumstände, an eine Welt, in der wir stets und immer wieder von klimatisch ausgelösten Ereignissen überrascht werden. Antje Boetius streitet dafür, dieses Wissen schneller an Entscheider:innen zu bringen, aber eben auch an Bürger:innen. Wir alle, so die Meeresbiologin, werden lernen müssen, mit völlig neuen Zeithorizonten umzugehen. Antje arbeitet mit Wissenschaftler:innen, Künstler:innen und Autor:innen zusammen, um hier voran zu kommen. 

Der Gast in dieser Woche:

Antje Boetius, Meeresbiologin, Professorin an der Universität Bremen, Direktorin des Alfred Wegner Instituts, Helmholtz Zentrum für Polar- und Meeresforschung

17 Mar 2022#87 Katja Diehl – #autokorrektur00:39:29

Diese Woche in der Zukunft: 

Katja Diehl streitet für eine andere Mobilität im Land. Genauer: Katja streitet dafür, dass jede:r im Land bessere Möglichkeiten hat, die eigene Mobilität frei zu gestalten. Und das heißt: Wir müssen über die Privilegien des Autos sprechen. Und da der Mensch die eigenen Privilegien immer nur besonders schwierig wahrnimmt, braucht eine Wende der Mobilität auch eine Schule der Wahrnehmung. Ein Feedback, das Katja auf ihr Buch bekommt, lautet: Vor deinem Buch habe ich die vielen Autos in meiner Stadt gar nicht gesehen. Jetzt stehen sie überall. Das Buch heißt „Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt“. Katja war in der Review 2021: Katja Diehl – Mobilität mit #autokorrektur schon einmal als Streiterin für eine andere Mobilität hier im Podcast. Jetzt kehrt sie als Bestsellerautorin zurück. 

Der blinden Flecken sind viele. Eine Auswahl: Alle fahren Auto. Dabei können 13 Millionen Erwachsene kein Auto nutzen. Alle wollen Auto fahren. Dabei nutzt ein erheblicher Anteil der Autofahrer:innen das Fahrzeug nur, weil die Alternativen schlechter sind, nämlich zu teuer, zu unsicher, zu gefährlich oder gar nicht vorhanden. Alle freuen sich, Auto fahren zu können. Nein, s.o. 

Katja sagt: Wer Auto fahren will, soll das auch bitte tun. Wir sollten nur parallel die gleichen Möglichkeiten schaffen für die, die nicht Auto fahren wollen oder können. Also Radinfrastruktur, gerade auf dem Land. Gefühlte und tatsächliche Sicherheit im öffentlichen Nahverkehr. Eine Verlagerung der Subventionen weg vom Autoverkehr hin zu allen Menschen, die Mobilität suchen und brauchen. 

Katja reflektiert im Podcast auch darüber, wie ihr Geschlecht die Wahrnehmung ihrer Arbeit prägt. Heiner Monheim hatte hier im Podcast vor einigen Wochen gefordert, 90% der Autos in Deutschland zu verschrotten – im Interesse lebenswerterer Städte und einer geschmeidigeren Mobilität. Katjas Eindruck: Solche drastischen Forderungen dürfe sie als Frau gar nicht formulieren, das werde ihr nicht zugestanden. 

Zu Gast in dieser Woche:

Katja Diehl, Aktivistin, Autorin, Netzwerkerin. Ihr Buch „Autokorrektur – Mobilität für eine lebenswerte Welt“ ist erhältlich im Buchhandel des Vertrauens. 

31 Mar 2022#89 Nico Rose - Sinn und Glück bei der Arbeit00:44:36

Diese Woche in der Zukunft:

Ein Gespräch über Sinn und Glück bei der Arbeit. Wo finde ich einen Sinn und wer ist dafür zuständig, dass ich glücklich bin? Und heißt es jetzt eigentlich TGIF oder TGIM? Thank God it’s Friday … or Monday? Besonders Hochqualifizierte erleben unter der Woche mehr Zufriedenheit als am Wochenende, ganz offensichtlich eine Frage von Rahmen und Strukturen. Nico Rose hat gerade seine Professur für Wirtschaftspsychologie aufgegeben und sich als Handlungsreisender für Sinnangebote selbstständig gemacht. 

Wer ist eigentlich dafür zuständig, dass ich bei der Arbeit glücklich bin? Natürlich: In gewisser Weise jede:r im System. Nico ermutigt Führungskräfte zu verstehen, dass sie nicht nur eine Verantwortung für Ziele und Aufgaben haben, sondern auch eine emotionale Verantwortung für das System haben. Darum ist es eine wichtige Fähigkeit von Führungskräften, sich nach einem richtigen ärgerlichen Meeting schnell wieder zu neutralisieren. In Netzwerkanalysen kann man zeigen, und zwar noch bis ins vierte und fünfte Glied der Kette, wie sich die schlechte Laune von Führungskräften verbreitet. 

Nico sagt: Wir brauchen mehr Führung. Gleichzeitig haben wir immer noch Menschen in Führungspositionen, die gar nicht führen wollen. Menschen, die sich vor Führung drücken. Menschen, die als Micromanager führen. Oder auch Menschen, die mehr Lust haben, selber anzupacken, als dass sie durch andere wirken wollen. So erging es ihm selbst nach mehr als zehn Jahren Management im Konzern, als er merkte: Ich will lieber selber machen. 

Wie entstehen nun aber Glück und intrinsische Motivation, gerade in Veränderungen? Was wir nicht können: Kontrollieren, welche Botschaften ankommen. Menschen machen sich ihr eigenes Bild, deuten und interpretieren ihr Umfeld neu, wenn sie merken, dass ihre alten Muster nicht mehr greifen. Wie können wir dann als Unternehmen, als Führungskraft dafür sorgen, alle im Unternehmen auf ein neues Ziel auszurichten? Nico sagt: Das wirkungsvollste, das ich als Führungskraft tun kann, ist: Das eigene Team einzuladen, meine Musterbildung zu teilen. Die auch nicht fertig oder endgültig ist. Die sich im Dialog überprüfen und verbessern lässt. Gerade in Krisenzeiten ist es wichtig, diesen Prozess möglichst frühzeitig zu starten. Nicos Eindruck: Wir wissen doch ohnehin aus dem eigenen Leben, dass wir nicht immer den letzten Durchblick haben. Wer soll uns im Unternehmen glauben, dass es gerade da so sein sollte?

Sinn entsteht, indem wir drüber reden. Und dort, wo wir keinen Sinn vorfinden, machen wir Menschen uns einen. Ob wir nun Jesus auf der Toastscheibe sehen oder etwas anderes - ohne Sinn können wir uns nicht orientieren. Das Ergebnis guter Führung ist, dass man zu den großen Themen des Unternehmens - Was machen wir hier? Wer sind unsere Kunden? Was ist unsere Strategie? - zu einer geteilten Bedeutung kommt, zu einem gemeinsamen Sinn.  

Die andere Seite der Medaille: Demotivation - wächst gern dort, wo Vertrauen fehlt. Dabei ist Vertrauen der beste Transaktionskostenkiller. Überall da, wo ich nicht vertraue, muss ich mich absichern, Verträge schließen, Zeitmanagementsysteme installieren, Kontrollen durchführen und bezahlen. Und Kontrolle hat einen Preis, genauer: zwei: Einen für die Stechuhr und die Leute, die sie bedienen. Dazu kommt ein psychologischer Preis: Ich erlebe, dass mir nicht vertraut wird. Das ist wenig motivierend. Je mehr ich durch Verdauen regeln kann, desto weniger Stechuhrmechaniker brauche ich. 

Zu Gast in dieser Woche:

Dr. Nico Rose, selbstständig als Handlungsreisender für Sinnangebote, Autor zahlreicher Bücher zu Führung, Positiver Psychologie und Sinn.

29 Jul 2021#28 Digitale Bildung ist möglich!00:41:41

Diese Woche in der Zukunft:

Unser (Reiz-)Thema diese Woche: Bildung. Aber blicken wir zunächst eine Folge zurück. Letzte Woche hat Christian StöckerSpiegel-Kolumnist und Kognitionspsychologe, bereits erklärt, warum es uns so schwer fällt, exponentielles Wachstum vorzustellen. Ein Grund: Unser Verständnis von Bildung und das Mindset von Menschen, die heute über Bildung entscheiden. Genauer: Die Art und Weise, wie klassisch gebildete Menschen über Technologie und Wissenschaft diskutieren. Es gilt immer noch als sympathisch, absolute Unkenntnis über die Funktionsweise von Rechnern zu demonstrieren. Aber wehe man hat „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ nicht gelesen – dann ist aber was los! Und dieses Mindset von Entscheidern führt letztendlich auch dazu, dass man in Deutschland immer noch das Abitur ohne Computerkenntnisse abschließen kann.

Keine Pointe und so viel zur offensichtlichen Kritik. Aber wie kann denn zeitgemäße und digitale Bildung funktionieren? Micha Pallesche hat das als Rektor der Ernst-Reuter Gemeinschaftsschule in Karlsruhe bereits vorgemacht und den Lehrbetrieb seiner Schule grundlegend verändert. Er hat gezeigt: Digitalisierung in der Schule bedeutet weit mehr, als Lehrer mit Tablets auszustatten. Völlig zurecht wurde die Gemeinschaftsschule 2017 als „Smart School“ ausgezeichnet – und damit seine Leistung, ein Bildungssystem zu reformieren. Im Gespräch mit Michael Carl beschreibt der Medienpädagoge diesen Prozess und gibt Einblicke in den Alltag einer zukunftsweisenden Schule.

Ein sehr erfreuliches Update zu unserem Buchprojekt „Creating a better normal: re:start 2021“: Einige Autor:innen haben bereits zugesagt und es sind noch Plätze im Team „Creating a better normal“ frei! Genau jetzt ist es Zeit, sich aktiv auf die Zeit nach der Pandemie vorzubereiten, das künftige Normal zu entwerfen, zu diskutieren und zu gestalten: Wie wollen wir arbeiten und zusammenarbeiten? Wie wollen wir kommunizieren, wie integrieren, wie entscheiden und wie leben?

Mehr Infos findet ihr auf carls-zukunft.de

Oder kontaktiert Michael Carl direkt: Entweder per Mail oder kommentiert gerne bzw. markiert jemanden in seinem LinkedIn-Artikel, der unbedingt dabei sein sollte.

Die Gäste dieser Woche:

Micha Pallesche, Rektor der Ernst-Reuter Gemeinschaftsschule in Karlsruhe, die unter seiner Führung 2007 den Ehrentitel „Smart School“ erhielt, Medienpädagoge, Digitalvordenker

Christian Stöcker, Kognitionspsychologe, Professor für Digitale Kommunikation an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW), 

24 Mar 2022#88 Carsten Mumm – Ein neuer Generationenvertrag00:48:02

Diese Woche in der Zukunft:

Ein neuer Generationenvertrag muss her. Und zwar schnell. Natürlich werden wir länger arbeiten. Natürlich über Steuern oder Beiträge mehr in die Rentenkasse einzahlen – und weniger herausbekommen. Aber diese Stellschrauben der Vergangenheit reichen nicht mehr. Spätestens 2030 ist die Decke zu kurz. Bis dahin muss der neue Generationenvertrag stehen, sagt Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Privatbank Donner und Reuschel, im Podcast. 

Ein wichtiger Treiber der Entwicklung: Die Demographie. Der demographische Wandel ist kein harmloser Wandel. Vor uns steht eine ausgewachsene demographische Krise. #WirSindDieKrise

Wir müssen also an die Grundlagen ran. Zuallererst: Was ist Arbeit? Arbeit ist das, was der Gesellschaft zugutekommt. Das ist etwas anderes als Beitragsjahre zählen. Das Zeitalter schematischer Bemessung von Beitragsjahren und Rentenhöhe geht zu Ende. Leistungen für die Gesellschaft und persönliche Belastungen sind individuell hoch unterschiedlich. Gleichzeitig kann es nicht das Ziel sein, dass jede:r solange arbeitet, bis er:sie nicht mehr kann. Niemand soll mit 70 noch auf dem Bau schuften müssen. Volle Belastung bis zur Erschöpfung für alle kann nicht das Ziel sein, eher im Gegenteil: Wir sollten lernen, Berufsleben so zu gestalten, dass die Belastung möglichst gering ist. 

Carsten sieht alle Generationen in der Pflicht. Die heutigen Neu-Rentner müssen den Jungen das Fachkräfteproblem lösen. Mit 67 einen Cut machen und sich nur noch um die Blumen kümmern, das können wir uns nicht erlauben. Alle Generationen müssen sich einbringen. 

Der Druck aus den Unternehmen könnte sich hier als hilfreich erweisen. Der allgegenwärtige Fachkräftemangel macht es attraktiv, die Mitarbeiter:innen länger in den Unternehmen zu halten – zumal viele Menschen länger arbeiten und sich sinnvoll einbringen wollen.

Was haben jüngere Menschen davon, einen neuen Generationenvertrag auszuhandeln? Carsten weist darauf hin: Nicht zuletzt, weil die ältere Generation in der Mehrheit ist, kommen wir um ein Miteinander gar nicht umhin. 

Der praktische Hinweis zum Schluss: Wir haben selber vorzusorgen. Der Details sind viele, die Basics schlicht: 20 € im Monat machen schon einen Unterschied, übersetzt: Einen Cappuccino Grande pro Woche bei Starbucks lassen, stattdessen konsequent früh anfangen, Aktien kaufen, liegen lassen. Über die Jahre sind Schwankungen in Kurs und Wert eher hilfreich als riskant. 

Zu Gast in dieser Woche:

Carsten Mumm, Chefvolkswirt Privatbank Donner & Reuschel.

Youtube/Twitter

05 Oct 2023#175 Carla Glassl – Carbon Capture, was sonst?!00:42:22

Wir haben letztlich keine Wahl. Natürlich müssen wir den CO2-Ausstoß auf Null bringen. Natürlich muss das schnell gehen. Aber um eines kommen wir nicht umhin: Das CO2, das sich bereits in der Atmosphäre befindet, zu reduzieren. Sagt Carla Glassl. Die Molekularbiologin und Datenspezialistin ist eine der Gründerinnen von Ucaneo. Das Berliner Startup entwickelt Technologien, um CO2 aus der Luft abzuscheiden.

Carla argumentiert: Wir müssen. Wir können auch, mehrere Technologien stehen bereit. Wir werden über Kosten und Aufwand sprechen müssen. Dafür gibt es einen entscheidenden Hebel, den CO2-Preis. Sobald dieser in einer angemessenen Höhe angesetzt ist, steht auch das Geschäftsmodell.

Das gängige Problem von CO2-Abscheidung: Der Maßstab. Bisherige Lösungen sind ok, aber vor allem viel zu klein, um im globalen Maßstab irgendeinen Unterschied zu machen. Ucaneo strebt nach mehr. 0,5 Gigatonnen CO2 will das Startup bis 2030 aus der Luft nehmen. Das entspricht dem Lebensgewicht aller Menschen heute zusammen. Um dieses Ziel realistisch erreichen zu können, setzt Carla auf dezentrale Lösungen. Ucaneo strebt Container an, die seriell produziert werden können, einer nach dem anderen. Der Prozess wird anfänglich noch nicht sehr effizient sein. Das dezentrale Vorgehen bietet aber gerade die Chance, unterwegs zu lernen.

Auch wenn die Webseite von Ucaneo nicht nicht wirklich informativ ist, erhält das Startup laufend Anfragen von Unternehmen der chemischen und produzierenden Industrie. War lange Erdgas gesetzt als Kohlenstoffquelle für Produkte aller Arten, beginnt hier ein Wettbewerb: Wer kann ausreichend Kohlenstoff bereit stellen? Wie gesagt: Wir haben letztlich keine Wahl. Sagt Carla.

Zu Gast: Carla Glassl, Molekularbiologin und Datenspezialistin, eine der Gründerinnen von Ucaneo

06 Jan 2022#77 Daniela Bohlinger – Nachhaltigkeit ist kein Trend00:38:23

Diese Woche in der Zukunft: 

Die Party geht gerade erst los. So sagt es Daniela Bohlinger im Gespräch mit Michael Carl. Daniela ist Head of Sustainability Design bei BMW und „Professor at practice“ an der Universität Umea in Schweden. Seit vielen Jahren treibt sie das Thema in der Industrie und sagt: Nachhaltigkeit ist ein iterativer Prozess. Er hat kein Ende. 

Danielas These: Nachhaltigkeit ist kein Trend, sondern eine Lebensversicherung. Die Herausforderung von Nachhaltigkeit ist nicht, einen Trend rechtzeitig zu erkennen und auf ihn aufzuspringen. Nachhaltigkeit ist kein Nokia-Problem. Vielmehr geht es um eine grundlegende Transformation des Unternehmens und seiner Kultur, geht um den Dreiklang wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit. Wer da Nachhaltigkeit nur ans Firmentor schreibt, verfehlt das Thema.

Danielas Einschätzung ist deutlich: Wer sich nicht klar auf Nachhaltigkeit ausrichtet, hat eine begrenzte Lebensdauer. Das kann zwar durchaus noch eine Weile gehen. Aber es ist eben endlich. Wir können nicht mehr sagen: Wir lassen die Tür zu, dann kommt Nachhaltigkeit nicht hinein. 

Natürlich: Kunden fragen inzwischen aktiv nach Sustainability. Aber selbst wenn die Kunden es nicht verlangen würden, dass ein Unternehmen sich nachhaltig aufstellt, bleibt die Anforderung bestehen. Allein um relevant zu bleiben, für und die Mitarbeiter:innen, ist es nötig, sich nachhaltig aufzustellen. 

Was Daniela dabei wichtig ist: Nachhaltigkeit ist kein Verzichts-Kurs. Auch wenn sie lange Auseinandersetzungen mit Einkäufern führt, die darauf aus sind, immer wieder dieselben Materialien zu beschaffen. Nachhaltigkeit bedeutet nicht, Teile minderer Qualität oder nicht in ausreichender Menge zu beschaffen. Nachhaltig wäre es eher, darüber nachzudenken, ob das Teil überhaupt notwendig ist. So führt Nachhaltigkeit zu Innovation. 

Zu Gast in dieser Woche:

Daniela Bohlinger, Head of Sustainability Design bei BMW, Professor at practice für Sustainability, Universität Umea, Schweden.

19 May 2022#103 Axel Kaiser – Aus der Traum von Zahnpasta00:47:07

Diese Woche in der Zukunft:

Im normalen Leben betreibt er mit seinem Bruder ein Dentallabor und macht Kronen und Brücken. Gelernt hat er Automechaniker. Seine Leidenschaft gilt dem Fragen stellen. So kam Axel Kaiser dazu, Tabletten für die Zahnpflege herzustellen, Denttabs. Axel sagt: In zehn Jahren wird es keine Zahnpasta mehr geben. Und wer jetzt Angst vor Karies und Faktur bekommt, der sei beruhigt. Axel sagt: Das ist gut so, denn nahezu alles, was wir über das Zähneputzen zu wissen glauben, ist schlicht falsch. 

Die Frage, mit der die Reise zu den Denttabs begann, war: Warum ist eigentlich Wasser in der Zahnpasta? Zumal wir wegen des Wassers in der Paste eine ganze Reihe anderer Stoffe brauchen, von denen wir nicht wollen, dass sie sich über die Jahre im Körper ansammeln. Das führte zu den ersten Denttabs. Die Tablette war also zuerst da. Aus den Erfahrungen der Nutzer hat Axel dann gelernt, dass wir mit dem meisten, was wir über Zahnpflege wissen, falsch liegen. Anders gesagt: Was das eigentliche Potenzial der Tabletten ist. Bei DM wurden sie gelistet, weil die Verpackung kompostierbar ist. Egal, Hauptsache, es geht voran. 

Das Richtige tun. Um diesen Begriff kreist das Gespräch zwischen Michael und Axel. Ob das Projekt mit den Denttabs sich durchsetzt, ist noch offen. Ob es richtig ist, daran hat Axel keinen Zweifel. Er sagt: Jede:r von uns es in der Hand, selbst loszugehen und Fragen zu stellen. Dinge genau verstehen zu wollen. Und dann seine Schlüsse draus zu ziehen. Warum aber tun wir das oft nicht? Warum kommt niemand anderes in der Zahn-Branche auf die Idee, das WIssen über Zähneputzen zu hinterfragen und neue Lösungen zu entwickeln? Es ist doch nicht so, als wären alle in der Branche inkompetent. Im Gegenteil. 

Das ist der unternehmerische Erfolg: Nach vielen Jahren hört dir einer zu. Wenn ich ein gutes Produkt habe und ich das Leuten erklären kann, dann wird sich auch der wirtschaftliche Erfolg einstellen. Nicht immer. Aber so herum muss es sein. Auch wenn es fast 20 Jahre dauert, bis dieser Erfolg sich einstellt, wie bei Axel. Woher nimmt er seine Ausdauer? Aus seiner Arbeit. Axel betont: Wenn das, was ich an Arbeit mache, nicht Teil meines Lebens ist und ich keine tiefe innere Beziehung dazu habe, dann mache ich das nicht. Deshalb brauche ich auch keine Work-Life-Balance. 

Zu Gast in dieser Woche: Axel Kaiser, Gründer von Denttabs, mit Leidenschaft im Vorstand von BNW - Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft

03 Mar 2022#85 Abt Notker – Ohnmacht und Menschlichkeit in Zeiten des Krieges00:27:37

Diese Woche in der Zukunft: 

Außergewöhnliche Zeiten erfordern besondere Podcastfolgen. Aus Anlass des russischen Kriegs in der Ukraine ein Gespräch über unsere Angst und Ohnmacht, über das Gebot der Menschlichkeit und den Erhalt unserer optimistischen Haltung. Zu Gast ist Abt Notker aus dem Kloster St. Ottilien, lange Jahre als Abtprimas oberster Repräsentant der Benediktiner.

Abt Notker sagt: Wir müssen unsere Angst konfrontieren. Die Ängste müssen raus, wir sollen darüber sprechen. Indem wir uns Raum geben, die Angst zu äußern, nehmen wir uns die Freiheit, ins Handeln zu kommen. Gerade weil ich weiß, dass die Welt nicht perfekt ist, lasse ich mich nicht niederziehen. Ob die Angst uns unsere positive Grundhaltung nehmen kann, hat auch mit unseren Erwartungen zu tun. Abt Notker sagt: Bei mir gehört zum glücklichen Leben auch, dass ich Unangenehmes aushalten kann. 

Wir erleben den russischen Krieg in der Ukraine als ein schreckliches Ereignis, das uns machtlos macht. Eine Erfahrung der Ohnmacht. Abt Notker sagt: Der Gedanke, wir könnten alles kontrollieren und als Menschheit auch moralisch immer besser werden, führt in die Irre. Wir haben so vieles im Leben nicht in der Hand. Hinzu kommt ein weiteres: Wollen wir wirklich den russischen Aggressoren auch die Herrschaft über unsere Emotion geben? Oder sagen wir: Ihr wollt meine Angst, aber Ihr bekommt sie nicht?

Was gebietet die Menschlichkeit angesichts dieser Krise? Flüchtlinge aufzunehmen, aber auch ganz alltäglich aufeinander zu achten. Wenn jemand zu viel Angst hat, sollen wir einander zuhören, einander Gelegenheit geben, das Herz auszuschütten, dann kommen wir wieder ins Handeln. 

Zu Gast in dieser Woche:

Abt Notker, Benediktinermönch aus St. Ottilien, u. a. 16 Jahre als Abtprimas oberster Repräsentant der Benediktiner weltweit. 

16 Dec 2021#65 Lernen macht den Superhelden. Über die Arbeit der Zukunft00:41:32

Diese Woche in der Zukunft:

Sprechen wir über die Zukunft von Arbeit. Ist das schon Arbeit? Immerhin bereitet es doch Vergnügen, über die Entwicklung von Arbeit nachzudenken? Jedenfalls, wenn man das Vergnügen hat, das gemeinsam mit Robin Wunsch zu tun. Als Gründer und Vorstandssprecher der GuideCom AG hat Robin Wunsch mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich der Digitalisierung von HR-Prozessen. Seine Fokusthemen sind HR Trends, Usability, Innovation, Change-Management, Arbeitsplatzkultur und HR Role Model, die er als Product Owner für Magellan (eine digitale Lösung für den Bereich Personalmanagement und Organisationsentwicklung) einfließen lässt. Was ihn hauptsächlich antreibt, ist eine gute Zukunft der Arbeit. 

Aber wie ist die Arbeit von morgen? Ist das, wenn nicht mehr Mühe und Zwang im Vordergrund stehen, sondern Software und Robotik uns alles abnehmen, was anstrengend, nervig und reine Wiederholung ist, und wir ... ja, was eigentlich tun? Robin sagt: Ich glaube fest an eine Zukunft, in der wir am Steuer bleiben. Der digitale Kollege und ich, wir bilden ein Super Team. 

Wir werden in gemischt human-digitalen Teams arbeiten, mit einer zunehmend leistungsfähigen IT auf Augenhöhe. Die Differenzierung ist wichtig. Auch wenn IT vieles deutlich besser kann als wir selbst – Muster in großen Datenmengen erkennen, 24/7 gleich leistungsfähig sein, Aufgaben strukturieren und mehr – sieht Robin die IT nicht als den neuen Vorgesetzten. Das Bild ist eher dieses: Nebenan sitzt der Kollege, der sich schon seit Jahren mit einer bestimmten Materie befasst. Habe ich eine Frage, gehe ich einfach zu ihm, bevor ich selbst stundenlang recherchiere – und folge seiner Empfehlung. In diesem Sinne werden wir auch den Algorithmen folgen, ohne dass sie uns vorgesetzt sind. Wir folgen ja auch meist dem Navigationssystem und nicht dem hektischen Beifahrer neben uns. 

Zentral ist etwas anders: Es geht um unsere Grundbedürfnisse. Wir wollen autonom handeln können, soziale Zugehörigkeit erfahren und selbstwirksam sein, dann haben wir eine gute Aussicht auf Glück und Zufriedenheit. Robin betont: Es gibt keinen Grund, warum wir das nicht mit Technologie im Team erleben sollten. 

Aber wie ist sie denn nun, die Arbeit der Zukunft? Ein Merkmal, quer durch die Branchen: Massenhafte Individualisierung. Beispiel Personalentwicklung: Wir tun heute so, als könne die Quadratur des Kreises im Alltag gelingen, als könnten sich einzelne Mitarbeiter:innen der PE wirklich um die Entwicklung von vielen tausend Kolleg:innen kümmern. In Wahrheit führen sie Listen – „Wer hat 2021 schon seine Schulung zu Arbeitsschutz gemacht?“ – und beantworten Entwicklungsbedarfe maximal mit Seminarbuchungen – „Nächstes Jahr belege ich dann SAP für Fortgeschrittene II“. Sobald der Bot übernimmt, kann sich eine Personalabteilung tatsächlich individuell kümmern. Personalentwickler:innen können erstmals ernsthaft Karriereberatung anbieten. Fun fact: Indem die Technologie ihnen einen wesentlichen Teil der Arbeit wegnimmt, können sie erstmal ihren eigentlichen Job ausüben. 

Was macht mich in der Arbeit der Zukunft zum Superhelden? Expertenwissen allein ist es nicht mehr. Der Algorithmus hat im Zweifel tausendmal so viele Röntgenbilder dieses einen speziellen Tumortyps gesehen. Robins Einschätzung: Überfachliche Fähigkeiten werden in den allermeisten Fällen erheblich wichtiger als die fachlichen Fähigkeiten. Hinzu kommt: Die fachlichen Fähigkeiten wirklich aktuell zu halten, ist immer aufwendiger. Kreativität, Resilienz, Agilität, das brauchen wir. Die Wertigkeit von Berufen wird sich nachhaltig verändern. Kunsthandwerk wird in unserer Achtung und Wertigkeit steigen. 

Unsere zentrale Kompetenz in der Zukunft ist das Lernen. Das ist der Superskill von morgen. Wir müssen lernen, anders zu...

09 May 2024#206 Julia Moritz & Mathias Harrassowitz - Lernen ist gefährlich00:45:49

Lernen ist gefährlich? Und wie! Jedenfalls für die Strukturen, die erstarrt sind. Für die Kulturen, die es nicht aushalten, wenn man sie hinterfragt. Für die Organisationen, die nur stabil und sicher funktionieren, wenn alles immer „Weiter so!“ geht. Julia Moritz und Mathias Harrassowitz diskutieren mit Michael über das Lernen in Organisationen. Und wer sich über die Naturgeräusche im Hintergrund wundert: Dies ist die jährliche Folge aus Portugal, vom Future Camp von „Carls-Zukunft“.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Wir sprechen hier nicht über „Excel für Fortgeschrittene 2“ oder „Kritikgespräche richtig führen“. Da, wo es um schlichte Wissensvermittlung geht, passiert hoffentlich auch mehr als nur die Übergabe des Zertifikats. Julia, Mathias und Michael sprechen über Lernprozesse, die tiefer gehen, die Struktur und Vision eines Unternehmens in Frage stellen und damit weiter voran treiben. Diese sind gefährlich - siehe oben - und sind zugleich notwendig. 

Eine gängige Schulweisheit zu Lernen und Entwicklung von Organisationen lautet: In Krisen, da geht etwas. In Corona-Zeiten, da sind wir alle zu Home-Officers geworden. Wie nachhaltig das war, sehen wir heute, wo ein großes Unternehmen nach dem anderen versucht, die Menschen wieder in die Büros zu beordern, wo sie vermeintlich besser kontrolliert werden können. Als ob sie dessen bedürften… Krise führt eben nicht zum echten Lernen, Krise bestätigt eher die Rahmenbedingungen, nach der Krise ist nach der Ausnahme, zurück zur Normalität. In der Krise verändere ich mein Verhalten, aber ich habe meist keinen Raum für echte Lernprozesse. Es entsteht nichts Neues. Ausnahmen bestätigen die Regel. 

Wie aber trete ich einen Lernprozess los, wenn gerade keine Krise ist? Wie setzen wir eine Entwicklung des kollektiven Gehirns einer Organisation in Gang? Spätestens das lenkt den Gedanken auf Menschen in Führung und hierarchischer Verantwortung. Eine der zentralen Thesen der Zukunftsdiskussion auf dem Future Camp: Letztlich sind nachhaltige Entwicklung einer Organisation und ihr großer Lernprozess identisch. Es geht um die schlicht anmutende Frage: Wie machen wir es ein Stück wahrscheinlicher, dass die Organisation auf eine nachhaltig erfolgreiche Zukunft blicken kann - und diese auch erreicht? Klassische Hierarchie neigt oft dazu, diese Prozesse zu bremsen, schließlich stehen die eigene Karriere und die Rahmenbedingungen der eigenen Bedeutung in Frage. Womöglich sogar der Dienstwagen! Gleichzeitig braucht es den Anstoß und Antrieb, den Raum und die Kultur, um allen in der Organisation den Platz zu geben, die Organisation voranzutreiben. 

Julia Moritz, Mathias Harrassowitz und Michael Carl sind Hosts der Transformationsplattform „The Elephant“.

25 Jul 2021#16 Das Ende des Bargelds00:42:45

Diese Woche in der Zukunft:

Raumfahrt-Experte Torsten Kriening beantwortet die Frage der letzten Woche von Axel Kahl, Liquiditätsbringer mit Vitamin N, ob und wann wir zu erschwinglichen Preisen eine Rundfahrt um den Mond erleben dürfen. Sollten wir jetzt schon ins Reisebüro stürmen? Kriening selbst interessiert eher die Frage, ob wir neue Technologien wie KI und Quantencomputing jemals beherrschen werden können. Nächste Woche gibt es die Antwort dazu.

Warum sind Kryptowährungen das digitale Pendant zum Bargeld? Was für Werte übertragen wir eigentlich in Zukunft mit einem Bezahlsystem? Und werden wir mit unseren Daten bezahlen können? Eric William Pitts, Digital-Payment Experte, spricht mit Michael Carl über das Payment der Zukunft.

Der Einsatz von Künstlichen Intelligenzen ist Gegenwart und für Risikokapitalgeber bei jeder Investition schon längst eingepreist. Dennoch, so scheint es, ist vielen die Tragweite dieser Technologie immer noch nicht bewusst und in vielen Bereichen fehlt ihr Einsatz schmerzhaft. Stichwort: Fax in Gesundheitsämtern. Wir müssen also mehr darüber sprechen: Drei Punkte, warum Systeme Künstlicher Intelligenz so wichtig sind.

Die Gäste dieser Woche:

Axel Kahl, Vertriebsdirektor der CB Bank, Liquiditätsbringer mit Vitamin N, Start-up-Mentor im Ehrenamt.

Torsten Kriening, Raumfahrt-Experte, Verleger und Autor von Spacewatch.Global, Absolvent der International Space Academy als Space Manager.

Eric William Pitts, gefragter Digital-Payment-Berater, Inhaber und Digital Payment Solutions Advisor bei Pitts Worldwide, Strategic Market Manager bei Feig Electronic

13 Jun 2024#211 Christian Vollmann – Deine beste Chemiestunde jemals.00:47:44

Kann eine neue Chemie die Welt retten? Jedenfalls kann sie die Welt grundlegend verändern. Grünes Methanol, Kohlenstoff, Katalyse sind die Stichworte. Wenn dieser Wandel gelingt, ist das mindestens einen Nobelpreis wert, sagt Christian Vollmann. Er ist einer der Gründer von C1 und diese Woche zu Gast bei Michael.

Doch der Reihe nach: Kohlenstoff ist der grundlegende Baustein unseres Wohlstands. Seit Jahrhunderten nutzen wir ihn, um Kunststoffe, Treibstoffe und eine Vielzahl von Produkten herzustellen, die unseren Alltag prägen. Genommen haben wir diesen Kohlenstoff hauptsächlich aus fossilen Quellen - Öl, Gas und Kohle - und am Ende landet er in der Atmosphäre als CO2. Davon landet dort so immer mehr, die Folgen sind bekannt. Entnehmen wir den Kohlenstoff hingegen aus der Luft und nutzen diesen dann für Produkte oder Treibstoffe, entsteht ein Kreislauf. In der Atmosphäre landet immer nur das CO2, das vorher schon dort war.  

Wie kommen wir an diesen Kohlenstoff? Der menschengemachte Elektroweg ist noch in Entwicklung. Aber nehmen wir doch Pflanzen. Wann immer die Sonne scheint, gewinnen sie Kohlenstoff aus der Luft, um damit zu wachsen. Damit ist der Kreislauf schon fast geschlossen. Aber wie werden Pflanzen zu Ausgangsstoffen der chemischen Industrie, wie zu Treibstoff? Indem wir aus ihnen Methanol erzeugen. Einfachen Alkohol, den, der blind macht. Damit schließen wir den Kohlenstoff-Kreislauf. Nutzen wir dafür erneuerbare Energien, ist das Methanol grün.

Bislang ist das Verfahren aufwändig, schwerfällig, wenig flexibel und braucht große Mengen Energie. Hier kommt C1 mit ihrer neuen Chemie ins Spiel. Geht der Plan auf, können sie in drei Jahren die erste kommerziell taugliche Produktion in Betrieb nehmen.

Der Bedarf ist gigantisch. Schifffahrt, Langstreckenflugzeuge und chemische Produktion. Überall, wo es um die stoffliche Nutzung von Kohlenstoff geht - oder sich Antriebe nicht elektrifizieren lassen. (Das schließt Autos ausdrücklich aus. Wer immer noch an eFuels in Autos glaubt, muss wirklich noch einmal in den Chemie-Unterricht. Ganz vorne anfangen).

Das Team von C1 revolutioniert auf diesem Weg die etablierten Verfahren in der Chemieindustrie. Wie? Erläutert Christian. Sie wollen dreimal so schnell sein. C1 hat eine neue chemische Methode zur Katalyse entwickelt, die effizienter und weniger energieintensiv ist als bisherige Verfahren. Nicht im Labor, sondern im Rechner. Sie verändern das Ziel: Es geht um viele kleine und mittlere Anlagen, nicht unbedingt die großen. Und bei Erfolg werden wir binnen 15 Jahren die verfügbaren Pflanzenquellen alle erschlossen haben. Bis dahin muss der Elektroweg funktionieren, Kohlenstoff direkt aus der Luft zu gewinnen. Und diesen Erfolg, den brauchen wir.

Zu Gast: Christian Vollmann, Founder and CEO C1 Green Chemicals AG

21 Jul 2021#5 Das (un)sichtbare Digitale00:36:23

Diese Woche in der Zukunft:

„Wann bekommen wir in Deutschland endlich ein Digitalministerium?“, lautete die Frage von Digitalexpertin Stephanie Renda, die sie in der letzten Episode der Zukunftsstaffel gestellt hat. Michael Carl ergänzte dazu: „Und was werden wir dann davon haben?“ Die Antwort darauf liefert diese Woche Zukunftsforscher Kai Gondlach. Seine Einschätzung: Auch wenn wir höchst wahrscheinlich im kommenden Jahr ein Digitalministerium bekommen werden, entscheidend ist, um welche Themen es sich kümmern wird, vom Auslösen eines Gründerbooms über Technologieförderung bis hin zu Quantencomputern. Seine Frage an die Zukunft zielt auf die Umsetzung der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen. Wer die Antwort darauf liefert, erfahren Sie in der nächsten Folge.

Können wir lernen, das Digitale zu sehen und was bedeutet das für unseren Blick auf die Welt? Michael Carl geht dieser Frage im Gespräch der Woche mit Licht- und Medienkünstler Thorsten Bauer nach.

Das Printmedium „Tageszeitung“ wird innerhalb und außerhalb der Branche schon seit Jahrzehnten als totgerittener Gaul beschrieben. Bitte absteigen! Im carl institute arbeiten wir derzeit intensiv in Projekten mit der Printbranche. Im Podcast hören Sie Thesen zur Zukunft von Print, quasi direkt aus unserem Labor.

Noch ein Hinweis in eigener Sache: Vom 02.-04. Dezember veranstaltet das carl institute for human future das Zukunftscamp „Update Zukunft Winter 2020“ in Leipzig. Eine auf 12 Personen limitierte exklusive Veranstaltung mit Live Screening vom Web Summit 2020 in Lissabon. Mit inspirierenden Gästen und dem Team vom carl institute for human future aktualisieren wir unser Zukunftsbild.

Die Gäste dieser Woche:

Stephanie Renda, Expertin für Digitale Transformation, Serial Entrepreneur, Mitglied des Beirats Junge Digitale Wirtschaft beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

Kai Gondlach, Zukunftsforscher, Strategieberater, Mitgründer des Alumnivereins der deutschsprachigen Zukunftsforschung, Dozent an der aim – Akademie für Innovative Bildung und Management und Mitglied der World Futures Studies Federation

Thorsten Bauer, international gefeierter Medienkünstler, Partner & Business Development URBANSCREEN Gmbh Co Kg und Kurator der Elbphilharmonie Mediawall Hamburg

20 Jan 2022#79 Carlos M. Frischmuth – New Work Bullshit00:37:03

Diese Woche in der Zukunft: 

Vorsicht vor dem New Work Bullshit! Sagt Carlos M. Frischmuth, Managing Director bei Hays, im Gespräch bei Michael. Was hat er nur gegen einen wöchentlichen Obstkorb vorne am Empfang und den Kickertisch im Keller? Das Versprechen von New Work, sagt Carlos, geht tief, jedenfalls wenn wir es ernst nehmen. Der Bullshit-Faktor ist: Wenn wir leichtfertig so tun, als komme New Work automatisch und alle würden davon profitieren. Das wäre eine Diskussion in der Blase und die ist gefährlich. 

Frithjof Bergmann hat die Grundzüge des Themas New Work schon in den 70er und 80er Jahren entwickelt, für die Automobilindustrie in Detroit. 70er und 80er des vorigen Jahrhunderts! Jede Führungskraft, die heute klassisch in Verantwortung steht, hat sich also aus guten oder schlechten, jedenfalls aber sie überzeugenden Gründen dafür entschieden, traditionell zu führen. Was ist also dran am großen Versprechen von „New Work“?

Dies sind einige der großen Themen des Wandels in der Arbeit: Wir erleben einen massiven Arbeitskräftemangel. 8 bis 10 Mio. Menschen verlassen den Arbeitsmarkt in den kommenden Jahren – und müssten bleiben, weil nicht genügend nachwächst. Allein mit mehr Migration gegenzusteuern oder mehr Frauen in Vollzeit zu bringen, wird nicht im Ansatz reichen. Diese Entwicklung treibt Unternehmen dazu, ihre Unternehmensmarke zu entwickeln, ihre Geschichte zu erzählen. Auf dieser Welle segelt auch New Work, auch in die Übertreibungen. Michael und Carlos diskutieren, ob der Wandel von Führung und Unternehmenskultur, den wir New Work nennen, überhaupt nachhaltig erfolgreich sein kann, wenn New Work nur aus der Not heraus geboren ist. Und New Work ist vielfach eine Antwort aus der Not. Darum die dringende Mahnung von Carlos: Bleiben wir ehrlich. Erzählen wir uns, wie das Unternehmen tatsächlich erlebt wird und pusten keine Blasen auf. 

Daran sei kein Zweifel: Arbeit wird sich wandeln, grundlegend wandeln. Wer heute noch von einer Unternehmens-DNA spricht, wird sich schwertun, denn DNA verändert sich ja gerade nicht. Wie soll aber unsere Zielkultur sein – und woran kann ich die Entwicklung messen? 

Carlos rät, Kulturbeauftragte im Unternehmen zu installieren, die sich aktiv darum kümmern. Er nennt Führung, Kultur und Kommunikation als die großen drei. Natürlich, bessere Kommunikation braucht es immer. Carlos sagt: Kommunikation ist ein Kitt. Sie hält das Unternehmen zusammen und bietet gleichzeitig Flexibilität zur Entwicklung. 

Zu Gast in dieser Woche:

Carlos M. Frischmuth, Managing Director Hays, Autor von “New Work Bullshit”

16 Jun 2022#107 Katharina Reuter – Nachhaltigkeit radikaler denken00:32:52

Diese Woche in der Zukunft:

Was wissen wir alle noch nicht über Nachhaltigkeit? Katharina Reuter sagt: Wir sind uns immer noch nicht der Dramatik unserer Situation bewusst. Dass Nachhaltigkeit ein Thema ist, haben inzwischen viele verstanden. Unternehmer:innen ohnehin, aber auch Verbände. Aber mit welcher Drastik wir an die Kerngeschäfte unserer Unternehmen, an die Regularien unserer Gesellschaft und unser Konsumverhalten ranmüssen, ist doch noch nicht überall präsent. Hinter der Fassade begegnet Katharina immer noch und immer wieder die Annahme, im Kern könne doch noch eine Weile alles im Wesentlichen so bleiben wie es ist und immer schon war. Überraschung: Kann es nicht. Katharina sagt: Das dürfen wir schon aus purem Selbstschutz nicht tun. 

Wie können wir jetzt also ein Gespür für diese Dringlichkeit herstellen? Ganz offensichtlich eine der Kernfragen. Ein Tankrabatt hilft jedenfalls nicht …. Spannend ist auf jeden Fall unsere Sprache. Warum nennen wir das eine Banane und das andere Biobanane – anstatt von Banane und Pestizidbanane zu sprechen? Unser Bild von Normalität steht in Frage. Das neue Normal braucht auch neue Begriffe. Was wäre denn ein attraktiver Begriff, den wir statt „Ressourceneffizienz“ verwenden könnten? Wer einen Vorschlag hat, immer her damit. 

Schauen wir in die Zukunft: Wenn wir es in zehn Jahren geschafft haben werden, uns schnell genug in Richtung Nachhaltigkeit zu verändern – wo stehen wir dann? Katharina sagt: Hoffentlich haben wir dann endlich unsere Prioritäten sortiert, haben in unseren Strategien und Zielsystemen verankert, dass Nachhaltigkeit gleichberechtigt neben unternehmerischem Erfolg steht. Ökologie, Soziales und der Profit eines Unternehmens können nicht mehr über oder untereinander vorkommen. Katharina betont: Wir haben nicht mehr die Wahl, einfach so weiterzumachen wie bisher, also sollten wir alle radikaler denken und nicht darauf warten, dass es jemand vor uns tut. 

Eine offene Frage: Warum lassen wir uns immer noch Diskussionen von gestern aufnötigen? Ein Erklärungsansatz: Während die weit überwiegende Mehrheit von Unternehmen längst verstanden hat, dass die Transformation zu mehr Nachhaltigkeit zwar radikal, aber der Weg zum Erfolg ist, hängen die klassischen Verbände vielfach hinterher und warten noch auf den letzten, der noch in seiner alten Welt hängt. Vielleicht brauchen wir neue Verbände?

Zu Gast in dieser Woche:  

Katharina Reuter, CEO des Bundesverbands Nachhaltige Wirtschaft (BNW)

04 May 2023#153 Norbert Hegmann & Thorsten Bausch – Gib mir meinen Supermarkt!00:49:32

Da steht eine „Tante Enso“-Filiale im Dorf. Ein vollwertiger, scheinbar ganz normaler Supermarkt. Die erste Besonderheit: Er ist da. Wo „Tante Enso“ hingeht, haben sich alle anderen Lebensmittelgeschäfte längst zurückgezogen. Und alle anderen Geschäfte meist auch. Orte zwischen 1.000 und 3.000 Menschen. Zweite Besonderheit: Nach dem klassischen Ladenschluss kaufe ich halt digital ein. Vor Ort im Markt. Dritte und wahrscheinlich wichtigste Besonderheit: Der Markt folgt meinen Wünschen. Auf allen Ebenen. Und genau dafür wurde er erdacht und gebaut. Entwickelt haben das Prinzip „Tante Enso“ Norbert Hegmann und Thorsten Bausch. Sie leiten myEnso und sind im Podcast zu Gast.

Warum können Norbert, Thorsten & Team das, woran alle anderen großen Lebensmittelketten scheitern? Sie sagen: Weil wir nicht aus der Branche sind – und weil wir konsequent den Menschen in den Mittelpunkt stellen. myEnso macht keine Marktforschung, um neue Kampagnen zu entwickeln. myEnsos Alltag ist im Grunde laufende Marktforschung. Eine permanente Feedbackschleife – mit „Wünsch Dir was!“-Button digital und analog im Laden. Passend dazu ist die Genossenschaftsstruktur. Wer „Tante Enso“ mag, kann nicht nur hier kaufen, sondern sich zum Teil machen und Gesellschafter werden. 

Angst vor Nachahmung haben Thorsten und Norbert kaum. Das, was im Grunde nicht kopierbar ist, ist die Haltung, mit der das Unternehmen seine Kette aufbaut. Und selbst wenn jemand käme, um dasselbe Prinzip im Bekleidungshandel oder anderen Branchen anzuwenden, würde es ja nur größer. 

Für die ersten 20 Märkte haben sie noch mehrere Jahre gebraucht. Weitere 40+ sind in der Pipeline und werden aktuell vorbereitet. In wenigen Jahren wollen sie 1.000 „Tante Enso“ in Deutschland stehen haben und die Marke als die vertrauenswürdigste in Deutschland etablieren. Im Grunde, so Thorsten und Norbert, sei doch ihr Ansatz der normale und naheliegende. Das zu etablieren und groß zu machen, dafür treten sie an. Das ist ihr „Next Big Thing“. Und dass sie das in die Welt bringen wollen, das haben sie bei der Gründung unterschrieben.

Zu Gast: Norbert Hegmann & Thorsten Bausch, Gründer und Geschäftsführer von myEnso

22 Jul 2021#7 Die Chancen von KI00:37:49

Diese Woche in der Zukunft:

„Wann werden wir die Gleichstellung aller Geschlechter erreicht haben und woran werden wir das bemerken?“, lautet die Frage von Angela Krug in der dieswöchigen Zukunftsstaffel. Eine Antwort darauf gibt Thomas Klindt, Rechtsanwalt und Spezialist für Haftungsfragen rund um Digitalisierung, KI und Connectivity. Er wiederum fragt sich und die Zukunft, wann wir Tierrechte kodifizieren werden. Nächste Woche erfahren Sie eine Einschätzung dazu.

Weg von der Standardisierung und hin zu einer individuellen Produktion in der Industrie – KI als Werkzeug der industriellen Transformation: Chris Boos, KI-Experte und Mitglied des Digitalrats der Bundesregierung, im Gespräch mit Michael Carl. Kleiner Spoiler: Tendenziell haben die falschen Leute Angst, von der KI verdrängt zu werden.

Future revisited: Die Tageszeitung Nürnberger Nachrichten hat Michael Carl vor sieben Monaten zu seiner Einschätzung zu Weihnachtsmärkten in Zeiten von Corona befragt. Zeit für eine Analyse seiner damaligen Thesen: Wo stehen wir heute?

Die Gäste dieser Woche:

Angela Krug, Expertin für nachhaltige Entwicklung und Bereichsleiterin bei Engagement Global gGmbH

Thomas Klindt, Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Noerr LLP, Experte für Haftungsfragen rund um Digitalisierung, KI und Connectivity, Herausgeber von juristischen Fachmagazinen und Dozent für europäisches Produkt- und Technikrecht an der Universität Bayreuth.

Chris Boos, KI-Pionier, Gründer des IT-Unternehmens arago GmbH, Investor und Mitglied des Digitalrats der Bundesregierung

25 Jul 2021#17 Gesundheit der Zukunft00:39:09

Diese Woche in der Zukunft:

Martin Hirsch, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin und Miterfinder der Diagnose-Software ADA, beschreibt im Gespräch mit Michael Carl, wie KI die Medizin heute schon unterstützt und was Künstliche Intelligenz in zehn Jahren leisten wird. Er ist sich sicher: Künstliche Intelligenz wird unsere Haltung zu Medizin von Grund auf verändern – weg vom Fokus auf die Krankheit und hin zum Erhalt unserer Gesundheit. Personalisierte Prävention ist hier das Stichwort. Wenn Sie neugierig sind: Testen Sie ruhig mal die KI basierte Diagnose-Software ADA, gibt es in jedem App-Store, und berichten Sie uns Ihre Erfahrungen.

Der Gast dieser Woche:

Martin Hirsch, Professor für Künstliche Intelligenz an der Universität Marburg, Co-Founder und Chief Scientific Advisor bei ADA Health

25 Jul 2024#217 Micha Pallesche – Was bedeutet Zukunft für Schule?00:47:17

Vielleicht ist der Fehler im System schon daran zu erkennen, dass wir uns auf die großen Ferien freuen - und eher nicht so sehr auf das nächste Schuljahr. Warum eigentlich? Möglicherweise ist das System Schule dabei, von der Welt abgehängt zu werden. Eine gefährliche Spannung: Lernen wird immer wichtiger, aber findet es in der Schule statt? Micha Pallesche ist Schulleiter der vielfach ausgezeichneten Ernst-Reuter-Schule in Karlsruhe. Er zeigt: Schule geht anders. Ja, auch eine ganz normale staatliche Regelschule geht anders.

Im Podcast berichtet Micha, wie er bewusst gegensteuert. Impulse im Klassenzimmer? Maximal ein Drittel der Zeit. Hinzu kommen ein Drittel Kollaboration und ein Drittel Selbstlernphasen. Aus Lehrern werden Lernbegleiter, die darauf vertrauen, dass die Kinder etwas wollen, und ihnen den Raum dafür geben. Micha setzt darauf, den Schülerinnen und Schüler Aufgaben zu geben, die sie allein nicht lösen können - und für die es oftmals gar keine vorgefertigten Lösungsmuster gibt. Dann passiert etwas. Was wir brauchen, sagt Micha, sind unbestimmte Räume. Denn das zählt zu den Absurditäten des üblichen Schulablaufs: Ein maximal bestimmter Raum soll Menschen auf maximal unbestimmte Räume vorbereiten.

„Carls Zukunft“ hat vor kurzem ein Whitepaper veröffentlicht, das sich einer ganz einfachen Frage widmet: Was bedeutet Zukunft für Schule? Wenn wir uns allein die Felder anschauen, bei denen sich die Zukunftsforschung stabile Aussagen zutraut: Wer in den 30er Jahren die Schule verlassen wird, tritt in eine Welt, in der Arbeit etwas völlig neues bedeutet. In der neben den Klimaschutz längst die alltägliche Klimafolgenanpassung getreten ist. In der Fakt und Fake medial längst kaum noch zu unterscheiden sind. In der der Krieg seine Wunden und Narben hinterlassen hat. Was folgt daraus? Zumal: Was Unternehmen und Organisationen Zukunft nennen, ist in Schulen Gegenwart: Wer in zehn Jahren die Schule abschließt, ist längst täglich dabei. Zukunft ist hier Gegenwart. Kann Schule das?

Micha und Michael diskutieren intensiv die zentrale Erkenntnis des Whitepapers: Die wichtigste Aufgabe von Schule ist es, junge Menschen dazu zu befähigen, das Curriculum des eigenen Lebens immer wieder neu zu entwerfen. Das ist mehr als nur lebenslanges Lernen. Wir brauchen die Fähigkeit, immer wieder für uns selbst herauszufinden, was wir lernen wollen und können.

Zu Gast: Micha Pallesche, Schulleiter der Ernst-Reuter-Schule Karlsruhe

15 Dec 2022#133 Wolfgang Cramer – Nur globale Gerechtigkeit sichert unser Überleben00:43:15

Diese Woche in der Zukunft: 

Unbequeme Einsichten: Auf gar keinen Fall kann man sich ein langfristiges Überleben der Menschheit vorstellen, wenn die globale Ungleichheit nicht abgebaut wird. Im Moment sprechen wir darüber zu helfen. Als ob es darum ginge. Dabei helfen wir nur, die von uns selbst verursachten Schäden abzufedern. Stattdessen müssen wir über Verantwortlichkeit sprechen. Das sagt Wolfgang Cramer, Geograph und Klimaforscher in Deutschland und Frankreich, seit vielen Jahren einer der Autoren der Weltklimaberichte. 

Das globale Ungleichgewicht ist seit vierzig Jahren benannt und verschärft sich. Auf der jüngsten Klimakonferenz wurde es mal thematisiert und ein Fonds eingerichtet, allerdings ohne ausreichende Mittel. Das ist eine Frechheit, so Wolfgang. 

Zur Klimakrise trägt Wolfgang einen gehörigen Pessimismus in sich: Eine Perspektive auf 1,5 Grad existiert schlicht nicht mehr. Ein Fall von selbst Schuld; die nötige Transformation wäre gut machbar, allerdings hätte sie längst begonnen haben müssen. Hat sie nicht. Was ist dann realistisch? Wolfgang betont: Das ist keine wissenschaftliche, sondern rein politische Frage. Wir könnten mehr als wir selber glauben. Aber Wolfgang ist skeptisch. 

Parallel mindestens so folgenschwer ist die Krise der Biodiversität. Wir verlieren nicht nur Arten, sondern ganze Ökosysteme. Das hat ganz handfeste Folgen für uns selbst, für den Menschen. Wir verlieren die tropischen Korallenriffe und das arktische Seeeis. Allein davon hängen bis zu einer Milliarde Menschen auch ökonomisch ab. Tourismus, Fischerei, Nahrung – wir verlieren einen wesentlichen Teil unserer Nahrungsgrundlage. Dasselbe Bild zeigt sich in der Landwirtschaft. Anders als wir vielfach glauben sichert nicht die hochgezüchtete Monokultur die landwirtschaftliche Produktion. Im Gegenteil. Wir verlieren aktuell das Ökosystem Boden und entziehen damit der Nahrung im wahrsten Sinne die Grundlage. 

Wir stehen vor erheblichen Konflikten, die national sehr unterschiedlich ausgetragen werden. Wenn der Druck weiter steigt, wie tragen wir diese Konflikte richtig aus? Lassen wir uns ablenken und streiten über Migration oder Kosten oder gelingt es uns, die eigentliche Frage in den Vordergrund zu stellen? Wolfgang sagt: Wir benötigen eine ernsthafte Diskussion, ob wir tatsächlich nur möglichst viele, möglichst große Autos bauen und auf dem ganzen Planeten verkaufen müssen – und dann wird schon alles gut. Das ist der Kern. 

Wolfgang kommt aus einer Tradition, in der Wissenschaftler:innen einen vollständig neutralen Blick haben müssen. Die Wissenschaft liefert Fakten und überlässt es den gesellschaftlichen Kräften, über die Konsequenzen zu diskutieren. Diese Position empfindet Wolfgang als zunehmend absurd und positioniert sich heute anders. Jede Art von Protest muss gewaltfrei sein. Aber Straßenblockaden oder symbolische Aktionen sind ganz offensichtlich notwendig. 

Zu Gast in dieser Woche:

Wolfgang Cramer, Geograph und Klimaforscher, war lange Professor in Potsdam, forscht und lehrt in Frankreich und ist einer der Mitautoren der Weltklimaberichte

27 Jul 2021#23 Die deutsche Automobilindustrie I00:37:38

Diese Woche in der Zukunft:

Let´s face the facts: Die deutsche Automobilbranche hat viele Innovationen der letzten Jahre verschlafen hat und steht deswegen immer mal wieder in der Kritik, um es mal freundlich zu formulieren. Also ständig. Welche Faktoren sind hier prägend, und – wichtiger noch – welche Chancen erwachsen daraus? Zeit für ein Gespräch mit dem Branchenexperten und Mobilitätstreiber Alex Voigt. Teil I unserer umfassenden Analyse der deutschen Automobilbranche und der Zukunft der Mobilität in Deutschland.

Apropos untote Branchen, die künstlich am Leben erhalten werden: Die Bundesregierung hat ihr Vorhaben zur Presseförderung konkretisiert und will ab Mai insgesamt 220 Millionen Euro an Presseverlage ausschütten. Selbstverständlich nicht für rein digitale Medien und vor allem nur für konkrete Projekte der Verlage wie (kein Scherz): die Anschaffung von VR-Brillen, Computerkurse etc. Was ist daran zukunftsträchtig? Übt sich die Bundesregierung in Branchen-Nekromantie? Und vor allem: Was soll das? Ein kleiner hochpulsgetriebener Rant.

Der Gast dieser Woche:

Alex Voigt, Mobilitätsexperte, Autor, Ingenieur

05 Sep 2024#223 Gert Mengel – Abschreiben gilt nicht!00:56:15

Nehmen wir die Sprüche von Paulo Coelho doch mal ernst. In Sonntagsreden rezitiert, in der Klassenarbeit rot angestrichen. Von wegen "aus Fehlern lernen". Klassisch lernt das Kind: Pünktlich sein, Arbeitsanweisungen zuverlässig ausführen, der Obrigkeit zuhören. Damit kann ich anschließend 40 Jahre unfallfrei Traktor fahren. Aber eine Kompetenz für die Welt von heute und morgen ist das nicht. Schule kann deshalb nie so bleiben, wie sie war, sagt Gert Mengel, Schulleiter der Don-Bosco-Schule in Rostock. 

Heute muss es um eine Grundhaltung des Lernens gehen: um Offenheit, Neugierde. Der Einzelkämpfer hat ausgedient. Die Herausforderungen von heute lassen sich nur in Kooperation lösen. Teilen ist eine zentrale Kompetenz. Die Ressourcen werden knapper, wir werden es lernen müssen.

Ein tief gehender Veränderungsprozess in Schulen braucht zehn bis 15 Jahre. Auch das geschieht wie im Lehrbuch: Die einen befassen sich mit den Themen und entwickeln neue Vorschläge – die anderen halten die Vorschläge für das Problem. Für eine echte Entwicklung in der Schule braucht es Geduld und Zeit – oder eine Krise. Gert betont: Viele der Schulen, die heute ausgezeichnet und begehrt sind, standen zunächst vor dem Ende.

Gert arbeitet an einer anderen Prüfungskultur. Warum ist die Klausur das Ende – es kann doch auch die Mitte sein, oder? Arbeiten wir mit den Ergebnissen weiter, lassen wir Schüler sich gegenseitig Feedback geben, eben: lernen. Der Originalvorwurf, den Gert daraufhin bekam: „Ja, aber dann sind doch am Ende alle gut“. Als wäre es die vornehmste Aufgabe der Schule, permanent zu filtern, wer gut und wer schlecht ist – anstatt dafür zu sorgen, dass alle lernen und sich entwickeln. Schule als System mit selektierendem Charakter … Gert hält dagegen: Schule soll nicht Grenzen aufzeigen, sondern Horizonte öffnen.

Moderne Unternehmen arbeiten team- und projektorientiert. In der Schule ist das ein Täuschungsversuch; man sieht den Unterschied. Gert verweist auf die Lernprozesse, die tief im System stecken. Da kann der Schulleiter in der Abschlussrede sagen, was er möchte. Die Praxis zeigt: Wer am besten den Ellenbogen einsetzen kann, um andere am Abschreiben zu hindern, der bekommt die besten Noten, der wird Karriere machen. Wir wundern uns dann, warum New Work nicht funktioniert. Wir wundern uns, warum es den Vorgesetzten an sozialer Kompetenz mangelt. Dabei braucht es gar nicht so wahnsinnig viel Mut. Im Rahmenplan steht: Die Schüler sind in die Gestaltung des Unterrichts einzubeziehen. Einfach mal an die Gesetze halten.

Die Folge mit Micha Pallesche gibt es hier.

Zu Gast: Gert Mengel, Schulleiter der Don-Bosco-Gesamtschule in Rostock. Seine Podcasts „Kreide.KI.Klartext“ und „Große Hofpause“ sind auf allen Podcast-Plattformen.

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30 Dec 2021#73 Silvester mit Suchtpotenzial00:34:27

Diese Woche in der Zukunft: 

Die traditionelle Silvesterfolge mit Ariane Müller, eine der beiden Köpfe und Stimmen von „Suchtpotenzial“

Silvester 2020 hat Ariane hier im Podcast prognostiziert: Zum Jahreswechsel 2021/22 werden wir zwei ausverkaufte Shows im Roxy in Ulm spielen, mit großer Band und gewaltiger Party. Die Prognose steht, jetzt allerdings für ein weiteres Jahr später. Im Rückblick kann man sich schon fragen: Haben wir das wirklich geglaubt? Und was ist in der Zwischenzeit passiert, dass wir zu diesem Jahreswechsel definitiv keine zwei ausverkauften Shows von „Suchtpotenzial“ sehen werden?

Die zweite Prognose von Ariane aus dem Vorjahr saß besser. Es wird eklig werden im Kulturbetrieb, ein Verdrängungswettbewerb wird die Landschaft prägen und vielfach werden ihn die alten großen Namen gewinnen. Die Rückkehr der Dinos. Ein Jahr später stehen wir da, haben „Wetten dass“ und „TV total“ im Fernsehen und Abba und Adele in den Charts. Das haben wir jetzt davon.

„Suchtpotenzial“ hätte 2021 eine ausverkaufte Tour spielen sollen. Hätte. Ariane berichtet über ein Jahr, in dem Ariane und Julia von „Suchtpotenzial“ jede Lücke mit Kreativität füllen wollten – so dass sie sich im Sommer, als sie wieder spielen durften, bereits reichlich ausgepowert fühlten. Sie schildert, wie sie mit permanenter Unsicherheit umgehen („Kann ich in drei Wochen hier eine Show moderieren? Mmh, im Kalender steht ein Auftritt in Berlin. Ob der stattfindet? Weiß keiner.) und wie auch im Pessimismus eine konstruktive Chance liegt. Solange der eigene Plan B immer noch hält, kommen wir durch die Krise. 

Zu Gast in dieser Woche:

Ariane Müller, (@aaarianeee), gemeinsam mit Julia Gamez Martin (@JuliaGamezMusic) steht sie als Duo „Suchtpotenzial“ (@alkopopsuchti) auf der Bühne. 

26 Dec 2024#239 Michael Carl: 2025 - Der Trailer00:26:05

Erkenntnis ist nicht mehr unser Thema, 2025 wird das Jahr der Umsetzung. Der Streit um die Richtung wird das Jahr prägen, der Graben zwischen den Zielsetzungen wird tiefer. Im heutigen Solo-Feature von “Carls Zukunft der Woche” blickt Zukunftsforscher Michael Carl auf die  Herausforderungen und Entwicklungen des kommenden Jahres 2025. In einer Welt, die sich rasant wandelt, stehen wir vor entscheidenden Weichenstellungen in Technologie, Gesellschaft und Klima. Die Auseinandersetzung um Privilegien und die gerechte Verteilung von Ressourcen wird die Gesellschaft tiefgreifend beeinflussen. 

Die Prognosen für 20925 in der Übersicht (und zum Abgleich am 31.12.2025): 

  1. KI-Agenten: Aus dem Werkzeug wird der selbsttätig handelnde Agent, der eigenständige Entscheidungen trifft.
  2. KI an Kundenschnittstellen: KI wird zunehmend für Interaktionen an Kundenschnittstellen eingesetzt, was die Kommunikationslandschaft revolutioniert. „Darf ich bitte den Computer sprechen? Ich möchte mein Problem lösen.“
  3. Disruption in der Reisebranche: KI-Agenten übernehmen die komplexe Planung und Organisation von Reisen. Die gesamte Branche steht unmittelbar vor dem Umbruch.
  4. Datenschutzdebatten: Eine neue europäische Datenschutzdebatte zu KI steht uns in Haus. 
  5. Bundestagswahl: Die nächste Bundesregierung ist schwarz-grün.
  6. Wahrheit wird blurry: Die Unterscheidung zwischen echten und manipulierten Informationen wird durch KI weiter erheblich erschwert.
  7. Gezielter Einfluss: Russischer Einfluss wie auch der von Oligarchen nimmt nicht nur im Umfang zu, er wird expliziter und zunehmend ungeschminkt zur Schau getragen.
  8. Disruption der Automobilindustrie: Wir erwarten mindestens einen europäischen Autohersteller nah an der Insolvenz. Der Traum der Technologieoffenheit endet jäh.
  9. Energieversorgung: Mindestens drei größere Stadtwerke werden Beispiel Mannheims folgen und das Ende der Gasversorgung ankündigen. 
  10. Die wichtigste Prognose: Privilegien wird das entscheidende Thema des Jahres 2025 werden. Wessen Privilegien erkennen wir als wichtig und verhaltenswert an? Welche stehen zurück? Die zentrale Debatte des Jahres. 

Robin Williams hat in "Der Club der toten Dichter" den wunderbaren Satz geprägt: "In that endeavor, laziness will not do". Also: Ärmel hoch, wir können Zukunft gestalten, eine gute Nachricht.

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24 Oct 2024#230 Thaddäus Baier – Der elektrische Traktor: Revolution auf dem Hof00:33:43

Der Einblick in die Zukunft der Landwirtschaft mit Thaddäus Baier, Gründer des Tech-Startups TADUS. Sein Ziel: Nichts Geringeres als die Transformation des Traktorenmarkts – mit elektrischen Maschinen, die nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch den Dieseltraktoren überlegen sind.

Thaddäus ist tief in der Landwirtschaft verwurzel. Er hat sich mit seinem Team darauf spezialisiert, mid-size Traktoren zu entwickeln, die elektrisch betrieben werden. Das ist nicht nur ein revolutionärer Schritt für die Landwirtschaft, sondern auch ein wirtschaftlicher Vorteil für viele Landwirte. Elektrische Traktoren bieten enorme Einsparpotenziale, besonders für jene Betriebe, die bereits ihren eigenen Strom erzeugen – etwa durch Photovoltaikanlagen. Thaddäus erklärt: „Die Betriebskosten können um bis zu 80 % gesenkt werden, wenn der Strom direkt vom Dach ins Fahrzeug fließt.“ Es ist eine Vision, die den Einsatz fossiler Brennstoffe in der Landwirtschaft drastisch reduzieren könnte.

Dabei ist der Antrieb nicht das Einzige, was an den TADUS-Traktoren bemerkenswert ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen Traktoren, deren mechanische Systeme kompliziert und anfällig für Verschleiß sind, punkten die Elektro-Modelle durch ihre Einfachheit. „Durch die Elektrifizierung reduzieren wir die Anzahl der Bauteile und machen die Maschinen robuster und langlebiger“, so Thaddäus.

Doch warum sind nicht längst alle Landwirte auf elektrische Traktoren umgestiegen? Thaddäus führt an, dass es schlichtweg bisher keine passenden Lösungen im Markt gibt. „Wir sind die Ersten, die Traktoren bis zu einer Leistung von 120 kW auf den Markt bringen. Größere Hersteller konzentrieren sich auf stärkere Maschinen, die nicht von Batterien angetrieben werden können.“

Die Herausforderung bleibt die Finanzierung. Wie viele Startups kämpft auch TADUS darum, Investoren zu finden, die das Potenzial der elektrischen Landwirtschaft verstehen. „Technisch ist alles machbar“, sagt Thaddäus selbstbewusst, „doch ohne finanzielle Unterstützung lässt sich so ein Projekt nicht umsetzen.“ Gleichzeitig sieht er große Chancen für die Landwirte: Nicht nur als Fahrzeug, sondern auch als mobiler Energiespeicher soll der Traktor dienen. Überschüssiger Solarstrom kann gespeichert und später zu höheren Preisen ins Netz eingespeist werden – eine doppelte Nutzung, die nicht nur umweltfreundlich, sondern auch lukrativ ist.

Thaddäus ist überzeugt, dass die Zeit für elektrische Traktoren gekommen ist: „In zehn oder 15 Jahren wird es noch immer Dieseltraktoren geben, aber wir müssen jetzt anfangen, um uns auf die Zukunft vorzubereiten“, sagt er. Schritt für Schritt möchte TADUS gemeinsam mit den Landwirten diesen Wandel vorantreiben.

In der Landwirtschaft steht eine Revolution bevor, und TADUS möchte ganz vorne mit dabei sein. Der elektrische Traktor könnte nicht nur die Felder, sondern auch die Art und Weise, wie wir über Energie und Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft denken, verändern. Es ist ein mutiger Schritt – aber einer, der sich lohnen wird.

Zu Gast: Dr. Thaddäus Baier, ist technischer Geschäftsführer und Mitgründer der TADUS GmbH. Er hat Luft- und Raumfahrttechnik an der Technischen Universität München studiert und mehrjährige Berufserfahrung als Entwicklungsleiter in mittelständischen Betrieben gesammelt.

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23 Sep 2021#52 Er (he/him) trifft sie (she/her)00:31:27

Diese Woche in der Zukunft:

Mit unserer Sprache konstruieren wir unsere Welt. Wofür wir keine Begriffe haben, das können wir nicht denken, das existiert de facto nicht. Eine verhältnismäßig schlichte Konsequenz: Verändert sich die Welt, brauchen wir neue Begriffe, sonst hängen wir uns selber ab. Im Grunde ebenso schlicht: Wer die Welt verändern möchte – und das bedeutet immer: Wer unsere Wahrnehmung der Welt verändern möchte – kann Sprache verändern, um andere Bilder der Welt zu erzeugen. Und schon sind wir bei der Frage, ob eine gendersensiblere Sprache auch eine Welt mit mehr Teilhabe, gerechterem Zugang und weniger unreflektierten Privilegien erzeugen kann. 

Linda Pulver, Coach aus Hamburg, setzt sich ganz bewusst dafür ein, durch einen Wandel der Sprache Aufmerksamkeit für Vielfalt zu erzeugen. Vielfalt, die irgendwie immer schon da war, die wir gesellschaftlich aber oft nicht hinreichend wahrnehmen. Und was wir nicht wahrnehmen … stärker noch: Solange wir die Breite und Unterschiedlichkeit der Menschen in unserer Gesellschaft nicht wahrnehmen, solange wir damit auch blind sind für unterschiedliche Chancen, Beschränkungen und Privilegien, werden wir genau diese Privilegien auch niemals hinterfragen können. 

Ist das der Grund für die enorme Aufregung, die ein Stern oder Doppelpunkt verursachen kann? Aktueller Anwendungsfall: Karin Prien, Mitglied im „Zukunftsteam“ von Kanzlerkandidat Laschet und dort für Bildung zuständig, hat direkt nach ihrer Ernennung ein Verbot des Genderns an den Schulen Schleswig-Holsteins erlassen. Zum Erweis ihrer Zukunftsfähigkeit. Das Ganze verkündet in einem Tweet mit Fehlern bei der Kommasetzung und Rechtschreibung. Was ist schlimmer? 

Linda Pulver betont für die Macht der vielen. Sie sagt: Wir unterschätzen, was wir erreichen können, wenn alle, denen eine Welt mit weniger Privilegien und mehr Gerechtigkeit wichtig ist, dies auch mit ihrer eigenen Sprache zum Ausdruck bringen. Und anschließend in den Dialog gehen, um Perspektiven auszutauschen und zu lernen. 

Der Gast in dieser Woche:

Linda Pulver Linkedin / Instagram

02 Aug 2021#41 Leaders for Climate Action00:33:54

Diese Woche in der Zukunft:

„Leaders for Climate Action“, kurz LFCA, das ist eine Gruppe von Unternehmer:innen, die sich auf ein klimaneutrales Wirtschaften im eigenen Unternehmen verpflichten und laut einen Wandel auch auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene einfordern. In Berlin gegründet, von vielen Digitalunternehmern und ihren Startups getragen, schnell wachsend, natürlich – das Startup-Denken verpflichtet.

Doreen Rietentiet ist seit anderthalb Jahrzehnten mit dem Thema regenerative Energien befasst. Sie ist eine der Gründungsmütter der LFCA. Im Podcast schildert sie ihre Erwartung, wie das Thema Klimakrise in den kommenden Jahren zu einem nennenswerten Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft führen wird.

Der Kontext: Die Westküste Nordamerikas liegt unter einer stabilen Hitzeglocke, in Kanada werden historische Höchstwerte gemessen, ganze Ortschaften verbrennen. Der britische Guardian titelt: „Nowhere is safe“. Die Beispiele sind aktuell gewählt, aber natürlich austauschbar. Erster Schritt der LFCA: Ein Commitment, das eigene Unternehmen klimaneutral umzubauen. Nächste Schritte: Sich für veränderte Rahmenbedingungen einzusetzen, die unternehmerisches Handeln pro Klima fördern.

Das wird, daran lässt Doreen keinen Zweifel, zu einem massiven Umbau der Wirtschaft führen. Insbesondere die fossile Branche wird Federn lassen müssen. Ein Faktor: Das Recht und die Verwaltung. Aktuell laufen rund 40 große Prozesse gegen fossil geprägte Unternehmen. Shell hat gerade erfahren, welche Konsequenzen aus einem entsprechenden Urteil erwachsen können: Reduktion der CO2-Emmissionen um 45% bis 2030 im Vergleich zu 2019. Das ist in der fossilen Erdölindustrie nicht mit Kompensationsgeschäften zu schaffen.

Ist die Rolle des Unternehmers, der sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung stellt, neu? Jedenfalls ist LFCA ein bemerkenswertes Beispiel, wo sich gerade Unternehmer:innen für einen Wandel der Wirtschaft einsetzen, sowohl um der eigenen Kinder als auch um der eigenen unternehmerischen Freiheit willen.

Der Vollständigkeit halber: Wenn die Initiative „Leaders for Climate Action“ so inspirierend und positiv ist, warum ist das carl institute for human future nicht Mitglied? Antwort: Sind wir natürlich.

Der Gast dieser Woche:

Doreen Rietentiet, Beraterin und Expertin für regenerative Energien, Gründungsmitglied von Leaders for Climate Action

02 Jun 2022#105 Florian Kunze – Irrtümer über Digitalisierung, Demografie & Diversity00:38:13

Diese Woche in der Zukunft: 

Diese Folge räumt mit einer Reihe von grundlegenden Irrtümern zur Zukunft der Arbeit auf. Florian Kunze leitet das „Future of Work Lab“ an der Uni Konstanz und forscht über die großen Drei Ds: Digitalisierung, Demografie und Diversity. Drei Themen, bei denen wir immer wieder Annahmen begegnen, die sich bei genauerer, sprich: wissenschaftlicher Betrachtung, als Irrtum herausstellen. 

Digitalisierung, logisch, brennt aktuell. Wer hier gestalten will, muss schnell handeln. Florian hat in seinem Lab die Veränderungen im Zuge der Corona-Krise untersucht. Sein klares Ergebnis: Der Wandel bleibt. Wir werden keine flächendeckende Rückkehr zu alten Arbeitswelten sehen, schon gar nicht mit Zwang. Wer seine Mitarbeiter:innen zur Rückkehr ins Büro zwingt, muss mit einem Rückgang von Motivation und Produktivität von 12% rechnen. Übersetzt: Jeder achte Mitarbeiter wird zwar noch bezahlt, leistet aber nichts mehr. 

Noch ist es einfach, ins Gestalten zu kommen. Lediglich 20% der Unternehmen gehen das Thema mobiles und hybrides Arbeiten derzeit aktiv und konstruktiv an. Florians Empfehlung: Wenn schon nicht bei den ersten 20%, sei wenigstens bei den ersten 21% dabei. Einfacher wird es nicht, sich einen enormen Vorsprung bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften zu verschaffen. 

Ein Irrtum zur Demografie: Ältere Generationen kommen mit der digitalen Arbeitswelt nicht zurecht. Eine verbreitete Annahme, die keiner Untersuchung standhält. 

Der Irrtum zur Diversität: Diverse Teams seien erfolgreicher. Das mag noch so oft in Sonntagsreden behauptet werden, allein: Belegen lässt es sich nicht. Es mag gute normative Gründe geben, mehr Diversität in Unternehmen zu holen. Gerechtigkeit, Fairness, Teilhabe, etc. Florian geht sogar so weit: Schaffen wir einen Alibi-Posten für eine Führungskraft, der dann aber wiederum niemand Gehör schenkt, schaffen wir die Vielfalt also nur zum Schein, richten wir in den Unternehmen sogar mehr Schaden an, als wenn wir ausschließlich homogene Teams beschäftigen würden. 

Ergänzung, Diskussion, Widerspruch gerne bei Twitter, LinkedIn, YouTube!

Zu Gast in dieser Woche: 

Florian Kunze, Professor für Organisational Studies am Fachbereich Politik- und Verwaltungswissenschaft der Universität Konstanz. Er leitet das Konstanz Future of Work Lab.

@Profkunze

15 Feb 2024#194 Marc Raschke - Entlarven ist vorbei. Faktenchecks auch.00:38:56

Die Zeit des Entlarvens ist vorbei. Faktenchecks sind auch vorbei. Fakten sind nicht der Kern des Themas, wenn wir uns mit rechts auseinandersetzen. Sagt Marc Raschke. Der Kommunikator und Journalist sieht ein haarsträubendes Versagen vieler professioneller Medienschaffender. Wenn Caren Miosga zum Start ihrer neuen Talkshow betont, auf jeden Fall auch AfD-Vertreter einladen zu wollen, weil man doch mit ihnen sprechen müsste, sagt Marc: Ihr habt es immer noch nicht verstanden, Ihr macht euch willfährig, ihr macht euch zu einem Lakaien von deren Strategie. Und die lässt sich immer noch mit dem Satz zusammenfassen: Flood the Zone with shit. 

Warum hält die Zivilgesellschaft nicht dagegen? Das tut sie natürlich mit den aktuellen Demos gegen rechts. Und Marc betont: Wer gegen rechts kämpft, ist nicht linksgrün versifft. Wer gegen rechts kämpft, ist vernünftig. Aber warum kommt kein Milliardär daher und Sponsor eine Task Force Demokratie, die mehrere Jahre einfach dagegen halten kann. Die die Zone mit Katzenbildern flutet, damit die braune Brühe nicht eindringen kann.

Im Grunde ist es nicht schwer zu analysieren. Wir sehen false Balance im Umgang der Medien mit rechts. Das aber überall. Marc fordert genau das Gegenteil: Kein Bühne mehr für rechts. Dass das jetzt so salonfähig wird, hat auch damit zu tun, dass wir die Salons öffnen. Die Talkshows. Die Titelseiten. 

Die Parteien haben die aktuell wirksamen Mechanismen schon vor zehn Jahren präsentiert bekommt. Allerdings haben sie es durch die Bank nicht verstanden und verschlafen. 

Was wir brauchen, ist eine Doppelstrategie: Im persönlichen Gespräch überzeugen und gewinnen - und im öffentlichen Diskurs klar abgrenzen, keinen Raum geben und mehr noch: Nicht über jedes Stöckchen springen, sondern selbst die Themen setzen.

Zu Gast: Marc Raschke, Journalist, PR-Experte, Kommunikator, Influencer

18 May 2023#155 Martin Wittau – Alle können Circular, nur die Economy nicht00:35:44

Die Natur kann Kreislaufwirtschaft - und kaum etwas anderes. Wohin wir schauen: Ein vermeintliches Ende ist stets der Anfang von etwas Neuem. Nur wir Menschen sind spätestens mit Ende der Industrialisierung auf lineares Denken, Arbeiten und Wirtschaften ausgerichtet. Quelle von Wohlstand und Entwicklung in der ersten Welt, ebenso wie der Klimakrise und weiterer Phänomene. 

Die Folge vom diesjährigen Future Camp unseres Instituts, erkennbar am Gezwitscher portugiesischer Mauersegler im Hintergrund. Mit einer Runde von Zukunftsforscher:innen und Expertinnen ziehen wir uns für die Woche in die portugiesischen Berge zurück und diskutieren ein zentrales Zukunftsthema. In diesem Jahr: Die Kreislaufwirtschaft. Mit dabei: Martin Wittau von der Bundesvereinigung Nachhaltigkeit. Im Gespräch mit Michael zeichnen sie das Zukunftsbild Circular Economy.

Erste Erkenntnis: Der Begriff ist denkbar unklar. Mehr als Recycling, klar. Aber dann? Geht es um Ressourcenknappheit und deren Überwindung - also ein „Weiter so“ mit anderen Mitteln? Oder haben wir unsere planetaren Grenzen erreicht und brauchen eine grundlegendes Modell für Wirtschaft. In der Diskussion wurde schnell klar: Kreislaufwirtschaft taugt nicht als Begriff für Prozesse oder Technologien, Kreislaufwirtschaft beschreibt ein Verhalten wirtschaftlicher Akteure: kooperativ, partizipativ, vorsorgend. Der veränderte Umgang mit Material folgt diesen veränderten Verhalten. 

Zentral ist die Frage der Verantwortung für Material. Wie verhält sich ein Wirtschaftsunternehmen, dass die Versorgung aus den gängigen Quellen nicht mehr selbstverständlich gegeben ist? Warum stehen Verbraucher allein mit der Frage, wie Materialien in die Kreisläufe geleitet werden können, wenn die Waschmaschine es eines Tages nicht mehr tut? Es ist ein Kipp-Punkt hin zur Kreislaufwirtschaft. Sobald es günstiger und verlässlicher ist, Stahl aus Gebrauchtwagen zu gewinnen als aus Eisenerz, werden Automobilkonzerne großes Interesse entwickeln, Gebrauchtwagenaufkäufer zu werden und Recyclingkompetenzen aufzubauen. 

Die klare Prognose: Kreislaufwirtschaft kommt. Begonnen hat sie schon. Sie verbreitet sich immer dort, wo mehrere Akteure sich entscheiden, ihr Verhalten zu verändern. Spätestens zur Mitte des Jahrhunderts, so die Prognose des Future Camps 2023, wird Circular Economy zum Standard wirtschaftlichen Handelns. Und wer als Wirtschaft dann noch nicht zirkulär handeln kann, wird sich schwer tun.

Zu Gast: Martin Wittau, Vizepräsident Bundesvereinigung Nachhaltigkeit e.V.

05 Dec 2024#236 Christine Hugendubel - Long Covid und der Kampf gegen die Windmühlenflügel des Vergessens00:41:49

Eine Zahl: 800 000 Menschen, wahrscheinlich mehr. 1-2% der Bevölkerung leiden unter Long Covid. Und was machen die anderen 98%? Sind froh und dankbar, dass sie es nicht haben, und schauen weg. Eine Zuspitzung, natürlich. Womöglich nicht aus Sicht der Kranken, sagt die Anwältin Christine Hugendubel. Sie vertritt Erkrankte vor Gericht und berichtet im Podcast, was für ein elender Weg das ist. Man erkläre in unserer Leistungsgesellschaft einmal jemandem, dass der Profisportler, der Arzt im Krankenhaus, die erfolgreichen Eltern auf einmal nicht mehr können, als auf dem Sofa zu liegen. 

Viele Ärzte wissen zu wenig, allzuoft wird Long Covid für eine Depression gehalten - und entsprechend falsch behandelt. Gehen Sie doch mal raus an die frische Luft und treiben etwas Sport! Und schon wird es schlimmer. Das Problem: Wer diese schwer zu greifende Krankheit hat, kann genau eines nicht: Für sein Recht kämpfen. Da pocht die Krankenkasse auf Mitarbeit. Das lehnt die Berufsgenossenschaft Rentenanträge ab, denn Reha geht vor Rente. Wenn aber Reha nicht geht? 

Auf der einen Seite liegen die Menschen, die schon davon überfordert sind, einen Brief zu öffnen. Auf der anderen Seite laufen Fristen, warten Anträge, Widersprüche. Kein einziger Prozess, den Christine führt, ist schon über die erste Instanz hinaus - und fast alle brauchen schon mehrere Jahre. 

Michael und Christine sprechen über Engagement. Christine, die auch bei #NieWiederIstJetzt aktiv ist, appelliert an jeden und jede, sich einzubringen, im Kleinen wie im Großen. Niemand ist immer ein Superheld, wir sollten anfangen, genau darüber ganz entspannt zu sprechen. Und wenn niemand immer ein Superheld ist, dann ist es ebenso naheliegend wie normal, sich gegenseitig zu unterstützen. 

Hier die Podcastfolge mit Thomas Leibfried: https://www.carls-zukunft.de/podcast-222/


Zu Gast: Christine Hugendubel, Anwältin, engagiert für Long Covid-Patienten und bei #NieWiederIstJetzt 

30 Sep 2021#54 All(es) wird möglich00:32:24

Diese Woche in der Zukunft: 

Ein Flugzeug, das ich anziehen kann? Mit elektrischen Turbinen? Der Traum vom Fliegen, auf ganz neue Weise wahr? Konstantin Landuris arbeitet mit einem Team in München an einem neuartigen Flugzeug. Das haben andere auch schon ausprobiert? Na, wunderbar, dann machen wir es eben neu.

Herr Landuris, Sie sind Designer und Innenarchitekt? Dann machen Sie so „Schöner Wohnen“-Sachen, oder? Äh, nein. Wie beschreibt einer, der einfach nur das Rad neu erfinden will, seine Tätigkeit? Gestalter? Erfinder? Konstantin Landuris macht Projekte, die er spannend findet, mit denen er die Grenzen des Denkens verschieben will. 

Konstantin sagt: Wir werden im Laufe der Zeit immer unfreier. Dagegen müssen wir angehen, um Freigeister zu bleiben. Es darf uns nicht reichen, nur an das nächste Produkt zu denken, um es ein wenig besser zu machen. Im Gegenteil. Er sagt: Wir müssen so weit denken, wie es irgendwie geht. 10 Generationen voraus, oder hundert! Wie leben wir dann, wie ist eine Gesellschaft dann aufgebaut? Daraus können wir immer wieder etwas lernen für heute. In diesem Sinne fordert er: Wir müssen Pioniere sein, Zukunftspioniere. Das muss unser Anspruch an uns selbst sein – oder jedenfalls ist es der Anspruch, den Konstantin an sich anlegt. 

Während der Podcastaufnahme sitzt Konstantin vor einem riesigen Bild des Mondes. Sein Kindheitstraum: Astronaut werden und ins All fliegen. Was lauert da oben? Wie weit können wir unseren Horizont maximal erweitern? Und auch wenn sich immer gut argumentieren lässt, wie viel Hunger sich auf der Welt stillen ließe, wenn das Geld nicht in Raumfahrt, sondern in Lebensmittel investiert würde: Konstantin will, dass wir forschen, Prozesse starten, die uns zu Neuem bringen. Wenn wir immer erst fragen, was sich heute lohnt, werden wir nie anfangen, wirklich Neues zu erforschen und zu entdecken. 

Der Gast in dieser Woche:

Konstantin Landuris, Designer, Innenarchitekt, Gestalter, Filmemacher, Erfinder. www.landuris.com

27 Dec 2021Review 2021: Patrick Kramer – Biohacking: Mehr als 100% Mensch00:35:53

Diese Woche in der Zukunft:

Halten wir fest: Kleine Implantate, die unseren Schlüsselbund und unsere Geldbörse ersetzen, sind bereits Gegenwart und werden von immer mehr Menschen in der Haut getragen. Auch Michael Carl hat seit mehreren Jahren einen in seiner linken Hand und darf sich offiziell Cyborg nennen – was er allerdings nur selten tut, Stichwort „albern“. Er spricht dazu diese Woche mit Biohacker Patrick Kramer und über das neue Verhältnis von Mensch und Maschine, technische Schnittstellen in unserem Gehirn und warum uns die „Verschmelzung“ mit Maschinen letztlich sogar menschlicher macht. Als Bonus hören Sie exklusiv das Gedicht, das Michael Carl in seinem Implantat gespeichert hat.

Zu Gast in dieser Woche:

Patrick Kramer, Experte für digitale und biologische Transformation, Biohacker, Speaker und Gründer und Chief Cyborg Officer bei Digiwell – Upgraded Humans! Podcast: UPGRADED HUMANS - Zukunft des Menschseins

27 Feb 2025#248 Maximilian Fichtner: Innovation Batterie – Der Akku treibt die Energiewende00:43:22

Frage: Wie groß kann eigentlich eine Batterie sein? Antwort: Groß. Sehr groß. Und es werden immer mehr. Maximilian Fichtner forscht an innovativen, neuen Batterien. Er sagt: Die Speicher sind der Schlüssel für die Energiewende. Sie sind längst in der Lage, die vielfach befürchteten Dunkelflauten zu überbrücken, den im Überfluss gewonnen Strom zu speichern - und damit fossile Kraftwerke überflüssig zu machen. Maximilian ist Professor in Ulm und in Karlsruhe, leitet das Helmholtz-Institut Ulm und ist Direktor des Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (CELEST). Kurzum: Spitzenforschung zu Batterien können wir. Jetzt müssen wir sie nur noch bauen und einsetzen. 

Ganz offensichtlich ist das Thema auch wirtschaftlich interessant. Bei der Bundesnetzagentur liegen derzeit Anträge für 226 GWh Speicher, mehr als die Republik an mehreren Tagen nacheinander benötigt. Diese Anträge kommen nicht von Kommunen, sondern von Investoren. Mindestens dieser Teil der Energiewende rechnet sich ganz schlicht. Der typische Bremser ist die Bürokratie: Dem Vernehmen nach gibt es genau einen Sachbearbeiter, über dessen Schreibtisch alle Anträge für Großspeicher gehen müssen. Prioritäten, so wichtig …

Und was rostet da im alten Industriegebiet? Auch das: Eine Batterie. Im Nordosten der USA entsteht gerade ein Großspeicher mit Eisen-Luft-Technologie. Sprich: Wenn das System Strom speichert, rostet das Eisen. Läuft der Prozess rückwärts, gibt es den Strom wieder ab. Weitaus billiger, sicherer und leistungsfähiger als zum Beispiel Lithium-Ionen-Batterien.

Zu Gast:

Prof. Dr. Maximilian Fichtner, Batterieexperte, Wissenschaftler am KIT und der Universität Ulm, Geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Institut Ulm, Sprecher des Exzellenzclusters POLiS und Mitglied von CELEST

Create your podcast today! #madeonzencastr

02 Aug 2021#40 New Work00:33:29

Diese Woche in der Zukunft:

Die Druckfahnen sind auf dem Weg in die Druckerei, in Kürze können wir es in den Händen halten: „Creating the better Normal“ – unser Buch zur besseren Normalität in der Zeit nach der akuten Phase der Pandemie. Knapp 200 Seiten stark, knapp 20 Beiträge von ganz unterschiedlichen Autor:innen, analytische, persönliche, inspirierende Perspektiven auf die Pandemie, auf unsere Learnings, auf die Welt, wie wir sie nach der Pandemie gestalten wollen.

Hätten wir das Buch nicht schon geschrieben, Michael Carl hätte in dieser Woche genau das Projekt noch einmal gestartet. Mit der „Bundesnotbremse“ läuft die „Home-Office-Pflicht“ aus (man suche sich aus, welches Wort schon rein sprachlich furchtbarer ist …) – und welche Diskussion beginnt: Wie denn jetzt in Zukunft Unternehmen und Betriebsräte miteinander einen guten Weg verhandeln, die Arbeitszeiten im Detail zu dokumentieren. Erst trennen wir Arbeits- und Privatleben und wundern uns dann, dass Beruf und Familie doch nicht so gut miteinander vereinbar sind. Oh.

Die Pandemie versetzt uns in einen Zwischenraum, nicht mehr alt, noch nicht neu. Dieser Zwischenraum ist ungewohnt, er macht uns unsicher, zahlreiche Möglichkeiten kommen und gehen wieder – und unser Reflex ist klar: Möglichst schnell hinaus aus diesem Raum. Zurück auf das Territorium auf dem wir uns auskennen, in die alte Normalität. Endlich wieder Biergarten, Fußballstadion, Kantine. Und rückständige Bildungssysteme, Faxbasierte Kommunikation im Gesundheitswesen, Anwesenheitskontrolle im Büro – wenn das der Preis ist… Oder in die andere Richtung, auf zum New Normal, Hauptsache raus aus dem Zwischenraum.

Unser Buch ist ein vielstimmiges Plädoyer: Lasst es uns noch einen Moment länger in unserem Zwischenraum aushalten. Lasst uns noch ein paar dieser Möglichkeiten erkunden, diskutieren, bedenken – und so ein selbstbewussteres und entschiedeneres Bild von der Zukunft gewinnen, die wir gestalten wollen.

Max Hergt, Futurist und Experte für New Work kommt zum Gespräch und schildert seinen Impuls, warum es nach Corona kein zurück in ehemals vertraute Arbeitsformen geben kann. Die Riege der Autoren reicht vom Digitalunternehmer Harald R. Fortmann über den Kommunikations- und Kreativitätxexperten Wolfgang Lünenbürger Reidenbach bis hin zum Konzerdigitalisierer Jan Wokittel. Der Manager Philipp Kraft reflektiert seine persönliche Krise in der Krise, Stimmen aus Bildung, Banking, Marketing, Gastronomie, Robotik bringen ihre Perspektiven mit ein. Der Chefredakteur der Nürnberger Nachrichten, Michael Husarek, bedenkt den politischen Dialog nach Corona, Christian Gerhaher fordert Raum für die Künste – und einiges mehr.

Den Schlusspunkt setzt die Philosophin und Autorin Barbara Strohschein und formuliert den wunderbaren Satz: „Wir sollten uns heute nicht unterschätzen.“

Nächste Woche im Buchhandel des Vertrauens – diese Woche im Podcast.

Der Gast dieser Woche:

Max Hergt, Keynote-Speaker, Futurist, New-Work-Experte

02 May 2024#205 David Schraven @ Correctiv: Über dem Abgrund AfD kann man nicht tanzen00:42:29

Faschisten machen Faschistensachen. Soweit so erwartbar. Weniger erwartbar war der 10. Januar 2024. Eine Zäsur in der politischen Landschaft. An diesem Tag hat Correctiv erstmals über das Geheimtreffen von AfD-Politikern, der Identitäten Bewegung und weiteren Faschisten berichtet. Gründer und Kopf von Correctiv ist David Schraven. Er sagt: Was ihn an diesem Treffen am Ende doch überrascht hat, war die Offenheit, mit der über die Vertreibung von Millionen Deutschen gesprochen wurde. Als wäre das ganz normal. 

David betont: Natürlich sind wir alle für Meinungsfreiheit, wir sind aber auch nicht dumm. Darum ist es zwingend nötig, ein Verbot der AfD auf den Weg zu bringen. Das wird dauern, aber es kommt. Es muss kommen. Denn: Die AfD plant nichts weiter als echten Verrat. 

Warum tun wir uns so schwer, diesen Verrat als solche zu benennen? Davids These: Hier ist ein Abgrund. Das ist schauerlich - und es ist viel leichter wegzusehen als angemessen zu reagieren, zumal die angemessene Reaktion auf Faschismus und Landesverrat eine harte ist. Es sind Verräter. Die Konsequenzen sind entsprechend hart und böse. Mit Verrätern geht man um wie mit Verrätern. Die gehen in den Knast. Vor dieser Erkenntnis erschrecken wir. Man möchte so einen Vorwurf nicht machen. Aber es wird immer offensichtlicher; so offensichtlich, dass wir uns es nicht mehr mit der Batikgruppe schön tanzen können.

Ein Problem: Unsere Wirklichkeit ist dem nicht angemessen. Der Abgrund steht im Widerspruch zu unserer Welt, die wir erleben. Wir können immer noch in die Gartenkneipe gehen und eine Weißweinschorle genießen. Wir reden über eine neue Realität - nur wir verstehen sie nicht. 

Auf zweiten Blick geht es beim Verrat der Faschisten nicht nur um Spionage und Schmiergeld. David schlägt den Bogen über die EU und den wirren Plan eines DEXITs, den russischen Krieg, die Abhängigkeit Teslas von China und die im Bau befindliche chinesische Flotte von Autotransportern. Das Spiel, dessen Zeuge wir gerade werden, ist groß. Und alles, wofür die AfD darin steht, wird und soll unser Land schwächen, sorgt für Armut und spielt den Interessen anderer Länder in die Karten. Zufällig genau der Länder, die mit Schmiergeldzahlungen und Spionage in Verbindung gebracht werden. 

Der Gedanke, dass die russische Invasion 2022 den Krieg mit der Ukraine nicht beginnen, sondern beenden sollte, stammt aus dem Buch: Oksana Sabuschko: Die längste Buchtour: Essay. 

Zum Thema Fakenews hat David dieses Essay verfasst: https://correctiv.org/fakenews/

Informationen zum Thema Bias finden sich hier: https://correctiv.org/media/vis/online-comic-book-der-beeinflussugsapparat/0/index.html#84

Zu Gast: David Schraven, Gründer, Geschäftsführer und Kopf von Correctiv.

08 Aug 2024#219 Natalie Knapp - Das unterschätzte Prinzip Hoffnung00:45:34

Hoffnung ist unsere zentrale menschliche Fähigkeit, sagt die Philosophin Natalie Knapp. Wir brauchen Hoffnung, um uns zu motivieren. Denn letztlich ist es nur die Aussicht auf eine positive Zukunft, die uns in Bewegung setzt. Zum Ankommen braucht es keine Energie, aber zum Loslaufen. Dabei ist es weniger wichtig, ob sich jede Hoffnung genau so erfüllt, wie sie anfangs einmal bestand. Eine bemerkenswerte Parallele zur Zukunftsforschung: Es geht viel weniger ums nachträgliche Rechthaben, stattdessen viel mehr ums Anfangen.

Fragen wir nicht: Was ist realistisch? Was realistisch gewesen sein wird, sehen wir dann schon noch in der Zukunft. Das klärt sich. Natalie betont: Viel wichtiger und hilfreicher ist es zu verstehen, dass wir Realität schaffen können, indem wir anfangen und gestalten. Die berühmte Politologin und Philosophin Hannah Arendt hat gesagt: Wir bräuchten die Hoffnung nur dann nicht, wenn die Zukunft schon feststünde. Das wäre sicher. Aber dann könnten wir nichts mehr tun, könnten nichts mehr verändern oder bewirken, keine Entscheidung treffen. Insofern ist es absurd zu glauben, dass das Leben besser wäre, wenn es weniger unsicher wäre.

Natalie singt ein Loblied auf die Unsicherheit. Wir können lernen, gut in Unsicherheit zu leben, können lernen, Lust daran zu entwickeln. Dafür müssen zunächst einmal sortieren, was es bedeutet, unsicher zu sein. Natalie deutet dies so: Spüren wir Unsicherheit, verfügen wir gerade nicht über eine passende Routine. Wer Unsicherheit spürt, weiß gerade nicht automatisiert, wie es geht. Anders gesagt: Es ist hoch professionell, sich ab und zu unsicher zu fühlen. Dann müssen wir anders arbeiten, anders kommunizieren, mehr in den Austausch gehen, Ideen entwickeln und den Kopf einschalten. Gar nicht schlecht, diese Unsicherheit. Wir brauchen eine Neubewertung des unangenehmen Gefühls, das eben keine Angst ist, sondern Unsicherheit.

Natalie spricht darüber, wie wir in unsicheren Zeiten entscheiden können. Gelernt haben wir, Entscheidungen als Sortieraufgabe zu verstehen. Alle vorhandenen Informationen sichten und ordnen, dann wissen wir was zu tun ist. In der Unsicherheit führt das in die Irre, denn die wichtigen Informationen sind vielfach genau die, über die wir eben nicht verfügen. Im Chaos greift das mechanistische Weltbild nicht mehr. Diese fünf Dinge musst du beachten, dann hält deine Ehe 50 Jahre … funktioniert nicht. Wir müssen stattdessen lernen über Möglichkeiten zu sprechen, über Wahrscheinlichkeiten - und anfangen. Im Rückblick wird ein Leben draus geworden sein.

Zu Gast: Dr. Natalie Knapp, Philosophin, Keynote Speakerin und Autorin populärer Sachbücher. Sie ist Gründungsmitglied des Berufsverbandes für philosophische Praxis, Dozentin der ZEIT Akademie, der Liechtenstein Academy, der Leuphana Universität Lüneburg und des Netzwerks Ethik. 

Erwähnungen:

Nachhaltigkeit, Innovation und organisatorischer Wandel: Rasmus Nutzhorn

Film: 972 BEAKDOWNS Auf dem Landweg nach New York

Podcast mit Ralf B. Wehrspohn – Innovation im Plattenbau

04 Nov 2021#59 Quantencomputer – nur ein Hype oder der nächste große Sprung?00:45:02

Diese Woche in der Zukunft: 

Die Folge mit den großen Zahlen: Der aktuell größte Quantencomputer ist 100 Billionen Mal schneller als ein Supercomputer. Liest man so. Wer sich darunter etwas vorstellen kann? Natürlich niemand. Ist das nur ein Hype, viel Aufregung von hochspezialisierten Physik-Nerds – oder versprechen Quantencomputer den nächsten großen Sprung für die Menschheit? Michael Carl im Gespräch mit dem Physiker, IT-Ingenieur und Psychologen Frank Fischer. Der sagt: Beides!

Franks Analyse: Der entscheidende Treiber für die Entwicklung von Quantencomputern ist die Chemie. Beispiel: Die Herstellung von Ammoniak. Bislang sind wir auf das Haber-Bosch-Verfahren angewiesen – de facto die Methode „Rohe Gewalt“, wirkungsvoll, aber enorm energieaufwendig. Mehrere Prozent des globalen Energiebedarfs gehen auf das Konto des Haber-Bosch-Verfahrens. Die Alternative: Wir konstruieren ein Molekül, das Ammoniak ohne hohen Druck und Temperatur erzeugt. Wir wissen, dass es das Molekül gibt. Wir kennen seine Bestandteile. Allerdings gibt es mehr Möglichkeiten, diese Bestandteile in 3D zusammenzusetzen, als es Teilchen im Universum gibt. Mit herkömmlicher Rechenleistung de facto nicht zu ermitteln. Geschätzter Rechenaufwand für einen Quantencomputer mit 250 QBits: 10 bis 15 Minuten. Der Preis für den Sieger: Besagte mehrere Prozent der weltweit erzeugten Energie. Was ist dagegen eine Investition in neue Technologie von ein paar wenigen Milliarden? Darum sind Google, Amazon, Microsoft, Intel etc alle im Rennen um den ersten leistungsfähigen Quantencomputer dabei. 

Weitere Anwendungsfälle: Individuell wirksame komplexe Medizin, um Größenordnungen leistungsfähigere Sonnenkollektoren und außerhalb der Chemie: Mobilitätssteuerung, Dienstplanung etc. Franks These: Quantentechnologie macht Computer nicht einfach schneller, sie ermöglicht es, Probleme zu berechnen, die heute de facto unlösbar sind. 

Nebenbei: Betrachten wir bitte jedes Passwort als jederzeit entschlüsselt. IT-Sicherheit müssen wir vollständig neu denken. 

Die Perspektive: Google kommuniziert, Quantencomputer würden ab 2029 zur kommerziellen Nutzung bereitstehen. Eine Schätzung, die Frank Fischer für durchweg realistisch hält. 

Wer bis zu Minute 30 durchhält, bekommt auch noch einen Crash-Kurs Physik bei Herrn Fischer: Was sind Superposition, Entanglement und wer ist Richard Feynman? Und wen das Gefühl beschleicht, nicht alles zu verstehen: Das ist genau die Sicht selbst der beteiligten Physiker. Die setzen inzwischen eher auf sich ergänzende Modelle der Quantenmechanik, die jeweils Aspekte beschreiben. Eine beruhigen Botschaft zum Schluss: Man muss hier nicht alles verstehen.

Der Gast in dieser Woche:

Frank Fischer, Physiker, IT-Ingenieur, Organisationspsychologe, derzeit bei Snyk.

18 Aug 2022#116 Sylvia Lier – Das 9€-Ticket als Einstieg in die Mobilität der Zukunft: Einfach, günstig, integrativ.00:36:28

Diese Woche in der Zukunft: 

Die Mobilität der Zukunft ist einfach. Und sie ist vernetzt. Gut ist: Wir müssen es nur tun. Und noch besser: Wir tun es schon. Das 9€-Ticket ist im Kern eine Vorform dessen, was gute Mobilität der Zukunft ausmacht. Sagt Sylvia Lier, langjährige Führungskraft in Sachen #Kfz-Flottenmanagement und #ÖPNV. Sylvia ist Expertin für multimodale Personenmobilität. Ihr Bild: Eine App regelt meine Mobilität, samt Echtzeitdaten und Tickets – unabhängig von Verkehrsmittel und konkretem Betreiber. Wenn wir wollten, könnten wir das direkt realisieren.

Sylvia war in ihrer Karriere verantwortlich für Mobilität auf Reifen wie für solche auf Eisenbahn- wie auf Straßenbahnschienen. Ihr Fazit: Wir brauchen das alles. Der Mix macht es – und zukunftsfähige Mobilität entsteht, wo das vielfältig Vernetzte so einfach zur Verfügung steht, dass niemand mehr vor dem Fahrkartenautomaten verzweifelt, sondern alle ihren jeweils aktuell besten Mix angeboten bekommen. 

Die Betonung liegt auf „alle“. Auch wenn wir vielfach das eigene Auto mit Freiheit verbinden, tatsächlich schließt es Millionen Menschen aus: Kinder, Alte, körperlich Eingeschränkte, Menschen ohne Führerschein, Menschen, die sich das Autofahren schlicht nicht leisten können. Hinzu kommen auch noch die, die das Auto heute nur nehmen, weil ihnen irgendeine Alternative fehlt. Kurzum: Der Fokus auf das Auto lässt große Teile der Bevölkerung aus dem Blick. Mobilität der Zukunft darf genau das nicht. 

Was fehlt uns, um eine zukunftsfähige Mobilität umsetzen? Mut, sagt Sylvia. Einfach machen. Technologisch sind die Herausforderungen im Wesentlichen schon gelöst. Es geht nur um das Tun, dann haben wir in weniger als zehn Jahren integrierte Mobilität, flächendeckend, integriert und integrierend. 

Zu Gast in dieser Woche: Sylvia Lier, Mobilitätsexpertin, war Geschäftsführerin bei Leaseplan, im DB-Konzern und bei den Düsseldorfer Stadtwerken 

09 Dec 2021#64 Businessplan Nachhaltigkeit – es geht nicht mehr anders00:39:23

Diese Woche in der Zukunft: 

Wird es Ende der 20er Jahre noch wirtschaftlichen Erfolg geben, der nicht auf nachhaltigen Prinzipien beruht? René Schmidpeter ist sich sicher: In vielen Bereichen wird die Transformation schneller gehen. Die Ausrichtung der Strategie, die Entwicklung der passenden Geschäftsmodelle wird in den kommenden 1, 2 bis maximal 5 Jahren erfolgen müssen. Auch wenn die tatsächliche Transformation von Prozessen und Infrastruktur vielleicht noch ein Jahrzehnt länger braucht – wer sein Denken nicht jetzt schnell und gründlich umstellt, der wird abgehängt. Und abgehängt heißt: Das Unternehmen wird Probleme mit seinen Kund:innen bekommen. Es wird größte Schwierigkeiten haben, neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen und die bisherigen zu halten. Es wird kaum noch einen Investor oder Kreditgeber finden. Kurzum: Die Zeit des Erfolgs ist vorbei. 

Kein wirtschaftlicher Erfolg ohne Nachhaltigkeit

Wir leben insgesamt über unsere planetarischen Verhältnisse. René nennt vier Branchen, die besonders unter Druck stehen: Mobilität, Energie, Ernährung und Agrar, sowie die Finanzwirtschaft. Hier gilt heute schon: Nachhaltigkeit ist ein Businesscase. Es geht schlicht nicht mehr anders. 

Wer sein Denken heute umstellen will, für den hat René eine einfache Frage: Was möchte ich in der Welt bewirken? Die Antwort darauf leitet den Weg zur Nachhaltigkeit. René betont: Eine Antwort auf diese Frage fordern gerade die Investoren dieser Welt. Sie sind es, die verstanden haben, dass nachhaltig wirtschaftende Unternehmen nicht nur ein besseres Image haben, sie sind in der Regel auch wirtschaftlich erfolgreicher. 

Eine neue BWL

Das Problem des klassischen Lehrbuchwissens der Wirtschaft: Wir sind lange, zu lange von einer Situation des Mangels ausgegangen. So haben wir Märkte betrachtet, Rohstoffe, Mitarbeiter, Budget und Investitionen. Entsprechend haben wir geglaubt, es könne immer nur einer gewinnen und alle anderen hätten das Nachsehen. Die Nachhaltigkeit zeigt, dass wir viel weiter kommen, wenn wir stattdessen von der Idee der Fülle ausgehen. 

Das verändert die Grundlagen der Wirtschaft vollständig, denn wir können nicht mehr auf Kosten von anderen gewinnen. Dieses Nullsummen-Denken ist Geschichte. Auch ein „win-win“ klingt zwar besser, schließt aber immer noch die Möglichkeit ein, dass eine Seite verlieren könnte. Es gibt nur noch zwei Optionen: „win“ oder „lose“. Entweder wir gewinnen alle oder wir verlieren alle. Entsprechend, so René, ist die Zeit des „Shareholder Value“-Denkens vorbei. Man möchte sagen: Zum Glück, denn so berauschend intelligent war dieses Konzept ja ohnehin nie. 

Eine zweite Aufklärung

Insofern ist Nachhaltigkeit vor allem eine Umstellung des Denkens. Für René können wir die Bedeutung dieser Phase in der Geschichte kaum überschätzen. Er ist sich sicher, dass Historiker unser Jahrzehnt im Rückblick eine zweite Aufklärung nennen werden. 

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Der Gast in dieser Woche:

Professor Dr. René Schmidpeter lehrt Nachhaltiges Management an der Internationalen Hochschule München und leitet das Institut für nachhaltige Unternehmenstransformation www.m3trix.de, wenn er nicht gerade ein Buch über Nachhaltiges Wirtschaften und CSR schreibt. 

10 Nov 2022#128 Benjamin Fredrich – Die erfolgreichen Plagegeister von Katapult00:45:42

Diese Woche in der Zukunft: 

Spannend auf so vielen Ebenen: „Katapult“ zeigt, dass es möglich ist, ein Printmagazin erfolgreich auf den Markt zu bringen. Gleichzeitig ein Lehrstück über Beharrlichkeit, Streitlust und das Zutrauen in die eigene Haltung. Ein Erfahrungsaustausch über die eigenen Grenzen des Wachstums. Bei unserem ersten Aufnahmetermin steckte Benjamin Fredrich, Kopf und Gründer von Katapult, noch in der Ukraine fest. Leider ohne gültigen Reisepass. Aber was sind schon Grenzen? Machen wir halt einen neuen Termin …

Katapult macht das, wovon eine ganze Branche träumt: Ein gedrucktes Magazin, das seine Leser_innen findet und immer mehr Abonnements verkauft. Ein Magazin, das dazu noch nicht den Erkenntnissen von Marktforschung und Marketing folgt, sondern schlicht das ist, was seine Macher für richtig halten. In diesem Fall: Ein Magazin, das wissenschaftliche Studien verständlich übersetzt, transparent mit seinen Quellen umgeht, originelle Grafiken und aufschlussreiche Landkarten bietet. 

Wie geht das? Warum kann Katapult das, woran viele in der Medienbranche schlicht verzweifeln? Eine Quelle: Weil sie konsequent das tun, was sie für richtig halten. Eine weitere: Weil sie mit ihren lustigen Postkarten („Orte, die nach Ikea klingen“) auch weit über die eigene Bubble hinaus Aufmerksamkeit erzeugen. Immer wieder bekommen sie das Feedback: Eure Karten sind ja lustig, schade, dass ihr nicht mehr rechts seid. Ja schade, sind sie nicht bei Katapult. Aus ihrer Haltung zu Themen wie Rechter Politik, Klimakrise, Feminismus machen sie zu keinem Zeitpunkt einen Hehl. Und sind – trotzdem oder gerade deswegen – erfolgreich.

Inzwischen haben die Gründer ein ganzes Universum um das Magazin entwickelt: Postkarten, ein eigener Verlag, ein regionales Medium, ein Gebäude mit jeder Menge Land drum herum, eine Redaktion in der Ukraine, nächstes Jahr folgt eine Journalistenschule. Benni sagt: Eine Triebfeder für Wachstum und Entwicklung ist der Streit. Weil sein Verlag nicht bereit war, die Kalkulationen offenzulegen und ihm 50% der Einnahmen zu geben, hat er einen eigenen Verlag gegründet. Dann müssen wir eben selber herausfinden, wie das geht …

Die Ratschläge an den jungen Gründer waren: Geht nach Berlin, nennt das Magazin „Karten“ und zeigt das im Logo. Stattdessen sind sie in Greifswald (ausgerechnet!) geblieben, haben das Magazin „Katapult“ genannt und das Logo ist eine Waffel Eis. Benni würde das Logo am liebsten in jedem Jahr ändern (zu viel Aufwand, sagt das Team) und auch sonst weiter jede Regel brechen. Darum auch das inzwischen große Grundstück in Greifswald: Eine Spielwiese, im wahrsten Sinne ein Lernfeld, wo Katapult Dinge ausprobieren kann. Ist das Modell kopierbar? Auf jeden Fall. Benjamin Fredrich: Vertraut auf das, was ihr wollt und könnt. Und macht. 

Timecodes:

Begrüßung

1:46 – Ukraine

6:57 – Entstehung des Magazins Katapult

11:49 – Erfolgsgeschichte

13:47 – USP und DNA

21:24 – Wissenschaftliches Arbeiten

24:36 – Regelbrecher

30:56 – Start-up-Szene

35:15 – In 10 Jahren

Zu Gast in dieser Woche:

Benjamin Fredrich, Gründer und Chefredakteur des Katapult Magazins

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